Campus - 17.09.2024 - 11:00
Die Promotionsfeier zelebriert den Abschluss eines prägenden Lebensabschnitts. «Wenn wir grosse Leistungen feiern, wie heute Ihr Doktorat, vergessen wir manchmal, worauf der Erfolg gründet. Auf Anstrengung, harter Arbeit, Leidenschaft – und auf den Fehlversuchen davor», begann Rektor Prof. Dr. Manuel Ammann seine Ansprache. Dabei seien Rückschläge und Misserfolge gerade in Wissenschaft und Wirtschaft der «Motor für Innovation und Fortschritt».
Vor wichtigen Meilensteinen setzen sich viele ein klar definiertes Ziel, das es zu erreichen gilt. «Die kleinste Abweichung davon deuten wir bereits als Scheitern. Dabei wissen wir gar nicht, wohin uns ein Weg führt, wenn wir ins Unbekannte aufbrechen», sagte der Rektor. Auf Abwegen entdecken Forscherinnen und Forscher neue Dinge, nach denen sie gar nicht gesucht haben.
«Der Zufall spielt in der Wissenschaft eine nicht zu unterschätzende Rolle», führt Rektor Manuel Ammann aus. So erging es zum Beispiel dem Physiker und Professor Wilhelm Conrad Röntgen, als er 1895 die nach ihm benannten Röntgenstrahlen entdeckte – eine Revolution in der Medizin. Doch solche Zufallsentdeckungen sind heute selten. Heute grenzen Forschende ihre Projekte thematisch und methodisch sehr stark ein, um das Risiko von Fehlern klein zu halten. Das Resultat sind Studien, die formal korrekt sind, inhaltlich aber oft nur einen begrenzten Mehrwert schaffen, so Manuel Ammann.
«Statistische Signifikanz gilt als Goldstandard zur Beurteilung der Qualität und Relevanz von Forschung», sagte der Rektor. Statistisch signifikante Forschungsergebnisse gelten als Erfolg. Studien, die keine signifikanten Ergebnisse vorweisen können, werden weniger publiziert und zitiert. Das seien Fehlanreize seitens der Verlage. Aus diesem Grund setzen Wissenschaftler:innen auf ‘p-hacking’ – nur die signifikantesten Ergebnisse herauspicken, schwächere Resultate verschweigen oder Quellen, die der eigenen Ansicht widersprechen, gar nicht erst zitieren, führte Rektor Ammann aus. Solche kognitiven Verzerrungen seien seit Jahrzehnten bekannt und dennoch in der Wissenschaft nach wie vor häufig anzutreffen.
Was kann jede und jeder Einzelne dagegen tun? Das eigene Forschungsdesign immer wieder auf mögliche Schwachstellen zu hinterfragen, riet der Rektor den Doktorinnen und Doktoren. Schliesslich solle der Erkenntnisgewinn im Vordergrund stehen. «Dies gilt natürlich auch, wenn Sie keine akademische Karriere verfolgen, sondern eine verantwortungsvolle Aufgabe in Wirtschaft oder Gesellschaft übernehmen», fügte er hinzu. Vorsicht also vor allzu perfekten Erklärungen und Zahlen.
«Bleiben Sie ergebnisoffen und neugierig, auf das, was vor Ihnen liegt, und nutzen Sie Ihren wissenschaftlich geschulten Geist, um auch im Alltag nicht in Denkfallen zu tappen», gab Rektor Manuel Ammann den neuen Doktorinnen und Doktoren zu ihrem Abschluss mit auf den Weg.
Die Festrede hielt HSG-Alumna Dr. Melanie Oschlies, Global Head of Strategy Development bei Siemens Smart Infrastructure. Sie teilte mit den Doktorierten ihre persönliche Erkenntnis, wie wichtig es sei, ‘in a world of wisdom’ dennoch den eigenen Weg zu gehen. «Wenn Sie das nächste Kapitel Ihres Lebens beginnen, werden Sie eine Fülle von Ratschlägen und Hinweisen von Mentor:innen, Kolleg:innen, Freunden, Familienmitgliedern und Experten erhalten. Auch wenn diese Weisheit eine unschätzbare Unterstützung darstellt, ist es wichtig, sich daran zu erinnern, dass der Weg, den Sie bereits eingeschlagen haben und den Sie weiterhin selbst gestalten werden, einzig und allein Ihr eigener ist», betonte Melanie Oschlies.
Im Herbstsemester werden an der Promotionsfeier jeweils auch mehrere Preise verliehen:
Abschliessend erhielten die 60 Doktorinnen und Doktoren ihre Promotionsurkunden:
Bilder: Foto Lautenschlager GmbH