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Veranstaltungen - 05.07.2013 - 00:00 

Generationenübergreifendes Unternehmertum

Sei es, um Familienunternehmen über Generationen hinweg zu Erfolg zu verhelfen oder die Zukunft eines milliardenschweren Familienkonzerns im Auge zu behalten: Am Family Business Day von IFERA wird über den Erfolg von Familienbetrieben gesprochen.<br/>

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8. Juli 2013. Die International Family Enterprise Research Academy (IFERA) beendete ihre dreitägige Konferenz im Weiterbildungszentrum Holzweid mit einem Family Business Day. Der Anlass brachte die wissenschaftliche Gemeinschaft mit internationalen Unternehmern zusammen, die auf Familienfirmen ausgerichtet sind.

Den Auftakt machten die Vorträge von zwei Experten, die auf ihrem Gebiet führend sind: Tim Habbershon von Fidelity Investments, USA, und Karl-Erivan Haub, CEO der deutschen Tengelmann-Gruppe, machten die Konferenzteilnehmer mit den Themen des Tages vertraut.

Tücken umschiffen
Tim Habbershon ist Geschäftsleiter der Fidelity Investments, dem grössten Anlagefondsunternehmen in den USA. 2006 war er auch Gründungsdirektor des Institute for Family Enterprising am Babson College in Wellesley, Massachusetts. Gegenwärtig arbeitet Habbershon mit Familienunternehmen, wobei der Schwerpunkt auf dem von ihm am Babson College entwickelten Konzepts des generationenübergreifenden Unternehmertums liegt.

Habbershon baut mit seinem Ansatz ein gesprächsbasiertes Konstrukt auf, mit dem im Familienunternehmen optimale Vorgehensweisen gefördert und gleichzeitig die Tücken umschifft werden sollen, die manchmal mit Familienbetrieben einhergehen. Er versuche, Familien dazu zu bringen, zur richtigen Zeit über die richtigen Dinge zu sprechen, sagt Habbershon.

«Familienhaftigkeit»
Tim Habbershon ist überzeugt, dass von Familien betriebene Firmen gegenüber anderen Unternehmen einen Vorteil aufweisen, weil sie sich eine geteilte Leidenschaft und gemeinsame Ziele zu Nutze machen können. Dazu muss eine Familie jedoch verstehen, was sie für ein erfolgreiches Vorankommen einzigartig macht.

Habbershon stellte auch fest, dass die einzigartige Chronik jeder Familie – ihre Herkunft, ihre Geschichte, ihre Mitglieder – erkannt werden muss. «Die Familienhaftigkeit gründet auf einem Gefühl der Identität und der Absichtlichkeit.»

Generationenübergreifend
Wenn ein Familienunternehmen dauerhaften Bestand haben soll, ist das Augenmerk auf die nächste Generation zu richten. Tim Habbershon sagte, dass Vision und Vertrauen beim Vorwärtskommen eine wichtige Rolle spielen. Eine Herausforderung bestehe darin, dass visionäre Gründer erfolgreicher Firmen gewöhnlich im Alleingang agierten. «Dies kann in der Gründungsphase gut sein, aber ist dem generationenübergreifenden Denken nicht unbedingt förderlich.» Grundsätzlich müssten Familien, wenn sie erfolgreich sein wollen, ein starkes Gefühl der Identität und der Absichtlichkeit besitzen – und eine gemeinsame Vision verfolgen. Wenn Familienmitglieder aus verschiedenen Generationen das Unternehmen zusammen gestalten, richtet man sein Augenmerk viel besser auf die Zukunft.

«Wellen einfangen»
Mit fünf Generationen und fast 150 Jahren Geschichte eines Familienunternehmens im Rucksack präsentierte Karl-Erivan Haub den Werdegang seiner Firma. Es sei seiner Familie immer gelungen, «Wellen einzufangen». Die erste Generation des Familienunternehmens Haub bemerkte sah eine Chance und nützte diese als erste Welle. Der Familie war nicht entgangen, dass eine Mittelklasse am Aufkommen war, und so begann sie 1867 mit dem Verkauf exotischer Güter, die aus Kolonien importiert wurden.

Die zweite Generation sah eine Chance in neuen Erfindungen wie z.B. der Glühbirne, begann 1893 mit dem Aufbau entsprechender Läden und änderte den Firmennamen auf das heute noch bestehende Tengelmann. Im Laufe der nächsten 15 Jahre wuchs das Unternehmen auf mehr als 500 Ladengeschäfte an. Nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg verlor die Familie zwei Drittel ihrer Standorte und musste sie wieder neu aufbauen.

Modernisierung
Die dritte Familiengeneration hatte zu kämpfen, doch konnte das Unternehmen über Wasser gehalten werden. Nachdem Tengelmann beobachtet hatte, dass in amerikanischen Lebensmittelgeschäften etwas  im Tun war, wurde der deutschen Öffentlichkeit in München 1954 ein neues Konzept vorgestellt – der Selbstbedienungsverbrauchermarkt. Die Einkäuferinnen und Einkäufer konnten nun die Ladengänge frei durchstöbern, gemächlich Artikel auswählen und die vorverpackten Produkte nach Hause bringen, wo sie sie neuerdings auch im Kühlschrank verstauen konnten.

Die vierte Generation – jene des Vaters von Karl-Erivan Haub – erweiterte den Horizont nochmals und gründete in Deutschland eine eigene Lebensmitteldiscountkette. Und 1985 entstand die OBI-Baumarktkette.

Expansion in den Osten
Karl-Erivan Haub selbst war nach dem Studium an der HSG über seine berufliche Zukunft im Ungewissen und sammelte zuerst Erfahrungen bei Nestlé und McKinsey. Als er ins Familienunternehmen zurückkehrte, sah er sich nach einer Chance um – die sich mit dem Fall der Berliner Mauer ergab. Plötzlich war da ein riesengrosser unterversorgter Markt, in den die Tengelmann-Gruppe expandieren konnte.

Haub behält derweil die Zukunft im Blick – und fragt sich schon heute, auf was für einer Welle das Familienunternehmen demnächst weiterreiten kann. Obwohl «Forbes» das Familienvermögen auf 4,4 Milliarden US.Dollar schätzt, räumte Karl-Erivan Haub auch ein, dass nicht sämtliche Unterfangen der Familie von Erfolg gekrönt waren. Und er fügte an, dass halt auch immer ein wenig Glück dazugehöre. «Man muss die Welle ausprobieren, bevor man weiss, ob sie funktioniert.»

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