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Campus - 15.02.2024 - 09:30 

Eine Revolution gegen das Schlaflabor

Kontaktlos die Atem- und gar die Herzfrequenz während des Schlafes messen, das können die Geräte von Sleepiz. Das Jungunternehmen mit HSG-Bezug schaffte damit eine kleine Revolution in der Erkennung und Überwachung von chronischen Atem- und Lungenkrankheiten.
Das Jungunternehmen Sleepiz mit HSG-Bezug schaffte eine kleine Revolution in der Erkennung von chronischen Atem- und Lungenkrankheiten.

Wer sich auf Schlafapnoe testen lassen will, musste sich bislang auf einen aufwändigen und kostspieligen Gang ins Schlaflabor gefasst machen. Dort wurde man dann mit zahlreichen Elektroden versehen und sollte dann in einer fremden Umgebung möglichst normal schlafen können. Dieses kostspielige und unangenehme Prozedere haben Max Sieghold (29) und seine Mitgründer Dr. Soumya Dash (35) und Dr. Marc Rullan (32) im Jahr 2018 mit der Gründung von Sleepiz herausfordern wollen. Kennengelernt haben sich Sieghold und Dash ein Jahr zuvor in einem High Tech Startup Management Kurs, der von der HSG und der ETH organisiert wurde, und Studierende und Doktoranden beider Hochschulen zusammenbrachte. Sieghold machte damals seinen Master in Accounting und Finance an der HSG und Dash war Doktorand an der ETH und forschte an Möglichkeiten zur kontaktlosen Erhebung von Vitaldaten. Sieghold, der bereits Arbeitserfahrungen in der Medizintechnikbranche hatte, war begeistert von den Möglichkeiten, welche sich durch diesen kontaktlosen Ansatz boten. Und so spannten die beiden zusammen mit Marc Rullan der ebenfalls an der ETH studierte und entwickelten innerhalb eines Jahres einen Prototyp. Daneben erkundeten sie bereits die Marktchancen eines Gerätes, das kontaktlos Schlafapnoe erkennen kann.

Durch HSG-Programm gefördert

Diese einjährige Findungsphase war erfolgsversprechend und so entschlossen sie sich zur offiziellen Gründung. Unterstützt wurden sie dabei von Startup@HSG, wo sie im Rahmen des Programms «HSG-Entrepreneurial Talents» gefördert wurden. Das Programm unterstützt HSG-Studierende mit einer vielversprechenden Unternehmensidee unter anderem durch Coaching, das Bereitstellen von Infrastruktur und einer kleinen Anschubsfinanzierung. «Das Programm hat uns auch den Zugang zu zahlreichen wichtigen Netzwerken im Startup-Bereich ermöglicht», sagt Max Sieghold. Auf diese Weise lernten die beiden Gründer auch einen Business-Angel kennen, der sie bis heute mitfinanziert. Der Grundstein für die weitere Geschäftsentwicklung war nun gelegt.

Entwicklungsteam in Indien aufgebaut

Und die stellte die Jungunternehmer vor einige Herausforderungen. Um das Produkt zur Marktreife zu bringen, mussten sie sich auf die Suche nach einem Team von Ingenieur:innen machen. Im Raum Zürich erwies sich deren Anwerbung allerdings als schwierig. «Wir konnten damals noch keine hohen Löhne zahlen, wie andere grosse Tech-Firmen in der Umgebung», erklärt Sieghold. Hier retteten das Startup schliesslich Soumya Dashs indische Wurzeln. Der Mitgründer von Sieghold hatte immer noch gute Kontakte ins Heimatland und so konnte das Jungunternehmen ein Team an Ingenieur:innen in Indien aufbauen, das an der Produktentwicklung mithalf. Doch leichtsinnig sollte man diesen Schritt nicht machen, rät Sieghold. «Der Aufbau eines Entwicklungsteam im Ausland klappte für uns wohl nur so gut, weil wir mit Soumya auch eine kulturelle Brücke zu diesem hatten.»

Pulsmessung durch die Bettdecke hindurch

Das interkulturelle Team konnte schliesslich ein marktreifes Produkt entwickeln, das erstaunliches vollbringt. Mittels elektromagnetischer Wellen im Radarfrequenzbereich kann das Gerät Bewegungsänderungen eines Körpers im Bereich von einem Zehntel Millimeter sogar durch die Bettdecke hindurch erkennen. Aus diesen Bewegungsänderungen kann das Gerät dann mittels Machinelearning-Algorithmen Atemzüge und sogar Pulsschläge detektieren. «Mann kann es also einfach neben das Bett stellen, ohne sich mit ihm zu verbinden und es zeichnet sowohl Atem- als auch Pulsfrequenz über die ganze Nacht auf», erklärt Sieghold.
Auch wenn die technische Machbarkeit nun bewiesen war, musste das Gerät noch die Zulassung als medizinaltechnisches Produkt erlangen. «In diesem Bereich gelten viel strengere Bestimmungen als bei anderen technischen Geräten. Wir schafften es aber nach vier Jahren vergleichsweise schnell die schweizerische und europäische Zulassung zu kriegen.»

Expansion in die USA

Doch damit gab sich Sleepiz noch nicht zufrieden. Das Team setzte danach zum Sprung über den grossen Teich an. Letztes Jahr bekamen sie dann auch von der amerikanischen Zulassungsbehörde FDA grünes Licht und wollen nun dort das Geschäft weiter skalieren. Insbesondere sollen die Geräte auch zur Überwachung von zahlreichen chronischen Lungenkrankheiten wie Asthma und COPD eingesetzt werden können. In der Schweiz haben die drei Jungunternehmer ausserdem vertikal expandiert und das telemedizinische Unternehmen Aurora Telemed AG gegründet. Dieses bietet nach erfolgter Schlafanalyse auch medizinsche und therapeutische Beratung an.

Bild (v.l.n.r.): Max Sieghold, Soumya Dash, Marc Rullan

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