Leute - 26.03.2025 - 10:04
«Ich spiele mal als Aussenverteidigerin, mal in der Innenverteidigung. Und letzte Woche bin ich als 10er aufgelaufen», sagt Céline Bradke. Die 24-jährige HSG-Absolventin spielte bis 2021 während drei Jahren als Profi beim FC St.Gallen-Staad (heute FC St.Gallen) und läuft aktuell in der 1. Liga für den FC Staad auf. Vielseitigkeit zeigt Bradke auch neben dem Fussballplatz: Sie ist Projektleiterin des Austragungsortes St.Gallen der UEFA Women’s Euro 2025, die vom 2. bis 27. Juli in der Schweiz stattfindet. Drei Vorrundenspiele der Frauenfussball-EM werden im Kybunpark St.Gallen durchgeführt – und Bradke ist mit einem zehnköpfigen Team unter anderem verantwortlich für Verkehr, Sicherheit, Marketing, Kommunikation und den Empfang der Fans in der St.Galler Innenstadt.
Dass Céline Bradke ihrem Sport in ihrer Heimatregion einen möglichst guten Auftritt schaffen kann, sei für sie das Grösste. Gleichzeitig sei es ihr ein wichtiges Anliegen, dass diese EM dabei hilft, mehr Mädchen und Frauen für Fussball zu begeistern und gleichzeitig bessere Bedingungen für Frauenfussball zu schaffen. «Als Spielerin weiss ich aus eigener Erfahrung, dass es noch viel Aufholbedarf gibt.»
So trainierte sie beispielsweise als Profi parallel zu ihrem HSG-Bachelorstudium bis zu sieben Mal pro Woche und erhielt keine finanzielle Entschädigung. «Frauenfussball braucht mehr Sichtbarkeit, und die steigt mit dieser EM. Damit wächst automatisch das Interesse von Vereinen, von zukünftigen Spielerinnen, Funktionärinnen und Trainerinnen und auch Sponsoren. Es hängt alles zusammen.» Ihr Projektteam arbeitet mit diversen Fussballverbänden, Vereinen, Schulen und Stiftungen zusammen, um Mädchen- und Frauenfussball zu stärken.
Auch die HSG engagiert sich dabei: Sie veranstaltet mehrere öffentliche Vorlesungen rund um (Frauen-)Fussball, davon eine zu den ökonomischen Chancen der Frauenfussball-EM für die Region. Zudem gibt es für Studentinnen und Mitarbeiterinnen am 24. April ein offenes Training mit Jessica Schärer, Spielerin in der Schweizer Women’s Super League. Auch ein regelmässig stattfindendes Fussballtraining nur für Frauen gibt es an der HSG. Mit Julia Marty, Eishockeyspielerin beim SC Bern und mehrfache Olympiateilnehmerin, hat die HSG zudem eine Unisport-Lehrerin, die sich aktiv für die Förderung von Frauen im Sport einsetzt.
Dem Fussball ist Bradke bis heute auch neben ihrer Arbeit treu geblieben. Sie trainiert zwei bis drei Mal wöchentlich mit den Frauen 1 des FC Staad, dem Verein, wo sie mit Fussballspielen begann. Auch mit der HSG, wo sie einen englischsprachigen Doppelmaster in International Relations abgelegt hat, ist sie bis heute verbunden. Sie wohnt in der Nähe des Campus und trainiert regelmässig im Kraftraum des Unisports. Ihr Masterdiplom erhielt sie 2024, sie studierte dafür auch während eines Jahres an der international renommierten Science Po in Paris.
Ganz auf die Karte Fussball zu setzen, kam für sie nie in Frage. «Ich wusste, dass ich als Frau im Fussball eine Alternative brauchen werde, um ein Einkommen zu erzielen.» Ihre Studienzeit habe sie gut auf ihren aktuellen Job vorbereitet: «An der HSG gibt es viele Gruppenarbeiten. So lernt man, Projekte mit den unterschiedlichsten Menschen voranzubringen.» Sie habe auch den engen Austausch und die lebendige Kultur auf dem Campus geschätzt. «Ich habe meine besten Freunde hier kennengelernt.» Den Fokus, den sie für ihr ambitioniertes HSG-Studium brauchte, habe sie zudem auf den Fussballplatz mitgenommen. «Beim Fussball muss man ständig zu 100 Prozent präsent sein – ist man es nicht, passieren Fehler.»
Nun freut sich Bradke auf ein Fussballfest in ihrer Heimatstadt. «Wir hoffen auf ausverkaufte Spiele. St.Gallen ist eine Fussballstadt und die hier stattfindenden Spiele sind attraktive Paarungen.» Zudem sei die Kultur rundherum friedlicher als bei Spielen der Männer. «Das zieht viele Familien an.»
Auf dem Platz gebe es bei Frauen zudem weniger taktische Spielchen und Zeitverzögerungen. «Wenn Frauen spielen, spürt man, dass sie für ihren Sport viel Leidenschaft brauchen.» Sie hoffe, dass die EM dazu beitrage, dass sich mehr Mädchen und Frauen für Fussball interessieren. «Aktuell sind gerade mal 12 Prozent aller lizenzierten Spieler:innen in der Schweiz Frauen – das muss sich ändern.»