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Forschung - 15.02.2023 - 13:30 

Studie zu Low Value Care: Digitale Gesundheitslösungen senken Risiken und Kosten

Eine Studie der HSG mit Daten der Groupe Mutuel zeigt exemplarisch anhand von zwei Krankheitsbildern, wie Patienten bei gleichzeitiger Kosteneinsparung besser behandelt werden können.
Eine Studie der HSG mit Daten der Groupe Mutuel zeigt exemplarisch anhand von zwei Krankheitsbildern, wie Patienten bei gleichzeitiger Kosteneinsparung besser behandelt werden können.

Unnötige oder falsche Behandlungen, oft auch als «Low Value Care» bezeichnet, gelten als vermeidbare Risiko- und Kostenfaktoren im Gesundheitswesen. Bei der stabilen koronaren Herzkrankheit könnte dank einem optimierten Diagnose-Pfad jedes Jahr ungefähr 5 Millionen Schweizer Franken (CHF) bei Groupe-Mutuel-Versicherten gespart werden. Unter Low Value Care werden Leistungen verstanden, die den Patient:innen wenig oder keinen Nutzen bringen oder sogar potenziell Schaden verursachen. Dabei entstehen unnötige Kosten und knappe Gesundheitsressourcen werden verschwendet bzw. nicht effektiv genutzt. 

Eine neue Studie der School of Medicine (Med-HSG) der Universität St.Gallen untersucht mit Daten der Groupe Mutuel zwei Aspekte des Versorgungspfads von zwei weitverbreiteten chronischen Erkrankungen auf Low Value Care. Hierfür wurden aufgrund ihrer Verbreitung und dem hohen Leidensdruck der Patienten die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) und die koronare Herzkrankheit (KHK) gewählt. 

Bei COPD ist die Regelmässigkeit der Medikamenteneinnahme entscheidend 

COPD war 2019 die dritthäufigste Todesursache weltweit. In der Schweiz leiden mindestens 400’000 Menschen an der unheilbaren Lungenerkrankung und verursachen geschätzt Kosten von 603 bis 847 Millionen CHF pro Jahr. Durch sachgemässe Einnahme von Medikamenten kann die Verschlimmerung von Symptomen verlangsamt, die Lebensqualität stabilisiert und das Risiko einer Hospitalisierung aufgrund einer akuten Verschlechterung des Gesundheitszustandes – einer sogenannten Exazerbation – gesenkt werden. Dementsprechend zeigt die Auswertung der Groupe-Mutuel-Daten, dass Patient:innen, die langwirkende Medikamente regelmässig einnehmen, ein um ca. 50% niedrigeres Risiko haben, eine Exazerbation zu erleiden. 

Das Problem ist unter anderem, dass Medikamente nicht gemäss Vorschrift, d.h. z.B. täglich, eingenommen werden. Die Studie zeigt: Fast die Hälfte der Patienten hatten weniger als 40% der Zeit eine ausreichende Medikamentenreserve zu Hause. Das bedeutet, dass ein wesentlicher Anteil der Patienten ihre Medikamente über einen gewissen Zeitraum nicht gemäss Verschreibung einnehmen. Dies kann zu Exazerbationen führen, die sich zudem auch negativ auf die Gesundheitskosten auswirken. Die Auswertung der Groupe-Mutuel-Daten zeigt entsprechend, dass die Gesundheitsausgaben von COPD-Patient:innen, die ihre Medikamente nicht regelmässig einnehmen, im Durchschnitt um rund CHF 10’000 höher sind im Vergleich zu Patienten mit einer regelmässigen Medikamenteneinnahme. 

«Die Ergebnisse dieser Studie zeigen auf, dass es an der Zeit ist, digitale Gesundheitsanwendungen für chronische Krankheiten zu entwickeln. Damit könnten strukturiert qualitätsoptimierte Behandlungsprogramme, die zum Beispiel Patienten helfen, ihre Medikamente nach Verschreibung zu nehmen, besser gewährleistet werden», sagt Alexander Geissler, Akademischer Direktor und Lehrstuhlinhaber Management im Gesundheitswesen an der Universität St.Gallen.

Zu viele invasive/kostintensive Diagnoseverfahren 

Die KHK zählt zu den häufigsten Herz-Kreislauf-Erkrankungen und ist eine der wichtigsten Ursachen für Mortalität und Spitaleinweisungen in der Schweiz. Die Studie wägt die beiden diagnostischen Pfade von Koronar-CT gegen invasive Koronarangiographie ab. Aus den medizinischen Leitlinien geht hervor, dass ein Koronar-CT bei vielen Patienten für die erste Diagnosestellung gegenüber einer invasiven Koronarangiographie zu bevorzugen ist. Ein Koronar-CT ist nicht-invasiv und es muss kein Katheter ins Herz gelegt werden, d.h. es besteht kein Narkose-, Infektions- und Komplikationsrisiko für den Patienten. Gleichzeitig verursacht es weniger Kosten. Die Studie stellt fest, dass dank eines optimierten Diagnosepfads ein Einsparpotential von ungefähr 5 Millionen CHF für Groupe Mutuel Versicherte pro Jahr besteht, wenn Patienten unter Einsatz der kosteneffizienten Diagnostik behandelt werden. 

Die Patienten im Zentrum 

Durch diese in Auftrag gegebene Studie möchte die Groupe Mutuel einen Beitrag zur Verbesserung der Qualität und Effizienz der medizinischen Versorgung für ihre Versicherten leisten: bessere Ergebnisse zu weniger Kosten und Risiken steigern den Wert für Patienten. «Betreffend Forschung liegt bei uns der aktuelle Fokus auf der Über- und Fehlversorgung. Es wird immer wichtiger, die existierenden Ineffizienzen in unserem Gesundheitssystem zu beseitigen, da die Ressourcen knapper werden und somit Über- und Fehlversorgung im Sinne von Low Value Care besonders problematisch sind», sagt Daniel Volken, Leiter Generalsekretariat bei der Groupe Mutuel. 

Die vollständige Studie finden Sie hier.

Bild: Unsplash / accuray

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