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Forschung - 05.06.2025 - 15:00 

Studie: Personalmanagement zwischen KI und Kulturtransformation

Wie sieht die Zukunft der Personalarbeit von Unternehmen in der Schweiz, Deutschland und Österreich aus? Antworten liefert das neue «Trend-Barometer: People Management 2035» der Universität St.Gallen, eine Studie, die in Kooperation mit dem Beratungsunternehmen PwC entstanden ist.

Im Kern zeichnet die Studie ein Bild der doppelten Transformation: Auf der einen Seite stehen technologische Disruptionen wie die Künstliche Intelligenz und People Analytics, auf der anderen der Wandel der Unternehmenskultur. «People Management muss künftig beides leisten: neue Technologien und zugleich neue Kollaborationsformen integrieren», sagt Heike Bruch, Professorin an der HSG und fachliche Leiterin der vorliegenden Studie. «Ohne eine strategische Neuausrichtung des Personalmanagements droht vielen Unternehmen der Anschlussverlust», betont die Leadership-Expertin des Instituts für Führung und Personalmanagement (IFPM-HSG) an der Universität St.Gallen.

Die Ergebnisse der Studie basieren auf einer Befragung von 256 HR-Expert:innen im Jahr 2025 und 315 HR-Fachleuten im Jahr 2022 in der Schweiz, Deutschland und Österreich. Die Befragten beurteilten die Relevanz, Ausprägung und Zukunftsfähigkeit zentraler HR-Funktionen und -Kompetenzen im Zeitraum von 2022 bis 2035. Ergänzt wurde die quantitative Erhebung durch Trendanalysen, die ein differenziertes Bild über Entwicklungsfelder und strategische Lücken im People Management ermöglichen.

«Gutes People Management wird zum entscheidenden Faktor für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen.»
Prof. Dr. Heike Bruch, Leiterin der Studie

Vorbereitung auf neue Funktionen im Personalmanagement

Viele zentrale HR-Funktionen sind in Unternehmen zwar strategisch bedeutsam, aber praktisch noch unzureichend ausgeprägt. Ein Grossteil der befragten HR-Fachleute sieht sich unzureichend vorbereitet innerhalb dieser Entwicklungsfelder. Besonders gross sind die Lücken mit Blick auf die Relevanz im Jahr 2035 bei Daten- und Technologiemanagement, Entwicklungs- und Laufbahngestaltung, Employee Experience sowie bei der Integration von künstlicher Intelligenz. Die Studienautoren zeigen: Obwohl die Relevanz dieser Themen bis 2035 deutlich steigt, bleibt die konkrete Vorbereitung vieler Organisationen auf einem niedrigen Niveau. Die Folge ist eine strukturelle Lücke zwischen Anspruch und Realität im People Management – mit dem Risiko, dass strategische Ziele verfehlt werden. Diese «Fehleinschätzung» kann teuer werden, so die Einschätzung der Studienautoren.

Kompetenzlücken im Personalmanagement schliessen

Weiterhin zeigt die Auswertung: Die strategische Bedeutung fast aller HR-Kompetenzen nimmt bis 2035 deutlich zu. Doch die Realität in der Arbeitswelt hinkt hinterher. Aufholbedarf gibt es bei Schlüsselkompetenzen wie dem effektiven Einsatz von KI, ethisch korrekter Nutzung von KI, Big Data und People Analytics sowie der Experimentierfreudigkeit. «Es reicht nicht, KI-Werkzeuge zu kaufen – man muss auch wissen, wie sie strategisch im Unternehmen zum Einsatz kommen sollen», sagt Co-Studienautor Till R. Lohmann von PwC. Die Autoren sehen hier akuten Handlungsbedarf im People Management von Unternehmen: In den kommenden Jahren müsse massiv in technische Kompetenzen investiert werden. Auch das Eindenken in Menschen sei nach wie vor essentiell im Personalmanagement. Denn Empathie sei gerade bei der Rekrutierung und Entwicklung der Mitarbeitenden kein «Soft Skill», sondern eine wichtige Ressource für die Zusammenstellung guter Teams.

Rückschritte bei «New Work» und einer guten Arbeitskultur

Ein überraschender Befund des vorliegenden Berichts: Die Verbreitung von New-Work-Elementen wie mobilem Arbeiten und virtuellen Teams ist zwischen 2022 und 2025 rückläufig. Auch die vielbeschworene «moderne Arbeitskultur» verliert an Bedeutung, besonders mit Blick auf Vertrauenskultur, Selbstkompetenzen und «Führung mit Inspiration». Ein Alarmzeichen, das auch für Unternehmen in der Schweiz gilt: Zwar sind flexible Arbeitsformen hierzulande breit akzeptiert, doch kulturell bleibt deren Verankerung oft halbherzig. Der Anteil der Unternehmen mit echter Vorbildfunktion des Top-Managements liegt laut Studie bei 16 %. «Eine nachhaltige Transformation gelingt nur mit einer Kultur, die Veränderung nicht als Bedrohung sieht», sagt Co-Studienautor Marvin Neu vom Institut für Führung und Personalmanagement (IFPM-HSG).

Die Studie benennt die grössten Defizite im Personalmanagement – und bietet damit einen Beitrag zur aktuellen Debatte über die Zukunft der Arbeit. Während in der Schweiz jüngst häufig über Fachkräftemangel, Vier-Tage-Woche und Homeoffice-Regeln diskutiert wurde, fehlt vielerorts die Analyse der kulturellen und strategischen Voraussetzungen für eine solide Zusammenarbeit.

Vier zentrale Massnahmen für ein besseres «People Management»

Die Studie formuliert vier zentrale Handlungsfelder:

  1. Erstens gelte es, die digitalen Kompetenzen gezielt zu stärken, etwa im Umgang mit Big Data, digitalem Know-how und ethisch praktizierter KI-Nutzung.
     
  2. Zweitens soll die «People Experience», also die Erfahrung der Mitarbeitenden als strategischer Hebel verstanden werden: Wer Talente halten will, muss Arbeitgeberattraktivität erlebbar verbessern.
     
  3. Drittens sei ein kultureller Neustart vonnöten – mit Führungskräften, die als glaubwürdige Vorbilder für Vertrauen, Agilität und Inspiration stehen. Nur so lässt sich die Kluft zwischen Anspruch und Realität im People Management bis 2035 schliessen.
     
  4. Und schliesslich muss sich das People Management selbst erneuern und an erster Stelle die eigene Attraktivität steigern. Da strategische HR-Aufgaben rund um KI- und Kulturtransformation stark an Bedeutung gewinnen, gilt es für Unternehmen, die besten Talente anzuziehen und zu halten.

Hier finden Sie die Studie zum Download: Trend-Barometer: People Management 2035


Bild: Adobe Stock / Benjamin Nolte

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