Campus - 05.10.2016 - 00:00
6. Oktober 2016. Der Kontext der Universität St.Gallen bildet das künstlerische Spielfeld der Arbeiten. «Wir haben in einem schweizweiten Wettbewerb Künstler gesucht, die mit ihrer Arbeit einen Bezug herstellen zu dieser Uni. Die Kunstwerke sollen anregen nachzudenken, über Kunst, warum Kunst auch relevant ist an einer Wirtschaftsuni oder für die Gesellschaft generell», sagt Christina Lüthy, Initiatorin der Intervention und Doktorierende an der HSG.
Routinen aufbrechen
Im Zentrum der Intervention stehen vier Kunstwerke. Diese sind nicht nur zu sehen, sondern auch zu riechen und zu hören. Geradezu unausweichlich ist PGONG-2016-10.WAV, der modifizierte Pausengong des Züricher Künstlers Vinzenz Meyner. «Ich dachte ehrlich gesagt, das sei eine technische Störung, dass irgendwas nicht in Ordnung ist», sagt ein Student, der das Signal mehrmals in einer vierstündigen Vorlesung hörte. «Das bringt den Ablauf durcheinander. Normalerweise redet der Prof immer weiter, wenn der Gong geht. Jetzt macht er immer zehn Sekunden Pause.» Tatsächlich beabsichtigt der Künstler mit der Arbeit einen Bruch mit Routinen, einen Eingriff in den Taktgeber des Campus. «Institutionen, zu denen auch diese Universität gehört, sind voll von Regeln und Strukturen», sagt Vinzenz Meyner. «Diese beeinflussen kaum bemerkbar uns sowie unsere Handlungen. Mich interessiert: Was passiert wenn solche Routinen aufgebrochen werden?»
Der Duft der HSG
Auch der Arbeit 104‘277 m3 Campus HSG des Kollektivs Hauser, Fischer, Tellenbach, Hofer, Hänni, Janssen kann man sich kaum entziehen. Denn die sechs Künstlerinnen arbeiten mit Duft. Was ist der Duft der HSG? Dieser Frage ist das Kollektiv drei Tage lang intensiv auf dem Campus nachgegangen. «Wir versuchen das Gebäude zu erfassen, die Strukturen seiner Räume, die Kunstwerke der HSG. Wir versuchen einen Eindruck von den Menschen hier zu bekommen, von der Atmosphäre, den Emotionen.» Aus all dem entwickelt das Kollektiv ein Riechwasser in Zusammenarbeit mit einem Züricher Parfümeur. Lassen sich der Campus und sein Leben in einem Duft erfassen? Welchen Zugang zu diesem Ort verschafft der Duft? Am Donnerstag und Freitag strömt die Geruchskomposition durch ausgewählte Räume der HSG.
Kunst und ökonomische Logik
Jungunternehmertum, das Leben als wirtschaftliches Ereignis sowie das Verhältnis von Kunst und ökonomischer Logik thematisiert Martina Mächler eindrücklich in ihrer Performance «Balance». Diese findet im Sitzungszimmer des Rektorats statt – ein Raum, der für Studierende sonst nicht zugänglich ist. Monoton und emotionslos trägt die Künstlerin persönliche Details aus ihrem Alltag vor: Ihre gesamten Einnahmen und Ausgaben, unzumutbare Arbeitsbedingungen oder die ihr Budget ins Wanken bringende Erhöhung des Krankenkassenbeitrags. Unsere individuelle Rolle im ökonomischen System befragt hingegen die skulpturale Installation «Statisten der Wirtschaft» des Künstlerduos Wittmer&Koenig. In den Himmel schiessende Visiere mit ihren leuchtenden Spitzen verweisen auf die permanente Rekonfiguration von Raum. Wie bewegen wir uns in diesem fluiden Kontext, der auch die Wirtschaft umfasst? Welche Rolle nehmen wir darin ein und welche möchten wir eigentlich einnehmen?
Flankiert wird die Intervention von einem vielfältigen Rahmenprogramm. Ständige Anlaufstation ist die Intervention-Lounge im Hauptgebäude. In anregendem Ambiente erhalten Interessierte alle wichtigen Informationen zu den Kunstwerken, den Künstlerinnen und Künstlern. Auch werden mehrmals täglich Kurzführungen zu den Kunstwerken angeboten. Vertiefen lassen sich die Inhalte bei innovativen Gesprächsformaten wie dem «Artist Picknick» oder der klassischen Podiumsdiskussion mit Experten aus dem Bereich Kunst auf der Schnittstelle zur Wirtschaft. Die Intervention läuft bis zum 7. Oktober.
Die Autorin, Dana Sindermann, ist wissenschaftliche Assistentin am Institut für Wirtschaftsethik.
Bild: Christina Lüthy
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