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Campus - 13.10.2023 - 07:00 

St.Galler Ex-Schauspieldirektor feilt mit HSG-Studierenden an Kommunikationstechniken

Gelingende Kommunikation ist auch in der Berufswelt zentral. HSG-Studierende können in einem Kurs des früheren St.Galler Schauspieldirektors Tim Kramer darum lernen, wie sie in schwierigen Situationen kommunizieren. 

Tim Kramer war bis 2016 während neun Jahren Schauspieldirektor am Theater St.Gallen. Der Stadt ist er bis heute verbunden: So stand er 2022 im freien St.Galler Theater Parfin de Siècle auf der Bühne. Bis heute kehrt er zudem regelmässig zurück, um an der HSG Studierende zu unterrichten: Im Herbstsemester 2023 leitet Kramer den Kurs «Auftritt – vom Schauspieler lernen». Darin üben die Studierenden, wie sie die Kommunikation des Gegenübers lesen und die eigene Kommunikation entsprechend lenken können. 

«Sie lernen bei mir aber nicht einfach, wie sie ihr Gegenüber am besten überzeugen, ihm also etwas ‘verkaufen’ können. Es geht vielmehr darum, dass sie bei ihrer Kommunikation den Menschen ins Zentrum stellen», sagt Kramer. In einem Interview mit dem St.Galler Kulturmagazin «Saiten» sagte er dazu: «So wie ich überzeugt bin, dass der Schauspieler im Mittelpunkt des Theaters steht, so muss für die Leute, die von der HSG abgehen, der Mensch im Mittelpunkt ihres Geschehens sein, nicht der Gewinn. Ein hehres Anliegen, aber man glaubt nicht, wie offen manche dieser jungen Leute dafür sind.»

Scheitern als Lehrmethode

«Im Theater gehört das ständige Ausprobieren und Verwerfen zur Erarbeitung eines Stücks dazu», sagt Kramer. Diesen Ansatz setzt er auch im Kurs um: Nach theoretischen und praktischen Einführungen halten alle Teilnehmenden einzeln vor der Gruppe eine Rede zu einem selbst gewählten Thema. Kramer und die Studierenden geben den Vortragenden Feedback zum Auftritt, der dann je nach Möglichkeit ganz oder in Teilen wiederholt wird. 

Dieses schrittweise Scheitern sei für viele Studierende eine neue Art des Lernens, so Kramers Beobachtung. Der Kurs fördere so auch die Kritikfähigkeit der jungen Frauen und Männer. «Und weil wir uns als Gruppe über ein Semester verteilt immer wieder sehen, entsteht auch ein Vertrauensverhältnis, in dessen Rahmen echte Experimente möglich sind.» 

SQUARE bietet perfekten Rahmen

Als Kramer noch St.Galler Schauspieldirektor war, nutzte er mit den Studierenden teils die Probebühne des Theaters im Westen der Stadt. In den Jahren danach war die Suche nach einem für den Kurs geeigneten Raum an der HSG eine Herausforderung: Relativ gross sollte dieser sein und gleichzeitig genug leere Fläche bieten. «Mit der Eröffnung des SQUARE habe ich nun eine perfekte Infrastruktur – die Räume sind grosszügig und man kann, ja soll sie sogar flexibel umgestalten.» Als Erstes räumten er und die Studierenden jeweils Tische und Stühle zur Seite. 

Auch der Kurs selbst startet mit körperlichen Übungen wie etwa Klatschspielen oder Koordinationsaufgaben gemeinsam mit einem Partner. «Das lenkt den Fokus weg vom Gedanklichen hin zum Körperlichen und ist im Schauspielunterricht eine klassische Methode. Letztlich führt das zu mehr Präsenz und Fokus», sagt Kramer. 

Schauspielerei in der Berufswelt nützlich

Der Anspruch des Kurses ist es laut Ausschreibung, methodische Instrumente aus der Schauspielerei zu vermitteln. Kramers Kurs setzt auf die Forschung des Theatertheoretikers und Regisseurs Konstantin Stanislawski, gemäss dessen Ansatz das Theater so realistisch wie möglich wirken sollte. Sie begründete unter anderem das später bekannt gewordene «method acting», bei dem Schauspieler:innen auf eigene Emotionen und Erinnerungen zurückgreifen.  «Viele Menschen glauben, Schauspielerei sei vor allem Improvisation, dabei gibt es gut erprobte Methoden, die dabei zum Einsatz kommen», sagt Kramer, der während seiner Zeit in St.Gallen auch selbst als Schauspieler auftrat. Heute ist er künstlerischer Direktor und Koordinator des Lehrbetriebs an der Theaterakademie August Everding in München. Diese ist die grösste Ausbildungsstätte für Bühnenberufe in Deutschland.

Kramer sieht mögliche Einsatzbereiche der schauspielerischen Fähigkeiten der HSG-Studierenden in vielfältigen beruflichen Situationen: «Denkbar sind beispielsweise Konfliktbewältigung, das Vermitteln von Informationen in Teamsettings oder in Präsentationen.» Letztlich gehe es darum, das Gegenüber zu erfassen und dessen Beweggründe zu verstehen und ein Stück weit zu spiegeln. 
 

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