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Campus - 08.05.2025 - 15:47 

«Symposium in Town trägt wichtige Diskussionen in die Mitte der Gesellschaft»

Mit der Reihe «Symposium in Town» lädt das St.Gallen Symposium die St.Galler:innen dazu ein, an Diskussionen mit Expert:innen aus Politik und Wirtschaft teilzunehmen. Auch an diesen öffentlichen Veranstaltungen dominierte das Symposium-Leitthema des globalen Umbruchs in Medien, Politik und Wirtschaft die Agenda. 

«Am ‘Symposium in Town’ erhalte ich Einblicke in die Gedanken und Strategien von weltweit tätigen Unternehmer:innen. Das inspiriert mich für meine eigene Arbeit», sagt Hassan Hjaij. Der 28-jährige St.Galler ist regelmässiger Besucher der Veranstaltungsreihe ‘Symposium in Town’. Während des St.Gallen Symposium 2025 fanden in deren Rahmen neun öffentliche und kostenlose Veranstaltungen in Lokalen der St.Galler Innenstadt statt. «Wir regen den öffentlichen Dialog an und verbinden die Region mit internationalen Themen», schreibt das St.Gallen Symposium zu SGS in Town. Auf den Podien sassen beispielsweise Ex-Fussballer Beni Huggel, die alt Bundesrätin Ruth Metzler, die Forschungsleiterin der NATO-Militärakademie Florence Gaub oder Magnus Brunner, EU-Kommissar für Inneres und Migration.

Hjaij besuchte die Auftaktsession, in der Nespresso-CEO Philipp Navratil mit der HSG-Marketingprofessorin Johanna Gollnhofer über Erfolgsfaktoren und Herausforderungen im Kaffeegeschäft diskutierten. «Navratil sprach beispielsweise darüber, dass sich Investitionen in Nachhaltigkeitsprojekte für Unternehmen auszahlen und nicht als reine Kosten betrachtet werden sollten», so Hjaij. Das decke sich mit seiner Ansicht, sagt Hjaij, der selbständiger Berater und Begleiter für KMUs im Bereich Mitarbeitendenbindung und Unternehmenskultur ist. «Das Symposium und die HSG schaffen mit dieser Reihe einen Kontakt zu Menschen, die bisher wenig Bezug zur Universität hatten. Und sie tragen wichtige Diskussionen in die Mitte der Gesellschaft», so der junge Unternehmer. 

NATO-Forschungsdirektorin in St.Galler Altstadtbeiz

SGS in Town greift eine Bandbreite von Themen auch, doch auch hier dominierte das Symposium-Leitthema der globalen Machtverschiebungen. So sprachen am Donnerstagmittag etwa Florence Gaub, Zukunftsforscherin und Forschungsdirektorin der NATO-Militärakademie, mit SRF-Moderator Michael Rauchenstein im Altstadtrestaurant National zum goldenen Leuen: Dieses war bis auf den letzten Platz besetzt, wohl weil Gaub über europäische Aufrüstung sprach – ein medial vieldiskutiertes Thema. 

Zu den aktuellen Friedensverhandlungen rund um die Ukraine bemerkte sie, dass fragile Waffenstillstände und langwierige Gespräche teil von Beendigungen von Kriegen gewesen seien. «Solche Verhandlungen dauern Monaten bis Jahre.» In Bezug auf die Aufrüstung Europas betonte sie, dass nebst offensichtlichen Dingen wie Drohnen und Panzern auch weitere Aspekte der Kriegsführung immer wichtiger werden. «Russland und China bauen beispielsweise ihre maritimen Mittel stark aus und setzen parallel dazu vermehrt auf Sabotageakte. Zudem legen sie einen Fokus aufs Weltall, mit dem Ziel gegnerische Satelliten zu stören oder zu übernehmen.» Sie sagte zudem, sie glaube nicht an einen Ausstieg der USA aus der NATO. «Wir sollten in Zukunft weniger darauf hören, was Trump sagt, sondern darauf schauen, was die USA tun», so Gaub. 

Wie KI öffentlich-rechtliche Medien beeinflusst

Auch technologische Umbrüche und wie diese die Politik und Gesellschaft prägen waren Thema am SGS in Town. So sprachen am Mittwochmittag im Weinlokal «1733» drei Medienvertreter:innen unter dem Titel «Who Controls the News? Public Media, Big Tech, and the Battle for Trust» miteinander: Katherine Maher ist CEO des National Public Radio (NPR), einer nicht kommerziellen Gruppe von Radiosendern in den USA, die sich weitgehend über Sponsoring und Spenden finanziert. Mit ihr diskutierten Severine Schori-Vogt, Leiterin Entwicklung und Angebote bei der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft, die Fragen stellte Barnaby Skinner, stv. Chefredakteur der NZZ. 

Sowohl NPR als auch die SRG stehen von verschiedenen Seiten unter Druck: 2026 dürfte die Schweiz über eine massive Reduktion der SRG-Gebühren abstimmen. Und Donald Trump hat vor kurzem einen Erlass unterzeichnet, gemäss dem das Radionetzwerk alle staatlichen Beiträge verlieren soll. Dessen Legalität sei allerdings umstritten, betonte Maher. Ein weiterer Treiber der Veränderung ist KI: Beide Newsorganisationen verlieren online Besucher:innen, weil sich diese die Informationen über KI-Chatbots holen, die sich bei SRG- und NPR-Inhalten bedienen. 

Sowohl Maher als auch Schori-Vogt berichteten von KI-Anwendungen, die ihre Organisationen derzeit selbst entwickeln, räumten aber ein, dass sie hintern KI-Unternehmen zurückstehen. «Seit ChatGPT lanciert wurde, passiert in dem Feld so viel, dass wir kaum reagieren können. Jede Idee ist nach einigen Monaten wieder überholt», sagt Schori-Vogt. Beide Medienmanagerinnen sagten aber auch, dass KI Chancen für den Journalismus biete, etwa durch die Ermöglichung von umfangreichen Datenrecherchen.  

Gleichzeitig habe der Markteintritt von KI-Angeboten das Medienangebot weiter diversifiziert, was unter anderem zu einem Vertrauensverlust in herkömmliche Medien führe. «Die Corona-Pandemie war diesbezüglich eine Zäsur», so Schori-Vogt. Maher diagnostizierte ein allgemein schwindendes Vertrauen in Institutionen von demokratischen Staaten. Die Herausforderung für öffentlich-rechtliche Medien sehe sie darin, dass man auf Entwicklungen wie KI reagieren und gleichzeitig eine mediale Infrastruktur aufrechterhalte, die sich nicht ausschliesslich an Marktfaktoren orientiert. «Das ist ein echter Spagat – und wir müssen ihn bewältigen, wenn wir für die nächsten Jahrzehnte relevant bleiben wollen», so Maher.  
 

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