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Campus - 19.12.2022 - 10:58 

HSG-Professor spricht an ukrainischer Universität über Wiederaufbau

Kürzlich hielt der HSG-Innovationsexperte Oliver Gassmann vor Studierenden der ukrainischen Odessa National Economics University eine Vorlesung darüber, wie der Wiederaufbau des kriegsgeschädigten Landes funktionieren könnte. 

Der HSG-Professor Oliver Gassmann spricht als weltweit bekannter Innovationsexperte regelmässig vor Topmanager:innen und an internationalen Anlässen. Doch die Vorlesung, die er am 13. Dezember für rund 50 Studierende der ukrainischen Universität von Odessa hielt, hinterliess bei Gassmann einen tiefen Eindruck: «Zu Beginn der Veranstaltung gab es einen Hinweis, dass sich die Studierenden im Falle von Luftalarm in Sicherheit bringen sollten. Im Publikum sassen fast nur Frauen, da die meisten Männer mit der Landesverteidigung beschäftigt sind.» Er sprach von St.Gallen aus online zu den Business-Studierenden der Odessa National Economics University. Die Universität von Odessa an der Küste des Schwarzen Meers, eine der ältesten und wichtigsten Hochschulen der Ukraine, hat aufgrund des Krieges komplett auf Onlineunterricht umgestellt. In den Universitätsgebäuden sind die Stromversorgung und die Sicherheit nicht gewährleistet. 

«Für mich war sofort klar, dass ich helfen will»

Gassmann, der am HSG-Institut für Technologiemanagement den Lehrstuhl für Innovationsmanagement innehat, hatte im Herbst eine Anfrage der ukrainischen Universität erhalten. Diese wollte für ihren Unterricht zusätzliches Material zum weltweit etablierten St.Gallen Business Model Navigator erhalten. «Für mich war sofort klar, dass ich die ukrainischen Dozierenden und Studierenden solidarisch unterstützen will», sagt Gassmann. «Ich habe ihnen Fallstudien und Weiteres zur Verfügung gestellt. Und ich habe den Verantwortlichen der Universität angeboten, den Navigator in einer Vorlesung vorzustellen und dabei auch auf Herausforderungen in der Ukraine einzugehen.»

Gassmanns Vorlesung rundete ein Semester ab, während dem die Studierenden der ukrainischen Wirtschaftsuniversität anhand des St.Gallen Business Model Navigators Konzepte für ihre Startups entworfen hatten.

Unternehmensgründung als Existenzfrage

Die ukrainische Wirtschaft hatte vor dem Krieg eine Wirtschaftskraft von rund 200 Mia. Euro. Aufgrund des Krieges ist diese Leistung massiv eingebrochen. «Für viele Menschen in der Ukraine ist die Gründung neuer Unternehmen auch eine langfristige Existenzfrage», sagt Gassmann. Denn der Krieg hinterlasse mit einer am Boden liegenden Wirtschaft viele Arbeitslose.  

In Konferenzen hat die internationale Gemeinschaft bereits in Aussicht gestellt, hunderte Milliarden in den Wiederaufbau des Landes zu investieren. «Dieser Neuanfang kann für die Ukraine auch eine Chance sein, ihre Wirtschaft zu transformieren», sagt Gassmann. Bisher habe das Land vor allem Rohstoffe wie Weizen, Sonnenblumenöl und Eisenerz exportiert. «Eine neue ukrainische Wirtschaft könnte auf mehr Wertschöpfung im eigenen Land setzen.»

Dafür brauche es das Zusammenspiel des gewaltigen, international finanzierten Wiederaufbauplans und der Geschäftsideen der ukrainischen Bevölkerung vor Ort. «Die Gelder sollten idealerweise auf gut ausgearbeitete Geschäftsmodelle vor Ort treffen», sagt Gassmann. «Allgemein ist die Ukraine beispielsweise bekannt als Land mit viel IT-Kompetenz. Sektoren wie IT und Services müssten darum beim Wiederaufbau wachsen.» Aber auch im Bereich physischer Güter gebe es in der Ukraine teils hochmoderne Fabriken im Umfeld von Kiew. 

In seiner Vorlesung stellte Gassmann den Studierenden Beispiele von erfolgreichen Geschäftsmodellen vor – etwa jenes von BillionBricks für nachhaltige und einfach gehaltene Wohngebäude in Schwellenländern, die über den Strom aus den Solarpanels auf dem Hausdach teilfinanziert werden. 

Im Anschluss gab es eine 45-minütige Diskussion, während der die Studierenden Fragen stellen konnten. Die Vorlesung wurde aufgezeichnet und soll künftig im Startup-Kurs an der Odesa National Economics University weiterhin verwendet werden. Er sei froh, wenn er damit zum Aufbau von ukrainischen Startups beitragen könne, sagt Gassmann. Er habe viel «Drive» bei den jungen Menschen gespürt. «Mich hat beeindruckt, wie sie vor Ort unter schwierigsten Umständen weiterhin an ihrer Zukunft arbeiten», sagt Gassmann. 
 

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