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Campus - 17.12.2024 - 10:00 

HSG-Studierende stürzen sich ins Prototyping

Ein neuer Kurs im Informatikstudium der HSG setzt auf Prototyping: Die Studierenden programmieren und bauen darin innert weniger Tage funktionierende Anwendungen für den Alltag. Der Praxisbezug bereitet die Studierenden auch auf die Berufswelt vor.

Ein Ventilator, der sich einschaltet, wenn jemand vor ihn tritt, ein Beschleunigungssensor und Gyroskop am Körper, mit dem Powerpoint-Präsentationen bedient werden können oder eine automatische Bewässerung für Topfpflanzen: Solche Anwendungen haben HSG-Studierende der Computerwissenschaften in einem neuen Kurs programmiert und gebaut. «Diese Prototypenerscheinen auf den ersten Blick nicht spektakulär, aber sie wurden innert sechs Tage von null entwickelt, und ich bin stolz, was unsere Studierende innerhalb so kurzer Zeit gelernt und umgesetzt haben», sagt der HSG-Forschende Dr. Florian Mathis. Er ist Teil der HSG-Forschungsgruppe Human-Computer-Interaction (HCI) und erforscht schwerpunktmässig Unterstützungstechnologien für blinde und sehbehinderte Menschen.

Mathis hat beispielsweise eine am Körper tragbare Kamera entwickelt, die blinde und sehbehinderte Menschen im Alltag anwenden können und der sie Fragen stellen können. Durch gezielte Fragen kann die Kamera dann mittels Künstlicher Intelligenz Informationen hörbar wiedergeben. Beispielsweise kann so eine blinde oder sehbehinderte Person zwischen mehreren Objekten unterscheiden oder abfragen, ob ein Produkt im Supermarkt gerade im Angebot ist.

Prototyping ist ein zentraler Skill

«Für die Findung solcher Lösungen, bei denen Technologie an der Schnittstelle von Mensch und Computern eingesetzt wird, sind Prototypen zentral», sagt Mathis. Das war mit ein Beweggrund für die Durchführung des neuen Kurses mit dem Titel «Hands-on HCI: Entwicklung von Software- und Hardware Prototypen» für HSG-Informatikstudierende. 

Der Kurs, der im Herbstsemester 2024 zum ersten Mal stattfand, setzt darum auch stark auf praktisches Arbeiten und Ausprobieren: Nach einem eintägigen theoretischen Input stürzten sich die Studierenden in Gruppen in die Aufgabe, eine Anwendung zu programmieren und zu bauen. «Die einzige Vorgabe dabei war, etwas zu erschaffen, das Menschen im Alltag oder Beruf konkret anwenden könnten», sagt Mathis. 
 

Der HSG-Forscher Florian Mathis im Makerspace der School of Computer Science.

Projekt 1: Präsentationstool, das durch Handbewegungen Slides verschiebt oder zoomt.

Projekt 2: Ventilator, der sich automatisch einschaltet, wenn er eine Person erkennt und auch deren Bewegungen verfolgt.

Projekt 3: Vogelhaus, das automatisiert Futter ausgibt und Futterleerstand meldet.

Projekt 4: Bewässerungsanlage, die automatisch Wasser gibt, sobald die Erde zu wenig feucht ist.

Projekt 5: Safe mit individuellen Codes für verschiedene Nutzende sowie Diebstahlsensor mit Alarmauslösung.

««Diese Prototypen erscheinen auf den ersten Blick nicht spektakulär, aber sie wurden innert sechs Tage von null entwickelt, und ich bin stolz, was unsere Studierende innerhalb so kurzer Zeit gelernt und umgesetzt haben»»
Florian Mathis, HSG-Forschender im Bereich Human-Computer-Interaction

Nachtschichten im HSG-Makerspace

Beim Prototyping wird mit einfachen Mitteln rasch ein funktionierendes Modell einer angedachten Lösung geschaffen. Dieser Prototyp erhält dann durch die Nutzenden laufend Rückmeldungen und kann so optimiert werden. So präsentierten sich die Studierenden nach zwei Kurstagen gegenseitig ihren Arbeitsstand und sie diskutierten Herausforderungen und nächste Schritte. 

Bei der Programmierung und dem Bau der Prototypen konnten die HSG-Studierenden auf den Makerspace der HCI Forschungsgruppe an der School of Computer Science (HSG-SCS) zurückgreifen: In diesem Raum stehen unter anderem ein 3D-Drucker und ein Lasercutter zur Verfügung. Für den Kurs wurden den Studierenden zudem ein Set von einfach einsetzbaren Sensoren, Prozessoren und Kameras zur Verfügung gestellt.

Am letzten Kurstag präsentierten die Studierenden einander ihre Anwendungen. Sie beleuchteten und diskutierten dabei auch den Entwicklungsprozess, ihre Gruppendynamik und welche Herausforderungen es dabei gab. 

Ein kurzer Überblick über die Prototypen:
•    Automatisches Bewässerungssystem: Dieses misst die Feuchtigkeit der Erde und giesst bei Bedarf eigenständig die Pflanze. 

•    Vogelhaus: Dieses gibt automatisiert Futter aus, wenn sich Vögel nähern. Es zeigt auch an, wenn der Futterbehälter leer ist.

•    Safe: Beliebig viele Personen können den Safe mit einem personalisierten Pin öffnen. So ist für alle Nutzenden sichtbar, wer wann den Safe geöffnet hat. Bei Diebstahlversuchen ertönt zudem ein Warnsignal.

•    Ventilator: Dieser aktiviert sich, wenn eine Person vor dem Ventilator erscheint. Bewegt sich die Person, verfolgt der Luftstrom sie, indem sich der Ventilator dreht.

•    Präsentationsbediener: Ein Beschleunigungssensor und Gyroskop, die an der Hand getragen werden, ermöglichen die Bedienung von Powerpoint-Präsentationen. Der Nutzer kann mit Handbewegungen beispielsweise zwischen Folien hin- und herwechseln oder etwas markieren.

Manche Gruppen berichteten dabei von durchprogrammierten Nächten und vielen Aha-Momenten rund um die Programmierung und den Bau. Sie lernten neue Programmiersprachen, löteten Bauteile zusammen, bedienten den 3D-Drucker und mussten eine Projektplanung erstellen.

«Die Studierenden nehmen aus dem Kurs auch Einblicke mit, die ihnen im Berufsleben helfen werden. Der Kurs ist stark praxisorientiert und ergänzt so die Theorie im Informatikstudium», sagt Mathis dazu. Die Fähigkeit, eine Idee rasch in einen Prototypen umzusetzen, sei beispielsweise wichtig für Startups: «Ein Prototyp kann eine Idee gut verdeutlichen und so etwa bei der Investorensuche helfen.»
 

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