Campus - 11.01.2024 - 11:37
Um 5 Uhr steht Mario Schmid auf, ab 6 Uhr lernt er einige Stunden für sein HSG-Studium, den Rest des Tages arbeitet er in seiner TikTok-Agentur «Kaltes Wasser». Nach der Arbeit geht der 20-Jährige oft ins Fitnesszentrum. Ausserdem versucht er, täglich 10'000 Schritte zu machen und hört den Podcast des Stanford-Neurobiologen Andrew Huberman, der sich um die Optimierung von Gesundheit und Leistungsfähigkeit dreht. «Ich will das Maximum aus meinem Tag herausholen. Das ist auch nötig, denn sonst würde ich nicht alles schaffen», sagt Schmid.
Während er das sagt, wirkt er nicht angestrengt, sondern locker und motiviert. «Meine Arbeit macht mir Spass. Ich habe mit Freunden eine TikTok-Agentur gestartet und nach einigen Monaten sprachen plötzlich grosse Unternehmen mit uns. Es fühlt sich bis heute wie ein Spiel an, in dem wir neue Levels freischalten», so Schmid.
Die Agentur Kaltes Wasser produziert heute TikTok-Videos für Kunden wie die Schweizer Armee, Manor, Coop oder Sunrise und beschäftigt zehn Mitarbeitende. Gegründet hatte Schmid die Social Media-Agentur 2022 direkt nach der Matura mit zwei Schulfreunden. Das Kapital für die GmbH-Gründung verdienten sie während des Gymnasiums unter anderem damit, dass sie seltene Turnschuhe mit Gewinn weiterverkauften oder Webseiten für Unternehmen programmierten.
Seit Herbst 2023 studiert Schmid an der HSG im Bachelor Betriebswirtschaftslehre. «Für mich war immer klar, dass ich an der HSG studieren möchte. Sie ist die führende Wirtschaftsuni der Schweiz, ausserdem kann ich hier meine Erfahrungen als Unternehmer mit Hintergrundwissen zusammenbringen», sagt Schmid. So habe er beispielsweise im für alle Studierenden obligatorischen Buchhaltungskurs die Bilanz seiner Agentur analysiert.
Schmid und seine Mitgründer trafen im Sommer 2022 einen Nerv, als sie bei ersten Unternehmen anklopften, um Marketing via TikTok anzubieten. «Damals war das Medium noch bei kaum einem Schweizer Unternehmen präsent. Wir kamen also in einen Markt, in dem vieles möglich war», erinnert sich Schmid. Dass heute rund 3,15 Millionen Personen in der Schweiz TikTok nutzen und die Nutzerzahlen weiterwachsen, zeige, dass das Medium ein attraktiver Kommunikationskanal für Unternehmen sei.
Kaltes Wasser produziert vor allem Rekrutierungskampagnen. «Dabei geht es darum, eine authentische Geschichte über ein Unternehmen zu erzählen, das Ganze in maximal 45 Sekunden», sagt Schmid. Um gute Leute zu erreichen, müssten sich Arbeitgeber heute als attraktive Unternehmen positionieren, in denen man gerne arbeiten würde. «Die Zeiten, als auf eine ausgeschriebene Stelle hunderte Bewerbungen fast von selbst hereinkamen, sind vorbei.»
Interessieren sich TikTok-Nutzer für eine Stelle, so können sie sich mit einem Link, der direkt im Video angezeigt wird, bewerben. «Wir können so genau messen, wie viele Bewerbungen über diesen Kanal erfolgen», sagt Schmid. Für Sunrise hätten sie beispielsweise innert 24 Stunden 400 Bewerbungen generiert. Und kürzlich bewarben sich als Reaktion auf ein Kaltes Wasser-Video 30 ausgebildete Pflegefachkräfte auf eine Stelle. «Sie gehören zu den derzeit am meisten gesuchten Fachkräften. Wenn ich davon spreche, dass wir die grösste TikTok-Agentur der Schweiz werden wollen, meine ich auch solche Erfolgsgeschichten - und nicht nur nackte Zahlen», so Schmid.
Bäder oder Duschen mit kaltem Wasser haben laut Schmids bevorzugtem Podcaster Huberman positive Einflüsse auf den Hormonhaushalt. Sie erhöhen die Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin, die beide wiederum nachhaltig für bessere Konzentration und mehr Energie sorgen. Kommt daher der spezielle Name der Agentur? «Eher davon, dass wir für unsere Kunden ins kalte Wasser springen und ihre Präsenz auf TikTok von Null aufbauen. Ausserdem produzieren wir immer wieder Videos zu Themen, von denen wir am Anfang nicht besonders viel wissen – auch darum passt der Name.»
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