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Meinungen - 27.03.2020 - 00:00 

COVID-19 und die Auswirkungen auf die Luftfahrtindustrie

Die kommerzielle Luftfahrt geht durch die wohl schwierigste wirtschaftliche Zeit seit ihrem Bestehen. Ein Beitrag von Andreas Wittmer.

 

27. März 2020. Die International Air Transport Association (IATA) geht von einem globalen Umsatzeinbruch der Airlines von 44 Prozent im Vergleich zu 2019 oder 252 Mia USD aus. Diese Annahme basiert auf Restriktionen im Luftverkehr über 3 Monate.
 

Die globale Vernetzung, welche ein Hauptmotor des globalen wirtschaftlichen Wachstums ist, zeigt plakativ auf, was globale Vernetzung auch bedeutet. Die Geschwindigkeit der Ausbreitung des Coronavirus führt uns die Internationalität vor Augen und damit auch, wie gross die Abhängigkeit zwischen allen Ländern der Welt ist. Eigentlich positive Effekte können plötzlich zu negativen werden. Die Coronakrise zeigt:

 

  • Wir sind global viel vernetzter als wir wohl erwartet hätten, sowohl wirtschaftlich wie auch interkulturell.
  • Das Coronavirus ist ein negatives Beispiel für Effekte in globalen Netzwerken. Dies macht zugleich Mut für positive Effekte.
  • Autokratischere Regimes haben «Vorteile» bei der Bekämpfung und Umsetzung von schnellen Massnahmen gegenüber demokratischen Systemen.
  • Die Klimadiskussion des letzten Jahres rückt in den Hintergrund und viele Unternehmen werden die Klimainvestitionen wohl verschieben. Die Frage bleibt, ob dadurch nicht ein noch grösseres Problem in Vergessenheit gerät, welches einen noch grösseren wirtschaftlichen Schaden anrichten könnte.

 

Wie weiter nach der Coronakrise?

Für viele von uns stellt sich nun die Frage, wie es weitergeht nach der Coronakrise. Werden sich die Gesellschaft und das Arbeitsleben verändert haben? Werden die Trends zu «New Work» und «New Life», welche von Zukunftsforschern seit einigen Jahren erläutert werden, nun schneller Einzug ins tägliche Leben halten? Werden wir immer noch so viel reisen wie zuvor oder haben wir gelernt mit digitalen Medien so umzugehen, dass es zu einem globalen Reiserückgang kommt? Lösen wir damit unser Klimaproblem? Und was bedeutet das alles für die Arbeitsplätze in einem Land, die benötigten Infrastrukturen und die wachstumsbasierte Wirtschaft?
 

In der Wirtschaftsausbildung wird gelernt, wie man unter der Prämisse von Wachstum erfolgreich sein kann. Seit einigen Jahren habe ich begonnen, dies zu hinterfragen, da es sich seit Längerem abzeichnet, dass auch längere Stagnationsphasen anstehen können. Gerade in der Luftfahrt in Europa, wo die Flughafeninfrastrukturen stagnieren und der Luftraum an seine Grenzen stösst, muss es möglich sein, in einem stagnativen Umfeld erfolgreich zu sein.
 

Die Coronakrise führte nun fast über Nacht zu diesem längerfristigen stagnativen oder sogar rezessiven Umfeld, mit dem wir jetzt umgehen müssen. Aber was bedeutet das nun für die ganze Zulieferindustrie der Luftfahrt? Falls die globale Luftfahrtnachfrage stagniert und solange sich die Welt vom Coronavirus erholen muss, was wohl mehrere Jahre dauern wird, dürften auch die Bestellungen zurückgehen. Dies wird in der gesamten Zulieferindustrie zu spüren sein.
 

Die Industrie muss zusammenrücken

Ein Lösungsansatz ist die Suche nach Synergien im Marktumfeld und Zusammenschlüsse zu grösseren Einheiten – entweder zwischen Konkurrenten oder zwischen nachgelagerten Unternehmen entlang der Angebotskette. Die Industrie muss zusammenrücken und wie schon nach der Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2009 gemeinsam Lösungen suchen (wie zum Beispiel das 2010 gegründete Swiss Aerospace Cluster mit über 130 Mitgliedsfirmen).
 

Statt Schweizer Konkurrenz in einem globalen Exportmarkt, könnten synergetische Arbeitsformen vertieft werden, sei es durch eine Integration von Konkurrenten oder eine Integration entlang der Wertschöpfungskette. Es steht eine herausfordernde Zeit vor uns. Aber sie wird neue Innovationen bringen und uns noch konkurrenzfähiger machen. Gemeinsam entwickeln wir uns zu noch stärkeren Einheiten in der globalen Luftfahrtindustrie.

Dr. Andreas Wittmer ist Managing Director des Center for Aviation Competence an der Universität St.Gallen.
 

Bild: Adobe Stock / Gorodenkoff

 

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