Campus - 14.11.2022 - 11:59
«In der heutigen Welt sind Daten omnipräsent. Daten, so heisst es manchmal, sind das neue Öl», sagt Johannes Binswanger, Professor für Betriebswirtschaft und Wirtschaftspolitik an der HSG. Diese Datenfülle können Unternehmen, NGOs und staatliche Organisationen dazu nutzen, bessere Entscheidungen zu fällen sagt Binswanger. «Viele Manager und Entscheidungsträger verstehen aber zu wenig, wie Datenanalysen funktionieren, welche Ressourcen sie brauchen und welchen Wert man daraus beziehen kann.» Auch darum gründete Binswanger 2017 das Zertifikat «Data Science Fundamentals» (DSF) für HSG-Bachelorstudierende.
Data Science bezeichnet einen interdisziplinären Bereich der Wissenschaft, der Erkenntnisse und Muster aus Daten herausfiltert und visualisiert und so Prognosen möglich macht. «Das DSF-Programm soll den Studierenden dabei helfen, die Lücke zwischen Managern und Datenanalysten zu schliessen», sagt Binswanger. «In unserer von Daten geprägten Welt sollten möglichst viele Studierende Grundkenntnisse von Data Science in die Arbeitswelt mitbringen», ergänzt Lyudmila Grigoryeva, assoziierte Professorin für Quantitative Methoden für Volkswirtschaftslehre an der HSG. Sie unterrichtet in der Auftaktveranstaltung des DSF gemeinsam mit Binswanger.
In dieser Startveranstaltung des DSF-Zertifikats – auch «Data Science Bootcamp» genannt - lernen die Studierenden grundlegende Programmierfähigkeiten und wie sie vorliegende Datenanalysen interpretieren können. Den Auftakt dazu bildet ein intensives, zweiwöchiges Blockseminar. Nach diesem programmieren die Studierenden in Gruppen zu einem selbstgewählten Thema einen eigenen Algorithmus, der basierend auf bestehenden Datensätzen Entscheidungen fällen kann. In den letzten Jahren waren darunter etwa Algorithmen zur Vorhersage von Waldbränden, von Verspätungen im ÖV, zur Einschätzung von Krebsrisiken oder zur Kreditwürdigkeit von Einzelpersonen.
Die restlichen DSF-Kurse nebst dem Bootcamp können die Studierenden aus einem breiten Angebot frei zusammenstellen. Einziger Pflichtkurs ist eine Einführung in rechtliche, politische, ethische, betriebswirtschaftliche und finanzwissenschaftliche Aspekte von Algorithmen. «Algorithmen tangieren heute fast alle Bereiche unseres Lebens. Deshalb bringen verschiedenste Fachrichtungen der HSG ihre Sicht auf Algorithmen ein», sagt Binswanger. Zur kritischen Auseinandersetzung mit Data Science gehöre zudem, dass die Studierenden bewerten können, welche Algorithmen sich für welche Problemstellungen eignen – und welche Risiken bestehen, dass Vorhersagen von Algorithmen falsch sind.
Im Bootcamp setzen die Dozierenden auf einen Mix von Theorie und Praxis: Einzelne Schritte zur Programmierung eines Algorithmus werden besprochen, danach probieren die Studierenden diese in kleinen Fallstudien aus. «Grundsätzlich stellen wir nur Theorie vor, die für die Anwendung nötig ist», sagt Binswanger. Verschiedene Gastreferenten bringen den Studierenden im Bootcamp zudem praktische Anwendungsbereiche von Algorithmen näher.
So stellen etwa Vertreter des Programms «Data Science for Social Good» der Universität Warwick wohltätige Anwendungen vor: 2022 entwickelten Studierende im Rahmen dieses Programms einen Algorithmus, der Kinderarmut für einzelne Regionen vorhersagen kann. Das erlaubt Hilfswerken einen gezielteren Einsatz von Ressourcen. «Ich spüre auch bei vielen HSG-Studierenden im Kurs den Anspruch, ihr Wissen für einen guten Zweck einzusetzen», sagt Grigoryeva, die vor ihrer Berufung an die HSG Direktorin des Studiengangs Data Science an der Universität Warwick war. Eine Aufgabe des DSF-Spezialprogramms an der HSG sieht sie auch darin, Berührungsängste abzubauen. «Studierende können den Kurs ohne besondere Vorkenntnisse besuchen. Heutzutage kann man im Bereich Data Science auch ohne vertieftes Expertenwissen sehr viele Anwendungen realisieren.»
Bild: Adobe Stock / Nicolas Herrbach
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