Campus - 16.10.2025 - 13:00
Zehn Tage - mehr brauchte es nicht, um aus einer Instagram-Anfrage einen der ungewöhnlichsten Auftritte des Unichor St.Gallen zu machen. Die deutsche Band Kraftklub, als Ersatz für die Kings of Leon kurzfristig ans OpenAir St. Gallen 2025 geholt, suchte für einen Song noch nach einem Chor. So schrieb sie auf Insta den Unichor der HSG an. «Ich habe spontan zugesagt», erinnert sich Chorleiterin Sarah Abrigada.
Für gemeinsame Proben vor dem Konzert blieb keine Zeit. Also traf man sich am Festivalfreitag kurz hinter der Bühne, besprach die Einsätze – und stand wenige Minuten später mit 30 Sänger:innen in roten Pellerinen auf der Bühne vor tausenden Festivalbesucher:innen.
«Das Konzert vor dieser Menge zu eröffnen und auch am Ende wieder auf die Bühne zu kommen, war schon besonders», sagt Abrigada. Kraftklub habe sich begeistert gezeigt, das Experiment gelang.
Solche Momente sind kein Zufall. Der Unichor hat in den vergangenen Jahren immer wieder Kooperationen gewagt: etwa 2019 im Zürcher Hallenstadion, wo die Sänger:innen fünf Musical-Songs an der Seite von Hugh Jackman aufführten. «Wir sind ein Laienchor, aber die Zusammenarbeit mit Profis bringt uns viel Input», sagt Abrigada, die selbst professionelle Dirigentin und Sängerin ist und den Chor seit zehn Jahren als HSG-Lehrbeauftragte leitet.
Auch Kooperationen mit Ostschweizer Musiker:innen wie etwa dem Jazzpianisten Claude Diallo oder der Musikgesellschaft St.Gallen-St.Georgen gab es schon. Angedacht ist aktuell ein Projekt mit dem Oratorienchor St.Gallen. «Kommt das zustande, wären wir beim Konzert 200 Sänger:innen auf der Bühne», so die Chorleiterin.
Trotz des Namens ist der Unichor kein geschlossenes Projekt der HSG sondern offen für Externe: Unter den Mitgliedern sind Studierende verschiedener Hochschulen, Lehrpersonen, Pflegekräfte, HSG-Alumni – eine bunte Mischung, bei der deutlich mehr Frauen als Männer mitsingen. Für die tiefen Stimmen reichen aktuell etwa zehn Bässe.
Für viele Mitglieder ist der Unichor weit mehr als ein Ausgleich zum Studium. «Ich singe, seit ich ein Kind bin – hier finde ich die Mischung aus Spass und Anspruch, die mich immer wieder motiviert», sagt die HSG-Studentin Melanie Moser. Sie schätzt besonders die Offenheit. «Es ist eine bunte Gruppe, nicht nur Studierende, sondern auch Leute aus ganz anderen Bereichen. Das macht den Chor so lebendig.» Moser leitet gemeinsam mit HSG-Studentin Leonie Greutert alle administrativen Dinge des Chors, organisiert beispielsweise Konzerte. «Ich kann keine Noten lesen – trotzdem bin ich hier willkommen», erzählt Greutert. Für sie ist das Miteinander entscheidend: «Mit wenigen Proben stellen wir immer wieder etwas auf die Beine, und das in einer sehr familiären Atmosphäre.»
Aktuell probt der Chor für sein nächstes Konzert Ende Herbstsemester 2025, das das Motto «Worldwide» haben wird: Eingeübt werden rund 10 Songs aus aller Welt, darunter aus Japan, Spanien oder Mazedonien. Jedes Semester wird mit einem Konzert abgeschlossen, dafür stehen rund zehn Proben und ein intensiver Probentag auf dem Plan.
«Der Anfang eines neuen Semesters ist jedes Mal wie ein Blind Date», beschreibt es Abrigada. «Neue Mitglieder stossen hinzu, die Erfahrungslevels sind unterschiedlich – doch am Ende entsteht etwas Gemeinsames.»