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Campus - 15.01.2025 - 11:00 

Zukunft bauen: Visionen für St.Gallens Stadtentwicklung

Einst waren sie lebendige und zentrale Verkehrsknotenpunkte: Güterbahnhofareale bergen grosses Potenzial, auf neue Weise wiederbelebt zu werden. In einer gemeinsamen Lehrveranstaltung des Lehrstuhls für Architectural Behaviorology der ETH Zürich und des Seminars für Soziologie der HSG haben 34 Studierende das Güterbahnhofareal St.Gallen empirisch untersucht und Ideen für die Neugestaltung entwickelt.

Urbane Gebiete sind attraktiv, da sie Lebens- und Wirtschaftsräume zugleich sind und Arbeit, Wohnen sowie Freizeit vereinen. In der Schweiz leben rund 85 Prozent der Bevölkerung in Städten und Agglomerationen. Doch mit wachsender Bevölkerung und begrenztem Raum werden diese Gebiete zunehmend dichter. Trotz des gestiegenen Drucks gibt es aber noch immer «Lücken» im Stadtgefüge, wo die Entwicklung aus verschiedenen Gründen stehen geblieben ist. Häufig befinden sich diese hinter Bahnhöfen und entlang der Gleise, was zum Beispiel auch das von Katharina Graf und Niklaus Reichle herausgegebene Buch «Hinter den Gleisen» beschreibt.

Die Areale hinter den Bahnhöfen und entlang der Gleise bieten grosses Potenzial für die künftige Stadtentwicklung. Die Umnutzung dieser Flächen erfordert jedoch nicht nur gute Planung und Investitionen, sondern auch solide Gebietskenntnis. Ein Beispiel für eine gelungene Neugestaltung ist die Europaallee in Zürich. In St.Gallen gehören der Bahnhof St.Fiden und das Güterbahnhofareal am äusseren Rande des Stadtzentrums zu vielversprechenden Entwicklungsgebieten der Stadt. 

«Die Architekt:innen des 21. Jahrhunderts lernen von den Bauweisen und Problemen des 20. Jahrhunderts und kreieren daraus sozial wie auch ökologisch sinnvolle neue Modelle für die Zukunft.»
Prof. Momoyo Kaijima, Kursdozentin, ETH Zürich
«Der gemeinsame Kurs der HSG und des Lehrstuhls für Architectural Behaviorology der ETH Zürich konzentrierte sich auf den interdisziplinären Austausch an einem realen Ort. Wir sind neugierig auf das Experiment, Design und Wirtschaft zu vereinen.»
Prof. Momoyo Kaijima, Kursdozentin, ETH Zürich

Hinterbahnhofsquartiere: Potenziale für urbanen Wandel 

Seit Jahren wird über die Zukunft des Güterbahnhofareals in St.Gallen diskutiert. Doch oft scheiterten angestossene Prozesse, nicht selten aufgrund der unterschiedlichen Perspektiven und Interessen der beteiligten Akteure.

Im Rahmen der Lehrveranstaltung «Zukunft bauen – die Bedeutung von Branchen für die Stadtentwicklung» an der Universität St.Gallen haben sich Studierende der HSG gemeinsam mit angehenden Architektinnen und Architekten der ETH Zürich intensiv mit den Prozessen der Stadtentwicklung und -planung beschäftigt – konkret am Beispiel des Güterbahnhofareals in St.Gallen.

«Die konkreten Erfahrungen der Studierenden aus der interdisziplinären Zusammenarbeit zeigen, wie wichtig es ist, sich der Unterschiedlichkeiten von Denklogiken gewahr zu werden.»
Dr. Niklaus Reichle, Kursdozent, Universität St.Gallen
«Nur wenn wir über den disziplinären Tellerrand hinausschauen, lassen sich künftige Herausforderungen im gesellschaftlichen Umgang mit Raum sinnvoll angehen.»
Dr. Niklaus Reichle, Kursdozent, Universität St.Gallen

In Gruppen erkundigten die Studierenden das Areal und kuratierten Spaziergänge. Die Spaziergänge dienten als methodisches Werkzeug, um die soziale Atmosphäre des Areals kennenzulernen, inspiriert von den «Spaziergangswissenschaften» des Soziologen Lucius Burckhardt. Ziel war es, das Areal aus verschiedenen Blickwinkeln zu erfahren.

Die Beforschung des Areals mittels Interviews und Beobachtungen war Grundvoraussetzung für den gestalterischen Eingriff. Wer die sogenannten Alltagsrealitäten vor Ort gut kennt, kann besser einschätzen, welche Folgen Eingriffe haben und ob diese sinnvoll und umsetzbar sind. Die komplexen Zusammenhänge und Themen, die im Rahmen dieser empirischen Forschung sichtbar wurden, überführten die Studierenden in sogenannte «Actor-Network-Zeichnungen». Dazu wurden sie vom Kunstmaler Walter Dick in die Grundlagen des Handzeichnens eingeführt.

«Die Untersuchung von Brachen und ihrer Rolle in der Stadtentwicklung verdeutlichte mir, dass auch unscheinbare und ungenutzte Flächen für soziale und räumliche Dynamiken entscheidend sein können.»
Livius Schönle, Student, Universität St.Gallen
«Mit interdisziplinärer Zusammenarbeit und innovativen Ansätzen konnten wir das Potenzial solcher Areale nicht nur aufzeigen, sondern auch erlebbar machen.»
Livius Schönle, Student, Universität St.Gallen

Schlusspräsentationen im SQUARE der Universität St.Gallen: Die Studierenden stellten ihre Visionen auf Skizzen vor

Kursdozentin Prof. Momoyo Kaijima der ETH Zürich

Kursdozent Dr. Niklaus Reichle der Universität St.Gallen

Zu Gast bei den Schlusspräsentationen: die St.Galler Architektin Christine Egli

HSG-Kulturwissenschaftler Oliver Kerrison

Die Studierenden in der Diskussion

Skizze 1: «Rooting» zeigt den Wandel der Pflanzenwelt im HEKS-Gemeinschaftsgarten. Ähnlich wie sich die Pflanzenwelt prägen auch Begegnungen zwischen den Menschen den Ort im Laufe des Jahres.

Skizze 2: Verknüpft Orte sozialer Begegnungen – von zufälligen Treffen an der Appenzellerbahn bis zu nächtlichen im KUGL – und zeigt, wie ein Verständnis sozialer Dynamiken die Entwicklung neuer Projekte unterstützt.

Die Lehrveranstaltung «Zukunft bauen – die Bedeutung von Branchen für die Stadtentwicklung» wurde geleitet von Dr. Niklaus Reichle, Dozent am Seminar für Soziologie (SfS-HSG) der Universität St.Gallen. Einblick in die Welt der architektonischen Planung und Gestaltung gab die renommierte Architektin Prof. Momoyo Kaijima, Ordentliche Professorin für Architectural Behaviorology am Departement Architektur der ETH Zürich. Sie ist Mitgründerin des Ateliers «Bow-Wow» und Trägerin des «Wolf Prizes».  


Bilder: Schlusspräsentationen vom 19. Dezember 2024 / Hannes Thalmann

 

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