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Campus - 22.03.2023 - 14:32 

Startup von HSG-Absolventen rettet Proteine aus Bierbrauprozess

Beim Bierbrauen fallen pro 100 Liter Bier rund 25 Kilogramm Biertreber an. Aus diesem Nebenprodukt, das aus Gerste besteht, will ein Startup von HSG-Absolventen Proteine und Ballaststoffe gewinnen. Diese wertvollen Nährstoffe gehen so in die Lebensmittelproduktion zurück.

Jungunternehmer Vincent Vida hat einen Traum: Anfang Mai will sein Startup Upgrain die laut Vida grösste Upcycling-Anlage Europas im Lebensmittelbereich in Betrieb nehmen. Diese Anlage in der Appenzeller Brauerei Locher gewinnt aus Biertreber – ein Nebenprodukt der Gerste aus dem Brauprozess – Proteine und Ballaststoffe. Daraus entstehen Protein- oder Ballaststoffkonzentrate sowie ein proteinreiches Mehl.

Lebensmittelhersteller können diese verschiedenen Pulver beispielsweise in Müesli, Backwaren oder Pasta verarbeiten. «Die Lebensmittel werden durch den höheren Protein- und Ballaststoffgehalt gesünder», sagt Vida. «Gleichzeitig retten wir die wertvollen, lokal produzierten Nährstoffe aus dem Biertreber.» Dieser wird aktuell noch unbehandelt in Biogasanlagen verwertet oder Bauern nutzen ihn als Tierfutter. Vida: «Unsere Anlage soll den kompletten Bietreber, der bei der Brauerei Locher anfällt, weiterverarbeiten können.» Pro Jahr könnten so aktuell rund 2500 Tonnen Protein- und Ballaststoffpulver entstehen. 

Der HSG-Absolvent Vida arbeitet für seine Geschäftsidee mit viel Leidenschaft. Diese ist zu spüren, wenn der 29-Jährige durch die Brauerei geht: Er erklärt Produktionsprozesse, bespricht mit Technikern Details zum Aufbau der Upcycling-Anlage und kennt sich im Labyrinth der Industriehallen bestens aus. Seit Anfang 2022 hat Upgrain in der Brauerei ein Büro. Schon seit 2018 arbeitet Vida an der Entwicklung der Upcycling-Idee. 

Startup wurde mit HSG-Gründerpreis ausgezeichnet

Vida hat an der HSG einen Master in Unternehmensführung absolviert. «Dabei habe ich Einiges über die Gründung und den Aufbau von Startups gelernt», sagt er. 2021 wurde Upgrain an der Gründerkonferenz Start Summit mit dem Konferenzaward und einem Preisgeld von 25'000 Franken ausgezeichnet. Der Start Summit wird von HSG-Studierenden organisiert und ist Europas grösste Startup-Konferenz.

Aktuell übernimmt Vida bei Upgrain neben der Businessseite auch die technische Entwicklung. «Ich bin zwar der CEO, gleichzeitig aber auch eine Art CTO.» Er habe sich in den letzten Jahren umfangreiche Kenntnisse im Maschinenbau angeeignet und die Upcycling-Anlage gemeinsam mit Experten entwickelt. Beim Einbau vor Ort wird er von externen Teams sowie Mitarbeitenden der Brauerei unterstützt. «Ich stehe jeden Tag mit ihnen in den Hallen der Brauerei und arbeite an der Umsetzung.» Vida und sechs Mitarbeitende haben in Appenzell mittlerweile ein Haus bezogen, wo sie arbeiten und einige von ihnen auch wohnen. Die meisten Mitarbeitenden haben einen HSG-Hintergrund – sie sind Absolvent:innen, Doktorierende oder aktuell noch Studierende.

Vorher arbeitete Vida unter anderem im Investment-Banking in Zürich. «Ich wollte etwas machen, das Nachhaltigkeit schafft», sagt er zum Wechsel. «Der Kontrast zwischen Zürich und Appenzell war zu Beginn schon sehr gross. Mittlerweile gefällt es mir hier gut und es beeindruckt mich, wie hart die Appenzeller arbeiten.» 

Fünf weitere Upgrain-Mitarbeitende sind in Köln tätig. Diese kümmern sich unter anderem um den Vertrieb: Upgrain will die Protein- und Ballaststoffpulver sowie sein Mehl vor allem an Lebensmittelhersteller verkaufen. Einzelkonsumenten können Müesli und Pizza mit aus Bietreber gewonnenem Protein bereits jetzt bei einzelnen Lebensmittelhändlern kaufen. Dafür hat Vida das Startup Grainmade gegründet, das seine Produkte direkt neben der Brauerei produziert. 

Gerstenprotein ist nachhaltiger als Soja

Vida lernte Aurèle Meyer, Geschäftsführer der Brauerei Locher, während seines Studiums kennen, als dieser an der HSG einen Vortrag hielt. Heute ist die Brauerei an Upgrain beteiligt. «Upgrain kann Brauereien dabei unterstützen ihre Nebenprodukte nachhaltig zu nutzen und damit einen essenziellen Mehrwert schaffen», sagt Karl Locher, Verwaltungsratspräsident der Brauerei.

Vom nachhaltigen und geschäftlichen Potential des Biertrebers ist Vida überzeugt: «Die daraus gewonnenen Proteine sind günstiger und nachhaltiger als solche aus Erbsen oder Soja.» Weil zudem ein Nebenprodukt verwertet werde, seien für die veganen Proteine keine zusätzlichen Anbauflächen nötig. Laut einer Studie des vom BAFU unterstützen «Netzwerk Ressourceneffizienz Schweiz» (Reffnet) verursachen Proteine aus Biertreber zudem 60 Prozent weniger Umweltbelastungen als solche aus Soja. Die Gerste für die Brauerei Locher wird laut Angaben der Brauerei im Appenzellerland und in anderen Bergregionen der Schweiz angebaut, ein Teil wird auch importiert. 

Upgrain sei aktuell auch mit weiteren Brauereien im Gespräch. «Unsere Technologie ist skalierbar und kann nach der Feinjustierung in Appenzell auch an anderen Standorten eingesetzt werden», sagt Vida. Längerfristig, so Vida, hoffe er auf Partnerschaften mit Brauereien im gesamten DACH-Raum. 
 

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