Hintergrund - 25.08.2023 - 08:30
«Lernen durch Engagement, Verantwortung und reflektierte Erfahrung» – dies ist der Grundgedanke des «Service Learning»-Ansatzes. Der Kurs auf Bachelorstufe «DreamTeam: Mentoringprogramm für die nächste Generation» brachte im Herbstsemester vergangenen Jahres erstmals HSG-Studierende mit St.Galler Primarschulkindern zusammen. Ein Jahr lang begleitet eine Studentin oder ein Student ein Kind, erklärt Michael Peters, HSG-Dozent und erfahrener Coach, der den Kurs zusammen mit Psychologe Florian Schulz leitet.
Das «DreamTeam»-Programm sei keine Hausaufgabenhilfe. Vielmehr gestalten «Mentor:in und Kind ihre Freizeit gemeinsam, entdecken Neues, bauen eine Beziehung und Vertrauen zueinander auf», so Michael Peters. Mentor:in und Mentee treffen sich wöchentlich und regelmässig, jeweils ohne Geschwister oder Freunde des Kindes. Dem Mentee allein gelte die Aufmerksamkeit des Mentors oder der Mentorin. Dies schaffe Verbindlichkeit.
Die gemeinsam verbrachte Zeit stehe im Zentrum der Mentoring-Beziehung. Die einzelne Aktivität sei nebensächlich. «Enten füttern, eine Glace essen oder eine heisse Schokolade zusammen trinken, Fussball spielen oder im Winter Schlittschuhlaufen gehen. Auch unterwegs sein mit Bus oder Zug, Spaziergänge, Lesen, Malen und Basteln oder ein Abendessen bei der Familie des Kindes, all dies sind Möglichkeiten», führt Michael Peters aus. Von Zeit zu Zeit dürfe auch ein grösserer Ausflug als Highlight geplant sein. So beispielsweise Minigolf, ein Besuch im Hallenbad, Kino oder Museum, aber auch ein Nachmittag am SQUARE oder im FCSG-Stadion. «Die Mentor:innen lernen, darauf zu vertrauen, dass ihre geschenkte Zeit im Grunde reicht – der Austausch ist das, was zählt», betont Peters.
Die zahlreichen positiven Auswirkungen von Mentoring auf die Persönlichkeitsentwicklung und die Bildungschancen von Primarschulkindern belegt eine Langzeitstudie des Institute on Behavior & Inequality in Bonn. «Die Kinder profitieren erwiesenermassen auch noch Jahre nach ihrem Mentorat von ihrer Teilnahme. Sie werden resilienter, finden sich in verschiedenen Lebenswelten leichter zurecht, können Herausforderungen meistern und finden später leichter einen Beruf oder eine Lehrstelle», fasst Peters die Ergebnisse über das Partnerprojekt «Balu und Du» aus Deutschland zusammen. Das Programm fördert das Selbstbewusstsein der Kinder und unterstützt sie dabei, sich sozial und sprachlich leichter in verschiedene Lebenswelten zu integrieren. Gleichzeitig lernen die Mentor:innen durch die Begegnungen mit den Kindern, andere zu motivieren und für Aktivitäten zu begeistern, aktiv zuzuhören und sich in die Bedürfnisse des Kindes einzufühlen. Oftmals passiere es auch, dass sich die Studierenden mit eigenen Themen und Unsicherheiten konfrontiert sehen, weil sie sich im Mentee wiedererkennen, so Michael Peters. Die Ausbildung im Kontextstudium fördert wichtige Kompetenzen, welche die Studierenden in andere Lebensbereiche wie die Berufswelt transferieren können – Empathie, Selbstreflexion, Umgang mit Grenzen, eine gesunde Beziehungsgestaltung und eine positive Gesprächsführung.
Über das Jahr hinweg führen die Studierenden ein Online-Tagebuch, in dem sie alle Treffen mit dem Mentee festhalten und reflektieren. Zu den Einträgen geben die Kursleitenden wöchentlich Feedback. Fachinputs zu Bindungstheorie, Beziehungsgestaltung, Konfliktlösung, Lerntheorie, Integritätsförderung und Kindesschutz erhalten die Mentorinnen und Mentoren im Rahmen eines Begleitseminars. Auch tauschen sich die Studierenden an diesen Terminen mit ihrer Gruppe nach den Prinzipien der «kollegialen Fallberatung» aus, erklärt Peters. Unsicherheiten seien normal und Konfliktsituationen könne man gemeinsam lösen. Einzelcoachings seien je nach Bedarf auch möglich. Ein Geheim-Rezept dafür, dass eine Freundschaft zwischen Mentee und Mentor:in entsteht, gebe es nicht. Dennoch sei für Michael Peters klar: «Das Engagement und die Ernsthaftigkeit der Studierenden, mit der sie sich am Programm beteiligen – damit steht und fällt die Mentoring-Beziehung.»
Der DreamTeam-Kurs wird ab dem Herbstsemester 2023 auch auf Masterstufe angeboten. Einen stärkeren Fokus möchten die Kursleitenden dabei auf die Einzelcoachings legen, um die Studierenden optimal zu begleiten. Michael Peters freut sich darüber, dass die Studierenden ihre Erfahrungen weitertragen – der Kurs hat positive Resonanz erhalten.
«DreamTeam» wurde 2022 erstmalig an den Universität St.Gallen und der Ostschweizer Fachhochschule etabliert, als Angebot der Schweizerischen Stiftung für Bildungsförderung und -finanzierung EDUCA SWISS.
Bild: «DreamTeam»-Winterfest am SQUARE