Campus - 30.04.2025 - 10:00
Offene Begegnungszonen und flexibel gestaltbare Räume charakterisieren SQUARE. Bernadette Dilger, Sie waren Teil der Arbeitsgruppe, die dieses Konzept noch vor dem Bau des Gebäudes erarbeitet hatte. Was war damals die Idee?
Bernadette Dilger: Wir wollten eine Nutzung entwickeln, die beim Lernen nicht die Organisation von Inhalten ins Zentrum stellt. Vielmehr ging es uns mit der Arbeitsgruppe – darin sassen Forschende, Studierende und Mitarbeitende der HSG – darum, einen Ort zu schaffen, an dem verschiedenste Interaktionen möglich sind. Diese soll in universitären Kursen, aber auch in öffentlichen Veranstaltungen und ungeplant passieren. Begegnungen und Austausch ins Zentrum eines Uni-Gebäudes zu stellen, macht Sinn: Aus der aktuellen Bildungsforschung wissen wir, dass das, was um uns herum beim Lernen passiert, mindestens so wichtig wie die Präsentation des Lerninhaltes selbst ist. Welchen Personen begegne ich beim Lernen, wie fühle ich mich körperlich, wie ist der Raum gestaltet, in dem ich mit Lerninhalten konfrontiert werde?
Wo sehen Sie heute, nach gut drei Jahren Betrieb, die Umsetzung dieses Konzepts?
Bernadette Dilger: Die stärksten Momente im SQUARE sind für mich jene, in denen unterschiedliche Gruppen zusammentreffen. Ich erinnere mich beispielsweise an ein Expertenpanel, das kurz nach Beginn des Angriffskrieges von Russland auf die Ukraine im Februar 2022 stattfand. Es waren HSG-Expert:innen auf dem Podium und Externe waren zugeschaltet. SQUARE war brechend voll, es kamen HSG-Angehörige aber auch die Stadtbevölkerung zusammen. Solche Austausche öffnen die Universität nach aussen und schaffen gleichzeitig neue Beziehungsnetze. Und SQUARE bietet mit seinen Räumen und der technologischen Ausstattung dafür eine Plattform. So war in diesem Fall ein hybrides Podium problemlos möglich.
Tim Kramer: Ich erinnere mich an den Besuch des Wirtschaftsethikers R. Ed Freeman, der eine unserer «Personalities in Residence» im Frühjahr 2025 war. Zum Abschluss seines zweitägigen Aufenthaltes gab es eine Jam-Session. Dabei stand Freeman mit diversen HSG-Professoren auf der Bühne, im Publikum waren rund 150 Personen. Dieser musikalische Jam eröffnete den Studierenden neue Perspektiven auf ihre Professoren und schuf Möglichkeiten der Begegnung – und solche sind, wie Bernadette erwähnt hat, für das Lernen entscheidend.
Tim Kramer, Sie leiten seit Sommer 2024 SQUARE. Was sind für Sie wichtige Erkenntnisse aus den ersten Monaten als Intendant?
Tim Kramer: Erfreulich finde ich, wie kreativ viele der rund 140 Studierendenvereine der HSG unsere Räume nutzen. Es gibt hier immer wieder kleine Tagungen, Panels und Workshops von Studierenden. Das Interesse am SQUARE zeigt sich auch in den Zahlen: Wir haben pro Semester 35'000 Besuchende, davon sind nur 50 Prozent Studierende, die einen universitären Kurs besuchen. Der Rest der Personen kommt zu informellen und externen Veranstaltungen oder zum kollaborativen Arbeiten hierher. Mit unserem Programm im Frühlingssemester 2025 wollen wir uns noch mehr zu Stadt und Region hin öffnen. Wir arbeiten darum mit dem Konzertlokal Palace, mit dem Theater St.Gallen oder mit dem Literaturhaus Wyborada zusammen. Und wir haben Ende Februar zum OPEN SQUARE eingeladen, an dem die Bevölkerung im SQUARE einen Tag lang verschiedenste Aspekte der HSG entdecken konnte.
Im Frühling finden im SQUARE verschiedene Theaterperformances statt bei denen teilweise auch Sie als Schauspieler auftreten. Wieso braucht es im SQUARE Performances?
Tim Kramer: An der HSG hat es Tradition, Dinge informell aus anderen Perspektiven zu betrachten. Das zeigt beispielsweise die grosse öffentliche Kunstsammlung, die über den Campus verteilt ist. SQUARE eignet sich als über drei Stockwerke offenes Gebäude sehr gut für Performances wie Tanz oder Theater. So ein Raum hat an der HSG bisher gefehlt. Gleichzeitig zwingt eine Performance die teilnehmenden Menschen zur Präsenz im Moment und fördert so Auseinandersetzungen mit einem Thema. Auch das bringt uns wieder zum informellen Lernen zurück, das aus meiner Sicht der Kern von SQUARE ist.
Was bedeutet informelles Lernen?
Bernadette Dilger: Das ist eben Lernen, das aufgrund der Umstände der Lernsituation ungeplant und ungezielt passiert. Als Universität ist es für uns wichtig, diesem Lernen Raum zu geben, weil die Aneignung von reinem Fachwissen an Bedeutung verliert, während der Erwerb von Kompetenzen wichtiger wird. SQUARE schafft eine Vielfalt der Optionen und öffnet für Dozierende und Studierende so den Raum für Experimente. SQUARE ist ein Labor für akademische Lehre. Dazu gehört auch, dass sich das ursprüngliche Nutzungskonzept laufend weiterentwickelt.
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