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Campus - 29.01.2024 - 14:26 

HSG Spin-off Brian setzt auf Gamification beim Lernen

HSG-Studierende können in immer mehr Kursen die App Brian als Lerntool nutzen. Diese reichert Lernen mit spielerischen und kompetitiven Elementen an. Gleichzeitig erstellt sie mittels KI Lektionen mit interaktiven Quizzen und Lernmaterialien für Lehrpersonen. Lanciert hat die App das HSG Spin-off Brian AG, dessen Gründer selbst lange mit seinen Lernerlebnissen haderte.

Ralph Forsbach hat zwei Masterabschlüsse – einen von der HSG, einen von der Haute École de Commerce in Paris. Zudem hat er ein Entrepreneurship-Semester an der University of California absolviert. «Dabei war ich bis und mit Gymnasium ein ziemlich schlechter Schüler», erzählt der 32-Jährige. «Ich sah keinen Sinn im Lernen, bin immer nur knapp durchgekommen.» Heute ist Forsbach Co-Founder des 2021 gegründeten HSG-Spin-offs Brian AG. Dieses lancierte die App Brian, die mittels künstlicher Intelligenz Lektionen entwirft und Studierende spielerisch auf dem Smartphone lernen lässt. 

Vom schwachen Schüler zum Lernapp-Gründer – wie kam es dazu? «Als ich mein Studium an der HSG begann, habe ich oft mit meinem Mitbewohner gelernt. Dieses Lernen, das viel auf Austausch basierte, hat mir zugesagt.» Zudem hätten ihm die kompetitiven Elemente am HSG-Studium gefallen. Beide Aspekte hat Forsbach in Brian integriert: Dreh- und Angelpunkt der App ist für die Studierenden ein Quiz, in dem sie laufend Fragen zu ihrem Kurs beantworten können.

«Die App fragt aber nicht nur den Lernstand ab, sondern liefert Hintergrundinfos zu einzelnen Themen und stellt Rückfragen. Durch diese Interaktivität wird das Wissen stärker verankert als durch reines Auswendiglernen», sagt Forsbach. Die Resultate des Lernquiz werden in der App in einer anonymisierten Rangliste abgebildet. So kommt ein spielerisches Element zum Lernen dazu. Die App-Nutzenden können sich zudem in Foren zu einzelnen Themen aus gemeinsamen Kursen austauschen.

Für Primarschüler:innen und Studierende

Brian ist auch ein Tutor für Lehrpersonen. Diese können ihre Kursmaterialen in die App laden und eine kurze Beschreibung der geplanten Lektion eingeben. Auf dieser Basis erstellt die App eine gesamte Kursumgebung mit Fragen, Übungs- und Erklärtexten sowie Foren. Lehrpersonen können der KI zudem Anweisungen geben, wie komplex die Texte sein sollen, die diese für die Lektionen erstellt – so ist die App schon ab der Stufe Primarschule einsetzbar.

Aktuell arbeiten bereits mehrere hundert Schüler:innen der Volksschule mit der App, Hauptfokus sind aber Universitäten: Rund 8000 Studierende an acht Universitäten im DACH-Raum nutzen Brian derzeit als Lernhilfe. An der HSG setzten im Herbstsemester 2023 rund 40 Kurse die App ein. HSG-Studierende beantworten jährlich rund 10 Millionen Quizfragen in der App und alle Dozierenden der Universität St.Gallen können Brian kostenlos nutzen. 

Studie zeigt positiven Effekt von Brian

Die Idee für die App entstand denn auch 2019 am Teaching Innovation Lab (TIL) der HSG. «Wir haben festgestellt, dass Studierende oft nicht wissen, wie sie lernen sollen und auch wenig Überblick über ihren Lernfortschritt haben», sagt Samuel Heer, Fachspezialist Lehre am TIL. «Die App soll Studierende bestmöglich beim Lernen unterstützen, unter anderem in dem sie Struktur liefert und klare Ziele setzt. Ausserdem war uns wichtig, dass sie mobiles Lernen ermöglicht. Studierende können so überall auch kurze Lernblöcke einlegen», so Heer.

Natürlich könne man kritisieren, dass ein Smartphone als Lernplattform zu viele andere Ablenkungen biete. «Das Smartphone ist die Technologie, die insbesondere die Generation der Studierenden sehr stark nutzt. Auf dieses Nutzerverhalten wollten wir eingehen.» 

Heer betont aber auch, dass Brian eine Ergänzung zu traditionelleren Lernmethoden sei. «Es braucht weiterhin klassisches Selbststudium sowie den Austausch in Kursen mit Lehrpersonen und anderen Studierenden.» Gemeinsam mit weiteren HSG-Forschenden hat Heer in einer bisher unveröffentlichten Studie erhoben, welchen Effekt die Anwendung von Brian auf Prüfungsleistungen hat. «Brian führt bei Studierenden zu früherem und insgesamt regelmässigerem Lernen. Die sinnvolle Nutzung der App kann einen Unterschied von bis zu einer ganzen Note an einer Prüfung ausmachen», sagt Heer zu den Ergebnissen.

Mehr Chancengleichheit dank KI

Dank laufenden Weiterentwicklungen der KI-Technologie habe auch Brian noch viel Potential zur Weiterentwicklung, sagt Forsbach. «Soeben haben wir einen Chatbot in der App eingeführt, der auf der KI-Software GPT4 basiert. Studierende ausgewählter Universitäten werden dann mit diesen Bots individuelle Lernbegleiter haben. Diese erkennen beispielsweise aufgrund der Kursmaterialien Lernlücken und empfehlen dann Massnahmen.» Um die Datensicherheit zu gewährleisten, werden die Daten aus der ChatGPT-Nutzung in Brian nicht zum Training der KI dahinter verwendet, sondern nach Abwicklung der Unterhaltung mit dem Chatbot wieder gelöscht. Für die Integration des Bots in die App arbeitet die Brian AG eng mit der HSG-Wirtschaftspädagogin Sabine Seufert sowie dem HSG-KI-Experten Siegfried Handschuh zusammen.

Weil er selbst einen schwierigen Start in seiner Schullaufbahn hatte, will Forsbach mit Brian auch dazu beitragen, dass Schüler:innen und Studierende die Zeit ausserhalb des Unterrichts möglichst effizient nutzen. «Je höher die Schulstufe desto wichtiger ist das Lernen ausserhalb der Schule. Brian gibt Lernenden rasches und persönliches Feedback zu ihrem Lernverhalten, vermindert so Leerläufe und fördert die Motivation.» Forsbach will mit Brian mittelfristig den DACH-Raum erobern und danach auch in den USA Fuss fassen. Daneben leitet ihn ein grössere Vision: «Wir wollen Lehrpersonen in ihren Möglichkeiten bestärken, damit in Zukunft alle Lernenden die Voraussetzungen haben, um besser lernen zu können als heute die reichsten Lernenden.» 

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