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Campus - 13.02.2024 - 12:03 

An der HSG wird gespielt – mit seriösem Hintergrund

Sich in ein Spiel vertiefen und dabei Neues lernen: Darauf setzt die Lehrmethode «serious gaming». Auch an der HSG lassen mehrere Dozierende die Studierenden spielerisch lernen. Ein Höhepunkt waren 2023 die «St.Gallen Strategy Days», ein zweitägiges Strategiespiel mit internationalen Beteiligten aus der Diplomatie, Psychologie sowie Militär- und Regierungskreisen. 

Schafft die Ukraine einen Vorstoss durch die russischen Verteidigungslinien? Wie entwickelt sich die Energiekrise und wie verhalten sich China und die USA angesichts der angespannten Weltlage? Um solche Fragen drehten sich die «St.Gallen Strategy Days», eine geopolitische Simulation, die im Juni 2023 während zwei Tagen im SQUARE der HSG durchgespielt wurde.

Rund 100 Teilnehmende nahmen dabei Rollen als Politiker:innen, Diplomat:innen, NGO-Mitarbeitende oder Unternehmensvertreter:innen ein. Mit ihren Entscheidungen beeinflussten sie den Verlauf der Weltpolitik und -wirtschaft. Zwischendurch erhielten sie kurze Experteninputs etwa zu Verhandlungstaktik und Diplomatie. 

Solche Simulationen werden auch als «serious gaming» bezeichnet. «Serious gaming greift alle Phasen des Lernprozesses auf. Die Teilnehmenden erhalten zwar theoretisches Wissen. Gleichzeitig machen sie praktische Erfahrungen, erhalten unmittelbares Feedback dazu und reflektieren so ihr Handeln und das Gelernte», sagt Diederik Stolk. Der Niederländer war Spielleiter der «St.Gallen Strategy Days» und ist ein international tätiger Experte und Universitätsdozent für politische und militärische Simulationen.

Nach den «St.Gallen Strategy Days» haben die Organisatoren aus dem SQUARE-Team ein Handbuch zu «serious gaming» erarbeitet und veröffentlicht.  Parallel dazu fand ein Workshop zu der Lehrmethode für HSG-Dozierende statt. 

Im Fernunterricht Lehrexperiment gewagt

Daneben setzen einige HSG-Dozierende seit Jahren auf spielerisches Lernen. Die HSG-Lehrbeauftragte und People Analytics-Expertin Lucia Görke gab den Teilnehmenden an den «St.Gallen Strategy Days» Inputs zu Leadershipthemen. An der HSG unterrichtet sie den Bachelorkurs «Psychologie: Führung in Krisenzeiten». Sie sagt: «Simulationen sind eine der effektivsten Möglichkeiten, mehr über strategische Ent-scheidungsfindung zu lernen.»

Görke suchte während des Corona-Lockdowns nach einer Methode, um den Online-Unterricht für die Studierenden attraktiv zu gestalten. Sie stiess auf die digitale Simulation «My Country», in der die Studierenden als Spione, Politiker:innen oder Diplomat:innen agieren. «Für mich war der Einsatz eines Spiels in einem Kurs auch ein Experiment» sagt sie. 

Das Experiment war erfolgreich: Das Engagement der Studierenden nahm stark zu, zudem ist Görke auch von der Wirksamkeit der Lernmethode überzeugt. «In Simulationen müssen die Studierenden unter Zeitdruck und Unsicherheit Entscheidungen fällen. Sie sind direkt davon betroffen, welche Ergebnisse ihre Handlungen zeigen. Das hat einen starken Lerneffekt.» Sie setzt darum auch jetzt, nachdem der Fernunterricht längst vorbei ist, «serious gaming» in Kursen ein. 

Studierende experimentieren mit Führung und Organisationskultur

Ein Kurs, der an der HSG seit Jahren Methoden von «serious gaming» einsetzt, ist die Organisationssimulation «Asperitas»: Diese findet im Rahmen des Kontextstudiums der HSG statt. Im Kurs nehmen Studierende in Gruppen verschiedene Rollen innerhalb eines produzierenden Unternehmens ein – sie bilden Abteilungen wie etwa HR, Marketing, Produktion oder Finanzen.

«Asperitas» - der lateinische Begriff bedeutet Rauheit – findet als Blockkurs statt, bei dem sich die Teilnehmende während drei Tagen in ihre Rollen vertiefen. «Zentral ist in der Simulation, dass die verschiedenen Abteilungen miteinander kooperieren, sonst geht ihr Unternehmen am Ende bankrott», sagt der HSG-Lehrbeauftragte und Organisationspsychologe Florian Schulz. Er leitet den Kurs ab dem Herbstsemester 2024 gemeinsam mit Julia Nentwich, HSG-Titularprofessorin und Psychologin. 

Die Simulation wird immer wieder von Reflexionsphasen unterbrochen, zudem führen die Studierenden ein Tagebuch zu ihren Erlebnissen. «Wir setzten dabei nebst schriftlichen Phasen auch eher intuitive Reflexion ein. Wir lassen die Studierenden beispielsweise ein Bild malen, das die Position ihrer Abteilung innerhalb des Unternehmens darstellt», sagt Schulz. 

Psychologe Schulz sieht die Stärke von «serious gaming» darin, dass die Lernenden eigene Erfahrungen machen, statt abstrakte Beispielfälle zu bearbeiten. «Das führt zu einer sehr nachhaltigen Lernerfahrung.» Die Studierenden könnten im Spiel auch viel ausprobieren, betont er: Sie können beispielsweise wählen, wie hierarchisch sie ihre Abteilung organisieren wollen und welchen Kommunikationsstil sie pflegen.

«Wir schaffen bewusst ein experimentelles Setting, innerhalb dessen die Studierenden die Unternehmenskultur gestalten können», sagt Schulz. Damit die Unternehmung erfolgreich sei, müssten Kommunikation und damit verbunden soziale Prozesse im Zentrum stehen. «Damit nehmen die Studierenden wichtige Erkenntnisse für die Arbeitswelt mit. In dieser sind heute soziale Skills mindestens so wichtige wie fachliches Wissen», sagt Schulz.
 

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