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Campus - 27.09.2023 - 11:00 

«Der Erfolg beim Gründen liegt in der Balance zwischen Intuition und Rationalität.»

VIU Eyewear wurde von den beiden HSG-Absolventen Kilian Wagner und Peter Käser zusammen mit den Creative Founders Fabrice Aeberhard und Christian Kaegi im Jahr 2013 gegründet, um den Brillenmarkt aufzumischen. Co-Founder Kilian Wagner erklärt im Interview, inwieweit er und seine Geschäftspartner bei der Gründung auf das Bauchgefühl gehört haben oder doch eher wissenschaftlich vorgegangen sind.
VIU Eyewear Gründer Kilian Wagner
Co-Founder Kilian Wagner erklärt im Interview, inwieweit er und seine Geschäftspartner bei der Gründung auf das Bauchgefühl gehört haben oder doch eher wissenschaftlich vorgegangen sind.

Kilian Wagner, wie seid ihr auf eure Geschäftsidee gekommen? War es Intuition oder seid ihr dabei streng rational vorgegangen?

Es war wohl beides. Die emotionale Seite war da, weil mein Mitgründer Peter Käser damals selber Brillenträger war und häufig schlechte Erfahrungen beim Brillenkauf gemacht hatte. Die Brillen waren einerseits sehr teuer und anderseits kam er häufig in Läden rein, wo er überflutet wurde mit verschiedenen Formen und Anbietern. Der Brillenkauf gestaltete sich so oft sehr komplex und da sagten wir uns, wir müssen das ganze Ding einfacher machen.

Und was war die rationale Seite eures Gründungsprozesses?

Wir haben uns damals verschiedene Industrien angeschaut und der Brillenmarkt hat uns einfach sehr fasziniert. Denn hier gibt es eine unglaubliche Diskrepanz zwischen dem Inhalt und den Kosten des Produktes, die sich normalerweise um die 600 Fr. bewegten. Dies liegt daran, dass es auf Seiten der Brillenproduzenten ein Oligopol gibt, das einer grossen Anzahl an kleinen Optikerläden gegenübersteht, welche die hohen Preise schlucken müssen. Und da sagten wir uns, da braucht es einen Disruptor. Dies könnten wir sein, indem wir selbst Brillen herstellen und sie direkt auch an die Endkund:innen verkaufen.

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Wissenschaftlich zu einer erfolgreichen Geschäftsidee

Prof. Dr. Thomas Zellweger vom Schweizerischen Institut für KMU und Unternehmertum der HSG rät, möglichst wissenschaftlich bei der Unternehmensgründung vorzugehen.

Welche Annahmen habt ihr also zuerst für eure Geschäftsidee aufgestellt?

Unser Plan war, dass wir die Brillenrahmen in Italien und die Gläser in der Schweiz produzieren und die gesamte Brille dann für unter 200 Franken verkaufen können. Und wir nahmen an, dass die Kund:innen dann auch bereit wären, das Produkt online zu bestellen, weil es viel günstiger ist als die meisten anderen Brillen.

Hat sich diese Annahme dann bestätigt?

Nicht ganz. Denn wir unterschätzten, den Bruch den es für Kund:innen während des Kaufprozesses bedeutet, wenn sie zwar online Brillen bestellen können, aber den Sehtest trotzdem noch beim Optiker in einem Laden machen müssen. Ausserdem fehlt am Anfang das Vertrauen, wenn die Leute die Brillen nicht an einem Ort physisch betrachten können. Aus diesen Gründen lief es zu Beginn mit unserem reinen Online-Vertrieb eher mässig gut.

Wie habt ihr darauf reagiert?

Wir haben unsere Geschäftsidee nach vier Monaten angepasst und testweise einen kleinen Laden in Zürich eröffnet, wo wir unsere selbst produzierten Brillen ausstellen konnten. Dieser Laden lag direkt in unserer Büroliegenschaft und so mussten wir dazu keine risikoreiche Investition tätigen, um die Hypothese zu testen, dass die Leute eben doch noch gerne in einem Laden Brillen anprobieren wollen. Und wir lagen damit richtig. Denn der Laden lief richtig gut, was uns schliesslich zur heutigen Form eines Omnichannel-Anbieters werden liess mit nunmehr knapp 50 VIU Stores.

Zusammengefasst, was würdest du sagen: Ist Intuition oder Rationalität wichtiger beim Gründen?

In der richtigen Balance aus Intuition und Rationalität liegt aus meiner Sicht die Mischung, die den Gründererfolg maximiert. Jede gute Business-idee sollte eine rationale Basis haben, z.B. ineffiziente Strukturen eines Marktes, die nach Disruption schreien, oder relevante Kundenbedürfnisse, die nicht bedient sind. Gleichzeitig wird es an diversen Punkten eines Startups Momente geben, in denen man eine mutige Hypothese aufstellen muss, die wiederum viel mit Intuition zu tun hat, und man das Ergebnis erst etwas später als positiv oder negativ erkennen kann. Das Wichtigste am Ende ist sich als Gründer nicht zu schnell auf der Idee der ersten Stunde zu verkrampfen, sondern ein Startup als die Evolution einer Idee zum perfekten Produkt-Market Fit sieht. Sobald man diesen Fit gefunden hat, dann heisst es skalieren!

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