close

Forschung - 11.12.2025 - 10:00 

Echter Kundenmehrwert statt Marketing-Buzzwords

Smarte Produkte boomen. So etwa Saugroboter oder smarte Lautsprecher mit Sprachassistenten. Viele Unternehmen werben noch immer mit allgemeinen Schlagwörtern wie «KI-gestützt», «Algorithmus» oder «smart». Für Nutzerinnen und Nutzer ist jedoch nicht entscheidend, wie «smart» ein Produkt ist, sondern welchen konkreten Mehrwert es bietet. Zu diesem Schluss kommt ein Artikel von HSG-Forschenden im Harvard Business Review.

Smarte Produkte gehören längst zum Alltag: Saugroboter reinigen selbstständig, Lautsprecher reagieren auf Sprachbefehle, Thermostate lernen Nutzergewohnheiten. Vor zehn Jahren galt «smart» noch als Verkaufsargument. Heute reicht das nicht mehr aus.  

Worauf Nutzerinnen und Nutzer smarter Produkte heute tatsächlich Wert legen, hat ein Autorenteam im Rahmen des «Smart Products Report 2025» untersucht. Dafür wurden 1000 Nutzerinnen und Nutzer zu smarten Produkten in 31 Produktbereichen befragt. Die Teilnehmenden bewerteten acht konkrete Vorteile smarter Produkte gegenüber herkömmlichen Produkten. Zusätzlich wurden demografische Daten und allgemeine Kundenpräferenzen erhoben. Anschliessend werteten die Forschenden die Informationen mittels einer sogenannten Clusteranalyse aus und identifizierten Kundentypen, sogenannte «Personas».  

Abbildung: Was Käuferinnen und Käufer smarter Produkte schätzen

Die Analyse zeigt: Nutzerinnen und Nutzer smarter Produkte lassen sich in drei Personas einteilen. Sie unterscheiden sich insbesondere darin, welchen Mehrwert sie von smarten Technologien erwarten – Komfort im Alltag, Sinn und gesellschaftliche Wirkung oder messbare Effizienzgewinne bei Zeit und Kosten. 
 

  • «Comfort-Seekers»: Wert durch Komfort 
    «Comfort-Seekers» (etwa 46 % der Befragten) wünschen sich Produkte, die Komfort, Spass und Zeitersparnis bieten. Etwa Saugroboter, die «auf Knopfdruck» funktionieren, oder Systeme, die sich automatisch anpassen. Wirksames Marketing betont das «Plug-and-Play» smarter Produkte (also die einfache Inbetriebnahme ohne aufwendige Installation) oder setzt auf Botschaften wie «macht dein Leben leichter». 
     
  • «Purpose-Seekers»: Wert durch Sinn 
    «Purpose-Seekers» (etwa 18 % der Befragten) nutzen smarte Produkte, um grössere Ziele zu verfolgen, beispielsweise um den eigenen CO₂-Fussabdruck zu reduzieren, gesündere Gewohnheiten zu entwickeln oder generell einen positiven Beitrag zur Welt zu leisten. Bei der Produktauswahl achtet diese Käufergruppe auf Wirkungskennzahlen und unabhängige Nachweise für Produktversprechen, etwa Prüfzertifikate oder externe Testberichte. In der Kommunikation funktionieren besonders jene Botschaften gut, die eine konkrete Wirkung belegen (z.B. «reduziert den Energieverbrauch um 23 %») oder die Anbindung an Nachhaltigkeits-, Gesundheits- oder Fitness-Apps sichtbar machen (z.B. Dienste wie Apple Health). 
     
  • «Efficiency-Seekers»: Wert durch Zeit und Geld 
    Der dritte Kundentyp, die «Efficiency-Seekers» (etwa 36 % der Befragten), entscheiden sich für smarte Produkte, wenn diese nachweislich Zeit und Geld sparen. Emotionale Aspekte, Design oder der Spassfaktor spielen für sie kaum eine Rolle. Ausschlaggebend sind konkrete, messbare Vorteile. Dieser Kundentyp will wissen, wie schnell sich eine Investition amortisiert (z.B. «rechnet sich in 6 Monaten aus») und wie viel Zeit sie im Alltag tatsächlich einsparen (z.B. «spart durchschnittlich 2 Stunden pro Woche»). 
«Kunden smarter Produkte lassen sich in drei Personas unterteilen, welche sehr unterschiedliche Erwartungen und Prioritäten haben. Im Zeitalter von KI sind Marketing-Schlagwörter wie ‘smart’ oder ‘KI-gestützt’ nicht ausreichend. Was zählt, ist der Nutzen.»
Michele Russo und Sophia Prix, Institute of Behavioral Science and Technology (IBT-HSG)

Empfehlungen für Unternehmen 

Für Hersteller und Anbieter smarter Produkte ergibt sich daraus ein klarer Handlungsrahmen, der bereits bei der Produktentwicklung beginnt – und sich an den unterschiedlichen Kundentypen («Personas») orientiert: 

  • Comfort-Seekers: intuitive Benutzeroberflächen und einfache Direktzugriffe («Shortcuts») 
  • Purpose-Seekers: Wirkungsübersichten («Impact-Dashboards») und transparente Fortschrittsverfolgung  
  • Efficiency-Seekers: Automatisierung, individuelle Voreinstellungen («Presets») und schlanke Abläufe 


Auch für Marketing und Vertrieb lassen sich Empfehlungen ableiten: 

  • Produktpakete («Bundles»), zugeschnitten für die einzelnen Personas 
  • Vertriebsteams darin schulen, Personas anhand typischer Clusterfragen gezielt zu erkennen – etwa durch Fragen zu täglichen Routinen (Comfort-Seekers), langfristigen Zielen und Werten (Purpose-Seekers) oder Prioritäten rund um Effizienz und Kontrolle (Efficiency-Seekers) 
  • Inhalte in der Sprache der jeweiligen Persona kommunizieren: Geschichten und Fallstudien für Comfort-Seekers; Diagramme, Belege und Expertenmeinungen für Purpose-Seekers; auf Efficiency-Seekers wirken klare Produktvergleiche besonders gut 
  • Personalisierte Einführung («Onboarding»): Comfort-Seekers schätzen Schnellstart-Anleitungen («Quick-Start-Guides») und visuelle Schritt-für-Schritt-Anleitungen («Walkthroughs»), während Purpose-Seekers Tools zur Zielsetzung und Tutorials benötigen, die auf langfristige Ergebnisse ausgerichtet sind 


Der Artikel «The 3 Types of Customers Who Buy Smart Products—and How to Market to Them» erschien im November 2025 in der Harvard Business Review. Autoren sind Michele Russo, Sophia Prix und Prof. Dr. Emanuel de Bellis des Institute of Behavioral Science and Technology (IBT-HSG) sowie Prof. Dr. Jonas Görgen der KEDGE Business School Bordeaux. 


Bild: Adobe Stock / Konstantin Yuganov

north