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Campus - 02.03.2023 - 13:33 

HSG Spin-Off züchtet mit Lebensmittelabfällen Insekten

Mit Lebensmittelabfällen, die heute in Biogasanlagen verrotten, will das HSG Spin-Off SmartBreed Insekten züchten. Diese liefern Proteine für das Futter von Nutztieren. So könnten regional und umweltschonend produzierte Proteine Soja im Tierfutter ersetzen.
Black soldier fly larvae on human hand

Lokal gezüchtete Insekten sollen importiertes Soja als Proteinlieferant im Tierfutter ersetzen: Das ist die Idee von SmartBreed, einem Spin-Off der HSG sowie der ETH Zürich. Seit 2019 entwickelt SmartBreed digital überwachte und steuerbare Zuchtanlagen für verschiedenste Insekten. Ein wichtiger Geschäftszweig waren bis vor kurzem mobile Anlagen, mit denen Legehennenbetriebe Grillen und Heuschrecken als Hühnerfutter vor Ort züchten konnten.

Doch im Oktober 2022 entschied der Bund, dass die Fütterung lebendiger Insekten an Nutztiere vorerst nicht erlaubt ist. «Der Entscheid kam für uns überraschend. Im Rückblick hat er uns aber gezwungen, uns zu fokussieren», sagt der 26-jährige Patrik Bertschi, der mit seinen Brüdern Christoph und Adrian SmartBreed gegründet hat. 

Insekten verwerten Lebensmittelabfälle

Das Startup setzt seit dem Bundesentscheid voll auf die Entwicklung von Zuchtanlagen für Soldatenfliegenlarven und Mehlwürmern. Die Insekten ernähren sich in der Zucht von Nebenprodukten aus der Lebensmittelindustrie. Das sind beispielsweise Kleie, Schalen von Hülsenfrüchten, Früchte- und Gemüseresten sowie nicht verkaufte Lebensmittel aus dem Einzelhandel. 

Sind die Insekten ausgewachsen, werden sie zu Pulver verarbeitet, das als Protein im Futter von Nutztieren dient. «Wir wollen die möglichst effiziente Nutzung von Proteinen in den Reststoffen aus der Lebensmittelproduktion ermöglichen», sagt Bertschi. Nach der Verwertung durch die Insekten sollen die übrig gebliebenen Reststoffe in Biogasanlagen vergären. 

Das lokal produzierte Insektenprotein kann zudem einen Teil des Sojas ersetzen, das heute im Nutztierfutter ein wichtiger Proteinlieferant ist. Die Schweiz importierte laut neusten Zahlen 2021 rund 248'000 Tonnen Soja, davon 79 Prozent aus Europa und 19 Prozent aus Brasilien. Gerade der boomende Sojaanbau in Brasilien setzt Naturflächen unter Druck und der Import verursacht CO2-Emissionen. «In der Schweizer Landwirtschaft besteht ein grosses Potential, CO2 einzusparen. Wir möchten mit lokal produziertem Tierfutter dazu beitragen», sagt Bertschi.

Lokale Zuchtstationen verringern Lieferfahrten

SmartBreed agiert in einem Geschäftsfeld, in dem Vieles in Bewegung ist: In der EU ist die Verfütterung von verarbeitetem Insektenprotein an Schweine und Geflügel seit Ende 2021 erlaubt. Das Schweizer Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen arbeitet momentan an einer Lockerung, die dies ebenfalls erlauben soll. «Wir hoffen zudem, dass wir ab Mitte 2023 eine Ausnahmebewilligung erhalten, um unser Insektenprotein als Futter für Nutztiere zu testen», sagt Bertschi.  

SmartBreed untersucht aktuell bereits in einem Fütterungsversuch an Legehennen den Einfluss einer Insektenfütterung als Proteinträger auf das Ei und das Tierwohl. «Erste Ergebnisse sehen vielversprechend aus», sagt Bertschi. Sein Startup wird neben der Klimastiftung Schweiz von VentureKick und Innosuisse gefördert. 

Zudem sollen dieses Jahr auch erste Zuchtanlagen direkt bei Lebensmittelverarbeitern oder in der Nähe von Biogasanlagen gebaut werden. «Bei den Biogasanlagen treffen täglich grosse Mengen an Reststoffen aus der Nahrungsmittelproduktion ein, weshalb der Anbau einer Insektenstation direkt bei der Reststoffquelle Sinn macht», sagt Bertschi. Eine SmartBreed-Zuchtanlage, in der die Insekten die Reststoffe verwerte, messe etwa fünf Meter im Quadrat und sei acht Meter hoch. «Unsere Zuchtstationen sind damit im Vergleich zu konventionellen Insektenzuchtanlagen klein, günstig und rasch aufgebaut», sagt Bertschi. Bisherige Zuchtan-lagen kosteten schnell mehrere Millionen und würden zentralisiert geplant, was wiederum Lieferfahrten auslöse. «Wir möchten im Gegensatz dazu lokal umsetzbare Lösungen anbieten.»

Unternehmerische Förderung an der HSG

Patrik Bertschi hat an der HSG einen Bachelor in Rechtswissenschaften abgeschlossen, sein Bruder und Co-Gründer Christoph einen Bachelor in VWL. «Das Rechtsstudium hat per se nicht viele Berührungspunkte mit Unternehmertum. Aber die Kultur an der HSG ist davon geprägt, dass viele Studierende neben dem Studium arbeiten.» Diese frühen Kontakte mit der Industrie vermittelten wertvolle Praxiserfahrungen, sagt Bertschi. 

SmartBreed durchlief zudem das «Entrepreneurial Talents»-Programm der HSG. Dieses fördert Jungunternehmer:innen an der HSG mit Coachings und einem finanziellen Beitrag. «Diese Förderung war für uns sehr wertvoll», so Bertschi, der zum Abschluss des Programms im November 2022 mit weiteren HSG-Gründer:innen in die «Startup-Nation» Israel reisen konnte. «Die Reise hat mich inspiriert und mir auch aufgezeigt, wo wir uns als Startup noch weiterentwickeln können.» 


 


 

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