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1939: Alumnus Paul Alther und die Spende der Rektoratskette

Zu besonders feierlichen Anlässen wie dem «Dies academicus» oder den Graduation Days trägt der HSG-Rektor traditionell die goldene Rektoratskette. Diese Kette war ein Dank-Geschenk des frühen Absolventen Paul Alther, an seine Alma Mater.

Es war eine illustre Runde geladener Gäste, die am 11. November 1939 im Sitzungs- und Rektoratszimmer der Handelshochschule an der Notkerstrasse der Übergabe der Rektoratskette beiwohnten: Neben Rektor Prof. Dr. Walther Hug und dem Stifter, dem Generaldirektor der Schweizerischen Rückversicherungsanstalt Paul Alther, waren die Mitglieder des Stiftungs- und Hochschulrats, Ehrenmitglieder des Akademischen Senats, die Hochschulkommissionsmitglieder, der Vorstand des Hochschulvereins, die Dozenten- und Lektorenschaft, drei Studentenschaftsvertreter sowie Vertreter der Altherrenverbände der Akademischer Verbindungen anwesend.

Dem feierlichen Akt waren eine Reihe von Briefen und Gesprächen zwischen dem Alumnus und Mercurianer Alther, der 1907-1909 an der Handelsakademie studiert und das Kaufmännische Diplom erworben hatte, und Rektor Hug vorausgegangen. Mit einem Schreiben vom 8. Juni 1939 hatte er Hug erstmals von seinem Vorhaben in Kenntnis gesetzt. Nicht nur für ihn persönlich, auch für die Hochschule war das Jahr ein aussergewöhnlich Bedeutendes, denn sie konnte 1939 nach langwierigen Verhandlungen das Promotionsrecht in Wirtschaftswissenschaften erlangen:

«Wir Alte, die wir schon kurz nach Gründung der Handelsakademie auf den Studienbänken in St.Gallen sassen und den schon damals entbrannten Kampf für den Hochschulgedanken mit unsern bescheidenen Kräften zu fördern versuchten, sind besonders glücklich darüber, dass das Ziel nach zähen Anstrengungen, an denen Sie sich in so hervorragender Weise beteiligt haben, erreicht worden ist. […] Bei Anlass meines 25-jährigen Jubiläums in den Diensten der Schweizerischen Rückversicherungs-Gesellschaft, das ich kürzlich begehen durfte, habe ich mit besonderer Dankbarkeit der Alma Mater in St.Gallen gedacht, die mir in so hervorragendem Mass dazu verholfen hat, meine berufliche Aufgabe zu erfüllen. Es ist mir ein Bedürfnis, bei dieser Gelegenheit meiner Dankbarkeit einen sichtbaren Ausdruck zu verleihen. […] Die Hochschule hat die von ihr angestrebte Würde erhalten, jedoch fehlt ihr, wie man mir sagte, das äussere Insignium, das ihren Rang im Kreise der Gleichgestellten zum Ausdruck bringt, d.h. die Rektoratskette. Es wäre mir eine Freude, wenn die Handelshochschule als Zeichen meiner Dankbarkeit und Anhänglichkeit diese Kette von mir entgegennehmen würde.»

Die positive Rückantwort des Rektors folgte prompt, und so konnte Alther ihm bereits am 13. Juni 1939 für seine Bereitschaft danken und erste Einzelheiten zur geplanten Kette mitteilen. Ihm sei es wichtig, so schreibt er, dass die Kette ein Produkt des St.Gallischen Kunstgewerbes werden sollte. Die Wahl fiel später nach gründlicher Prüfung auf den St.Galler Goldschmied Ernst Frischknecht, der die kostbare Kette in 18 Karat Gold im Typ einer Ankerkette in Handarbeit fertigte: Im Zentrum steht eine Goldscheibe von 8 cm Durchmesser mit dem Wappenbär der Stadt mittig und der Umschrift «Handels-Hochschule St.Gallen». Eine zweite Goldscheibe von etwas mehr als 3 cm Durchmesser darüber zeigt die Erdkugel mit den Kontinenten und Meeren. In einer Inschrift auf der Rückseite der grossen Scheibe liess Alther den Stiftungszweck eingravieren: «Der Handelshochschule St.Gallen als Zeichen der Dankbarkeit für den von ihr in den Jahren 1907-1909 empfangenen Reichtum an wissenschaftlichen und ethischen Werten. Paul Alther November 1939».

Es war somit ein ganz besonderer Moment, als die Kette am 11. November 1939 überreicht werden konnte, der würdig, aber angesichts der bedrückenden Zeitumstände – am 1. September war der Weltkrieg ausgebrochen – nicht in freudiger Heiterkeit begangen wurde. In seiner Dankesrede würdigte Rektor Hug Paul Alther als seit vielen Jahren treuen und unermüdlichen Förderer der Hochschule. Die Kette sei Ausdruck der Verbundenheit und leuchtendes Beispiel der Treue und Anhänglichkeit: Die zusammengefügten Glieder stünden für die akademische Gemeinschaft, die Weltkugel für Lehre und Forschung sowie die Tätigkeit über die ganze Welt. Das Medaillon mit Bär und Inschrift verweise auf die stolze Tradition St.Gallens. Der wertvolle Stoff stehe für die Wahrheit und die fleissige Handarbeit für die unermüdliche Tätigkeit im Dienste derselben. Stoff, Form und Arbeit seien zusammengenommen Symbol des Friedens und der Freiheit. Dementsprechend solle die Kette auch den zukünftigen Generationen Ansporn sein zu unermüdlicher Hingabe an die Wissenschaft, an die Welt des Geistigen und die Wahrheit. Die Kette drücke die Verpflichtung aus, die Hochschule aus der schicksalsschweren Gegenwart mit aller Kraft in eine neue Zeit des Friedens hinüberzuführen. Hug schloss seine Ansprache mit der Bitte «an den göttlichen Schöpfer aller Dinge»: «Quod felix, faustum fortunamque sit Alma Mater San Gallensis» (dass die Hochschule St.Gallens glücklich, günstig und gedeihlich sei). Der Anlass endete mit einem Bankett im Hotel Hecht.

Paul Alther erhielt 1951 «in Anerkennung seiner hervorragenden Leistungen für die Schweizerischen Rückversicherungs-Beziehungen» von der Hochschule den Ehrendoktortitel. Nach seinem Tod 1961 vermachten seine Erben der Hochschule ein grosszügiges Geldgeschenk, auf das noch heute die alljährliche Verleihung des «Paul Alther-Preises» für die beste Master-Arbeit in Rechtswissenschaft und Staatswissenschaften eines akademischen Jahres zurückgeht

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