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Forschung - 27.02.2025 - 16:00 

Wie robust ist der Handel zwischen den USA und der EU?

Die jüngste Ankündigung Donald Trumps zur Einführung von Zöllen gegen die EU wirft die Frage auf, wie stark die Auswirkungen solcher Maßnahmen sein könnten. Eine aktuelle Studie unter Mitwirkung der Universität St.Gallen (HSG) deutet darauf hin, dass die Handelsbeziehung zwischen der EU und den USA resilienter sein könnte, als oftmals angenommen wird.

Donald Trumps jüngste Drohung mit Importzöllen von 25 Prozent auf Güter aus der EU hat erneut die Angst vor einem Handelskrieg zwischen den USA und Europa geschürt. Eine Studie unter Mitwirkung der HSG argumentiert jedoch, dass neben aktuellen Handelsbedingungen auch die historischen Austauschbeziehungen eine wichtige Rolle für die künftige Entwicklung der Handelsvolumen spielen. Die Studie wurde zwar nicht im Hinblick auf die aktuellen globalen Konflikte durchgeführt, könnte aber dennoch Anhaltspunkte für die Einschätzung von deren Auswirkungen liefern.

Der Eiserne Vorhang wirkt immer noch

«Ausgangspunkt für unsere Studie war eigentlich, dass die Länder West- und Osteuropas auch nach dem Fall des Eisernen Vorhangs viel weniger gemeinsam handeln, als man es eigentlich aufgrund der geringen Distanz und der Grösse der Volkswirtschaften erwarten würde», sagt Prof. Dr. Reto Föllmi vom Schweizerischen Institut für Aussenwirtschaft und Angewandte Wirtschaftsforschung der HSG. Die Forschenden vermuteten, dass die historische Trennung der beiden Blöcke negative Langzeitwirkungen auf die Handelsbeziehungen hat. Und, dass im Umkehrschluss Handelsbeziehungen, welche über eine längere Zeit gefestigt wurden, weniger sensibel auf Störungen wie etwa die Erhebung von Zöllen reagieren. Um dies zu untersuchen, verglichen sie Handelsdaten von verschiedenen Ländern. Unter den verglichenen Austauschbeziehungen waren solche die historisch vorbelastet waren, wie eben jene zwischen Ost- und Westeuropa. Aber auch solche, die über längere Zeit intensiver ausgestaltet waren, wie etwa jene zwischen ehemaligen Kolonien und ihren Kolonialmächten. Dort sah man, dass letztere auch nach Ende der kolonialen Abhängigkeit immer noch mehr mit der ehemaligen Kolonialmacht handelten als mit anderen Ländern.

Pfadabhängigkeiten durch hohe Markteintrittskosten

Auch die Auswirkungen des «Venezuela-Schocks» von 2009 auf den Handel zwischen Kolumbien und Venezuela wird in der Studie analysiert. Damals hatte der ehemalige venezolanische Präsident Hugo Chavez die diplomatischen Beziehungen zum Nachbarland Kolumbien eingefroren und angekündigt, die Handelsbeziehungen drastisch reduzieren zu wollen. In der Folge brachen die kolumbianischen Exporte nach Venezuela um 50 Prozent ein. Doch nicht bei allen exportierenden Firmen gleichermassen, wie die Studienautoren schreiben. Unternehmen, welche vor dem Venezuela-Schock bereits über längere Zeit Handelsbeziehungen in Venezuela aufgebaut hatten, waren weniger anfällig für die diplomatischen und handelspolitischen Verwerfungen. Grund dafür dürften gemäss der Studie Pfadabhängigkeiten in Form von bereits getätigten Aufwendungen für den Marktzugang sein: «Wenn man als Firma über eine längere Zeit in ein Land exportiert hat, hat man bereits viel Geld in diese Handelsbeziehung investiert. Man hat etwa bereits ein gutes personelles Netzwerk aufgebaut oder viele Ressourcen in das Kennenlernen lokaler Marktgegebenheiten und Regularien investiert», erklärt Reto Föllmi. Durch diese langfristigen Investitionen sinken für diese Unternehmen aber auch die gegenwärtigen Markzugangskosten im Vergleich zu Konkurrenten, welche noch nicht so andauernde Handelsbeziehungen mit demselben Land aufgebaut haben. Letztere sind daher durch Handelshemmnisse wie etwa Zölle leichter abzuschrecken.

Kann der Handel Trump überstehen?

Die Studienautoren, darunter auch Forschende der ETH Zürich, der Universität Pavia und der UC San Diego, konnten zeigen, dass in den analysierten Daten bis zu 25 Prozent der Handelsentscheidungen auf solchen langfristigen Effekten basiert. Wie stark dies auch auf den aktuellen Handelskonflikt zwischen den USA und den EU zutrifft und welcher Anteil der Firmen von höheren Zöllen unbeeindruckt bleiben wird, kann Reto Föllmi nicht sagen. «Unsere Studie zeigt aber, dass der Handel zwischen Partnern mit historisch guten Handelsbeziehungen, wie es eben auch die EU und die USA eigentlich sind, resilienter auf Störungen reagiert, als oftmals angenommen wird.» Doch diese Resilienz hat auch irgendwann Grenzen, wenn eine Störung allzu lange anhält, betont Reto Föllmi. Wie viele Firmen den Schnauf für vier Jahre Donald Trump haben, ist auf Basis der Studie nicht zu beantworten.

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