An der Universität St. Gallen achten wir auf einen diskriminierungsfreien Sprachgebrauch. Wenn wir Menschen ansprechen oder über Menschen schreiben, verwenden wir eine respektvolle und inklusive Sprache.
Wie gelingt es uns, inklusiv zu formulieren, so dass wir alle Menschen respektvoll ansprechen und ihnen das gleiche Mass an Anerkennung zukommen lassen?
Verschaffen Sie sich hier einen Überblick. Für einen vertieften Einblick können Sie den Leitfaden für eine inklusive Sprache oder den APA Inclusive Language Guide zu Rate ziehen. Letzterer ist auch Teil des APA Style Manuals, unser massgeblicher Standard für wissenschaftliches Schreiben.
Substantivierung von Partizipien und Adjektiven
Die Mitarbeitenden; die Studierenden (Achtung: nur im Plural)
Umschreibungen, Ableitungen und Kollektivbezeichnungen
Die Vertretung; das Kollegium, die Pflegekraft; Fachkräfte, Lehrkräfte, das Team, medizinisches Personal
Geschlechterneutrale Personenbezeichnungen
Beschäftigte, Anwesende (Achtung, nur im Plural)
Eltern, Geschwister
Das stimmberechtigte Mitglied (Statt: Der Stimmberechtigte)
Jede einzelne Person entscheidet ... (Statt: Jeder Einzelne entscheidet ...)
Alle haben das Recht ... (Statt: Jeder hat das Recht ...)
Wer am Unisport teilnehmen will, muss … (Statt: Unisportteilnehmer müssen …)
Zum Beispiel durch direkte Anrede:
Bitte beachten Sie, dass ...
Sie sind teamfähig und bringen Erfahrung im Bereich Soziologie der Arbeit mit
Zum Beispiel mit Hilfe von Adjektiven:
Die ärztliche Diagnose (Statt: Die Diagnose des Arztes ...)
Zum Beispiel durch Verben statt Nomen:
herausgegeben von statt Herausgeber
geschrieben von statt Autor (genderleicht.de)
Zum Beispiel durch Passivkonstruktionen:
Das Formular ist bei der Prüfungsadministration einzureichen.
(Statt: Jeder muss das Formular bei der Prüfungsadministration einreichen)
Doppel:punkt
Die Professor:innen
Achtung: nur im Plural sinnvoll zu verwenden. Falls doch im Singular, dann nur in Sätzen ohne Beugung.
Gendersternchen
Die Professor*innen
Achtung: nur im Plural sinnvoll zu verwenden. Falls doch im Singular, dann nur in Sätzen ohne Beugung.
Doppelform
Die Professorinnen und Professoren
Empfohlen wird die Nennung der jeweils unterrepräsentierten Gruppe an erster Stelle („Professorinnen und Professoren“ bzw. „Kindergärtner und Kindergärtnerinnen“).
Achtung: Hiermit verbleiben wir im binären Geschlechterverständnis.
Alternativen zur Doppelform: Abwechselnde Verwendung im Verlauf des Texts
mal die Professorinnen, mal die Professoren.
Alternativen zur Doppelform: Spielerischer Umgang
Die Doppelform eignet sich durch den bewussten Einsatz von Überraschungseffekten auch zum Hinterfragen von Rollenklischees:
Chefärztinnen und Oberärzte (genderleicht.de)
Kosmetiker und Automechanikerinnen
Persönliche Anrede, zum Beispiel
Guten Tag Sascha Muster
Hallo Kim Müller
Im Plural neutral, zum Beispiel:
Liebe Universitätsangehörige
Im Plural mit Sichtbarmachung, zum Beispiel
«Meine sehr verehrten Damen und Herren und alle dazwischen und ausserhalb.» (Jan Böhmermann im ZDF Magazin Royale)
«Ladies and Gentlemen and everybody beyond» (Republik Magazin)
Verwenden Sie die Bezeichnungen, die Menschen für sich selbst verwenden. Akzeptieren Sie, dass die Bezeichnungen sich verändern können und dass es innerhalb von Communities darüber auch Kontroversen geben kann. Bemühen Sie sich herauszufinden, welches für Ihre Zielgruppe oder für Ihre Studienteilnehmenden die beste Bezeichnung ist. Beachten Sie, dass aus Selbstermächtigungsgründen manchmal stigmatisierende Begriffe für die Selbstbezeichnung verwendet werden, das bedeutet jedoch nicht, dass die Community diese als Fremdbezeichnung wünscht.
Stellen Sie sicher, dass die Individualität und die Menschlichkeit der beschriebenen Personen geachtet werden.
Vermeiden Sie Formulierungen, die Menschen mit einer bestimmten Zuschreibung oder einer gesundheitlichen Kondition gleichsetzen, wie z.B. „die Homosexuellen“, „die Alten“, „die Armen“, „die Putzfrauen“, “die Migranten“, „die Lernbehinderten“, „die Drogensüchtigen“.
Geben Sie stattdessen einer den folgenden Strategien den Vorzug, mit denen Sie den Menschen in den Vordergrund stellen.
Vermeiden Sie unpräzise oder abwertende Labels, z.B. „sprachlich schwache Studierende“ und verwenden Sie stattdessen neutrale Fachbegriffe, z.B. “Studierende mit Legasthenie bzw. Dyslexie“.
Wenn wir Gruppen vergleichen, achten wir darauf, implizite Massstäbe von 'Normalität' zu vermeiden. Mitglieder einer Mehrheitsgruppe neigen dazu, ihre eigene Gruppe als Standard zu setzen, gegen welchen andere gemessen werden. Die Verwendung des Adjektivs 'normal' impliziert dann den Vergleich mit dem 'Abnormalen' und wirkt dadurch stigmatisierend für Individuen, die von der so definierten 'Normalität' abweichen.
Beispiel sexuelle Orientierungen: Wenn wir zum Beispiel von „lesbischen Frauen“ sprechen und sie mit „normalen Frauen“ oder mit „der Allgemeinheit“ vergleichen, marginalisieren wir sie. Wenn also ein Vergleich zur begrifflichen Abgrenzung nötig ist, verwenden wir eine parallele Bezeichnung für die Vergleichsgruppe, z.B. „schwule Männer“, „heterosexuelle Frauen“, „pansexuelle Frauen“, „heterosexuelle Transmenschen“ oder „asexuelle Menschen“.
Die gewählte Reihenfolge einer Aufzählung kann Normsetzungen verstärken oder ihnen entgegenwirken. Die erstgenannte Gruppe wird häufig wahrgenommen als die Gruppe, die den Standard bildet, und die nachgenannten als die, die von diesem Standard abweichen. Phrasen wie „Männer und Frauen“ oder „White Americans and racial minorities“ spiegeln in diesem Sinne die gesellschaftliche Dominanz der erstgenannten Gruppe wider. Beim letzten Beispiel kommt noch hinzu, dass im Gegensatz zur dominanten Mehrheitsgruppierung alle Minderheiten in einen Topf geworfen werden, anstatt sie spezifisch zu bezeichnet [-> parallele Bezeichnung].
Vermeiden Sie daher, standardmässig eine Reihenfolge entsprechend zur sozialen Dominanz zu wählen und wählen Sie stattdessen eine der folgenden Alternativen.
Sprache ist im Fluss. Was als angemessen gilt und was nicht, kann sich im Zuge von gesellschaftlichen Entwicklungen ändern und manchmal haben wir den Eindruck, wir sind vielleicht nicht auf dem neuesten Stand. Keine Sorge, es geht nicht um Perfektion. Wichtig ist, unterschiedlichen Perspektiven gegenüber offen zu sein und zuzuhören, insbesondere den Angehörigen marginalisierter Gruppen.
Solange Sie sich sprachlich nicht ehrverletzend oder sonst rechtswidrig verhalten, können Sie privat sprechen, wie Sie möchten. Statt „Was darf man denn noch sagen“ können wir uns die Frage stellen „Wie möchten wir gerne sprechen?“
Als Teil einer Institution sind Sie angehalten, am einheitlichen Kommunikationsauftritt mitzuwirken und damit die Markenidentität nach aussen zu tragen. Neben Empfehlungen zu vielen anderen sprachlichen Themen sind auch Guidelines zur inklusiven Sprache Teil der Markenidentität.
Als Teil der wissenschaftlichen Community sind Sie angehalten, die Vorgaben zum wissenschaftlichen Stil zu befolgen, wie sie in den üblichen Zitierstandards geregelt sind und ganz konkret, wie sie von den publizierenden Verlagen eingefordert werden. In den meisten Fällen beinhaltet dies neben den technischen Zitationsregeln auch klare Vorgaben zur inklusiven bzw. diskriminierungsfreien Sprache, ganz im Sinne einer präzisen, akkuraten und klaren wissenschaftlichen Sprache. So haben die beiden in unseren Fachbereichen zumeist verwendeten Zitationsstandards in ihren Manuals eigene Kapitel zur inklusiven Sprache: «Bias-Free Language» im APA Style und «Principles of Inclusive Language» im MLA Style.
Wen die sprechende oder schreibende Person in einer bestimmten Situation tatsächlich meint, können wir nicht wissen. Wir wissen aber, wie das ‘generische’ Maskulinum wirkt: psycholinguistische Studien haben vielfach belegt, dass bei Verwendung des maskulinen grammatikalischen Geschlechts in erster Linie das männliche Geschlecht assoziiert werden, mit nicht zu unterschätzenden Auswirkungen auf die Teilhabe von anderen Geschlechtern.
Historisch betrachtet hat man mit der maskulinen grammatikalischen Form selbstverständlich nur die Männer gemeint. Entsprechend war das damals das schlagende Argument gegen das Frauenwahlrecht: Als die Forderung erhoben wurde, dass auch Frauen wählen dürfen, wenn in der Bundesverfassung steht «Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich» (Art. 4) und «Stimmberechtigt bei Wahlen und Abstimmungen ist jeder Schweizer, der das 20. Altersjahr zurückgelegt hat» (Art. 43), hat das Bundesgericht in den letzten 140 Jahren dreimal entschieden, dass die Frauen nicht mitgemeint sind. Die Idee, mit der Rechtsgleichheit für «alle Schweizer» Frauen mitzumeinen, wurde 1887 als «ebenso neu wie kühn» abgewiesen (Fall Emilie Kempin-Spyri) und 1923 und 1957 wurde das Frauenstimmrecht gemäss gewohnheitsrechtlicher Auslegung von den Bundesrichtern weiterhin abgelehnt.
Seit mehr als 30 Jahren hat sich die Abkehr vom generischen Maskulinum in der Schweiz etabliert: gemäss Bundesratsbeschluss vom 7. Juni 1993 und wie vom Parlament gefordert sind deutschsprachige amtliche Texte geschlechtergerecht zu formulieren (Bundeskanzlei, 2023).
Im Vergleich zu anderen Sprachen ist die deutsche Sprache besonders stark gegendert. Manche Sprachen kennen nur das semantische Geschlecht (z.B. Finnisch, Türkisch), also eine insgesamt neutrale Sprache, bei der nur Begriffe mit männlicher oder weiblicher Bedeutung (wie «Frau» oder «Mann») ein Geschlecht verraten. Andere Sprachen (z.B. Englisch) kennen neben dem semantischen Geschlecht auch das referentielle Geschlecht mit geschlechtlichen Personalpronomen. Das Deutsche gehört zu den Sprachen, die zusätzlich noch das grammatikalische Geschlecht aufweisen, indem allen Nomen ein Geschlecht zugewiesen ist. Das bedeutet, wir können gar nicht NICHT gendern. Wir können allerdings entscheiden, ob wir weiterhin eine traditionell durch und durch männlich geprägte Sprache verwenden oder ob wir uns aktiv darum bemühen, unsere Sprache zu neutralisieren bzw. ausdrücklich inklusiv gestalten.
Unser Leitfaden für eine inklusive Sprache erläutert die Bedeutung des inklusiven Sprachgebrauchs und zeigt Umsetzungsmöglichkeiten für eine gendergerechte Sprache auf. Anknüpfend an unsere Vision und unseren Code of Conduct wurde er gemeinsam mit HSG-Angehörigen aus der Faculty, den Studierenden und der Verwaltung entwickelt.
Der internationale Zitierstandard für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften verlangt eine klare, präzise und diskriminierungsfreie Sprache. Auf APA-Website bzw. im Kapitel 5 des Publication Manuals (7th) finden Sie allgemeine Prinzipien zum inklusiven und respektvollen Sprachgebrauch und ausführliche Hinweise zu einzelnen Diversitätskategorien.
General Principles for Reducing Bias Historical Context Age Disability
Gender Participation in Research 'Racial' and Ethnic Identity Sexual Orientation
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Fachspezialistin Diversity, Equality & Inclusion