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Forschung - 02.04.2025 - 10:00 

Berufliche Mobilität der Zukunft: Homeoffice, Bike-Leasing, Mobilitätsbudgets

In der Schweiz entfallen 36 % der gesamten Verkehrsbelastung auf berufliche Mobilität, in Deutschland sind es sogar 43 %. Eine neue Studie des Future Mobility Lab des Instituts für Mobilität (IMO-HSG) zeigt, welche innovativen Mobilitätsangebote Unternehmen einsetzen, um das Mobilitätsverhalten ihrer Mitarbeitenden zu beeinflussen.

Die Studie «Berufliche Mobilität der Zukunft: Wie Unternehmen die Mobilitätswende mitgestalten» analysiert, wie Mitarbeitende Wege im Berufsalltag zurücklegen – vom täglichen Pendeln bis hin zu Geschäftsreisen. Indem Unternehmen diese Wege aktiv gestalten, steuern sie nicht nur ihre Infrastruktur- und Betriebskosten, sondern übernehmen auch Verantwortung für Umweltfolgen und die Sicherheit ihrer Mitarbeitenden – etwa, um Emissionen zu reduzieren und Arbeitswege stressfrei zu gestalten.   
 
Die Forschenden der Universität St.Gallen befragten 983 Arbeitgeber sowie 2922 Mitarbeitende in der Schweiz und Deutschland. Darüber hinaus begleiteten sie ausgewählte Unternehmen über mehrere Monate bei der Weiterentwicklung ihrer Mobilitätskonzepte.

«Positiv fällt auf: Berufliche Mobilität löst sich zunehmend von einem starken Fokus auf das eigene Auto und öffnet sich einer Bereitstellung und Nutzung vielfältiger Mobilitätsangebote.»
Dr. Philipp Scharfenberger, Vizedirektor am Institut für Mobilität (IMO-HSG)
Das Studienteam der HSG (v.l.n.r.): Jannis Linke, Luisa Stöhr und Dr. Philipp Scharfenberger

Transformationsprozesse  

Viele Unternehmen haben die Notwendigkeit erkannt, ihre Mobilitätsangebote zu überdenken und anzupassen. Die Mehrheit der befragten Firmen befindet sich bereits in einem Prozess des Wandels und setzt verschiedene Massnahmen um, darunter: 

  • Elektrifizierung der Pkw-Flotten (55 %): Über die Hälfte der Unternehmen wollen Emissionen reduzieren und Betriebskosten senken, indem sie auf Elektrofahrzeuge umstellen. 
  • Förderung von Homeoffice-Optionen (39 %): Flexible Arbeitsmodelle verringern den täglichen Pendelverkehr und ermöglichen den Mitarbeitenden eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. 
  • Bereitstellung von ÖV-Abos (38 %): Unternehmen unterstützen die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, um nachhaltige Alternativen zum Individualverkehr zu fördern. 
  • Ausbau der Infrastruktur für Velopendelnde (34 %): Verbesserte Fahrradabstellplätze und Ladepunkte für E-Bikes sollen den Umstieg auf das Fahrrad erleichtern.

Herausforderungen und Unsicherheiten 

Trotz wachsender Bedeutung moderner Mobilitätskonzepte stehen viele Unternehmen vor strukturellen und organisatorischen Herausforderungen. Drei zentrale Hemmnisse zeigen, warum Fortschritte oft langsamer verlaufen als gewünscht – und wo gezielte Verbesserungen ansetzen könnten: 

  • Geringe Transparenz: 43 % der Unternehmen erheben keine Daten dazu, welche Verkehrsmittel ihre Mitarbeitenden bevorzugen oder welche spezifischen Mobilitätsbedürfnisse bestehen. Diese Intransparenz erschwert die Entwicklung gezielter Mobilitätslösungen und kann zu ineffizienten Investitionen führen. 
  • Fehlende Mobilitätsdaten: 55 % der Unternehmen verfügen nicht über verlässliche Daten zu den zurückgelegten Distanzen und genutzten Verkehrsmitteln ihrer Mitarbeitenden. Dies erschwert eine präzise CO₂-Berechnung und die Umsetzung zielgerichteter Emissionsreduktionen. 
  • Regulatorische Unsicherheiten: In Deutschland sind steuerrechtliche Fragen für 43 % der Unternehmen die grösste Herausforderung bei der Einführung neuer Mobilitätsangebote. Klare gesetzliche Rahmenbedingungen könnten Unternehmen helfen, ihre Strategien schneller und effizienter umzusetzen.
«Mobilitätsbudgets bieten Arbeitgebern das Potenzial, die Mobilitätswende aktiv mitzugestalten. Sie können nicht nur die Nutzung nachhaltiger Verkehrsmittel fördern, sondern auch die Arbeitgeberattraktivität stärken.»
Luisa Stöhr, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Mobilität (IMO-HSG)

Fünf Lösungsfelder für eine nachhaltige Mobilitätswende 

Die Studie identifiziert fünf Lösungsfelder, die Unternehmen dabei unterstützen können, nachhaltige Mobilitätsstrategien erfolgreich zu gestalten: 

  1. Vom individuell genutzten Pkw zur Multimodalität 
    Ziel ist es, Mitarbeitenden verschiedene nachhaltige Verkehrsmittel anzubieten, wie ÖV-Abos, Fahrrad-Leasing oder geteilte E-Mobilität. Unternehmen sollten multimodale Optionen fördern und so eine flexiblere, effizientere und umweltfreundlichere Mobilität ermöglichen.
     
  2. Integration von Angeboten in ein Mobilitätsbudget 
    Ein Mobilitätsbudget gibt Mitarbeitenden freie Wahl zwischen ÖV, Bike-Leasing oder Carsharing. Unternehmen steuern Budgethöhe und Nutzungskonditionen gezielt nach Bedarf. 
     
  3. Reiserichtlinien und Wandel in der Arbeits- und Meetingkultur 
    Reiserichtlinien sollten so gestaltet sein, dass nachhaltige Alternativen bevorzugt werden. Digitale Meetings können Geschäftsreisen teilweise ersetzen, während für unvermeidbare Reisen der Fokus auf umweltfreundlichen Verkehrsmitteln wie der Bahn oder E-Fahrzeugen liegen sollte. 
     
  4. Daten als Informationsgrundlage für Entscheidungen 
    Daten helfen, Mobilitätslösungen gezielt zu optimieren. Eine präzise Erhebung der zurückgelegten Wege und genutzten Verkehrsmittel ist entscheidend, um Verbesserungspotential zu erkennen, massgeschneiderte Angebote zu entwickeln und Auswirkungen zu messen. 
     
  5. Gestaltung von Organisationsstruktur und Prozessen 
    Für eine erfolgreiche Umsetzung nachhaltiger Mobilitätslösungen müssen diese fest in die Unternehmensstruktur integriert werden. Klare Kommunikation und die Einbindung aller relevanten Stakeholder sind entscheidend, um Akzeptanz und Umsetzung zu sichern. 
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Video-Dokumentation zur Studie

Schlüsselrolle der Arbeitgeber  

Die Studie zeigt: Arbeitgeber sind zentrale Akteure der Mobilitätswende – als Gestalter im eigenen Unternehmen und als Vorbilder für Gesellschaft und andere Organisationen. Sie können nachhaltige Mobilitätslösungen in ihren Unternehmen etablieren und als Multiplikatoren wirken.  

Future Mobility Lab 

Das Future Mobility Lab ist ein Konsortium zur Förderung nachhaltigen Mobilitätsverhaltens und wurde im März 2022 gegründet. Initiatoren sind das Institut für Mobilität (IMO-HSG) an der Universität St.Gallen und die Kommunikationsagentur fischerAppelt. Ziel des Konsortiums ist es, die Mobilitätswende wissenschaftlich fundiert und mit Blick auf wirtschaftliche, soziale und ökologische Aspekte mitzugestalten. 

Das Future Mobility Lab umfasst mehr als 25 Mitglieder, darunter Städte, Verbände und zentrale Mobilitätsdienstleister in Deutschland und der Schweiz. Die Mitglieder setzen gemeinsam Studien um, diskutieren deren Implikationen und betonen damit die zentrale Bedeutung von Zusammenarbeit für die Gestaltung der Mobilität der Zukunft.


Zur Gesamstudie


Bilder und Video: IMO-HSG

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