close

Campus - 08.05.2025 - 10:00 

54. St. Gallen Symposium: HSG-Experten diskutieren über globale Machtverschiebungen

Am St. Gallen Symposium sprachen HSG-Experten wie Andreas Böhm, Claudia Brühwiler, Tomas Casas sowie Dozent Wladimir Klitschko auf verschiedenen Podien über die drängendsten politischen Herausforderungen der Gegenwart. Sie beleuchteten die Spannungen zwischen den USA und China, den Dauerkonflikt in Nahost und den Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Am 7. und 8. Mai fand an der Universität St.Gallen (HSG) das 54. St. Gallen Symposium zum Thema «Shifting Global Power» statt. Der Anlass brachte einflussreiche Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zusammen. Darunter Expertinnen und Experten der HSG, die Einblick in einige der drängendsten politischen Herausforderungen gaben, mit welchen die Welt heute konfrontiert ist. Die politischen Diskussionen konzentrierten sich auf vier drängende globale Themen. In jeder dieser Sessions gab ein HSG-Experte einen Einblick in diese Herausforderungen.

Trumps Amerika: Vorübergehende Verschiebung oder dauerhafte Neuordnung?

In ihrer Session zu den neuen politischen Realitäten in den USA ging Professorin Claudia Brühwiler der Frage nach, ob die politische Polarisierung und der populistische Aufschwung der letzten Jahre eine vorübergehende Störung oder eine tiefgreifende Neuordnung darstellen. Sie fragte, ob alle Teilnehmenden die Ursachen für den Triumph der Republikaner einschätzen könnten – und wie lange diese Koalition unterschiedlicher Interessen Bestand haben werde. Donald Trump bezeichnete sie als «die Macht, die sich nicht bewegt». Sie zeigte sich überzeugt, dass das Abschneiden der Republikaner bei den Zwischenwahlen mehr Klarheit bringen werde.  

Israel-Palästina: Wege aus dem Nebel des Krieges

Professor Andreas Böhm von der Universität St.Gallen lud vier Gäste dazu ein, über den israelisch-palästinensischen Konflikt zu sprechen. Das Podium «Wege aus dem Nebel des Krieges» warf einen Blick auf die Geschichte des Konflikts, die jüngsten Eskalationen und die Rolle der internationalen Gemeinschaft bei der Suche nach einem dauerhaften Frieden. Die Referentinnen und Referenten teilten sehr unterschiedliche Sichtweisen mit dem Publikum. Cecilie Hellestveit, Expertin für humanitäres Völkerrecht an der Norwegian Academy of International Law, skizzierte ein «Zweistaatenmodell» als mögliche Konfliktlösungsstrategie und betonte: «Es ist sehr wichtig, welche Sprache wir den an bewaffneten Konflikten beteiligten Akteuren erlauben. Und es liegt in unser aller Verantwortung, wirklich zu reagieren, wenn eine Grenze überschritten wird.» Journalist Kai Diekmann zeigte sich besorgt über unreflektierte Hassparolen in der öffentlichen Diskussion und Sprache, die den Konflikt befeuere, anstatt nach Lösungen zu suchen.  

Die palästinensische Journalistin Plestia Alaqad teilte ihre persönliche Familiengeschichte von vier verfolgten Generationen, die nie in Frieden aufwachsen durften. Und verlieh ihrem Wunsch nach einem Ende dieser Zerstörung von Zukunft Ausdruck. Stephen Cornish, Generaldirektor der Organisation «Ärzte ohne Grenzen», betonte, wie inhuman die Situation in Gaza sei – selbst Hilfsorganisationen wie «Ärzte ohne Grenzen» könnten unter den erschwerten Bedingungen nur sehr eingeschränkt Leid lindern und Hilfe leisten. Er plädierte für Dialogbereitschaft und den Willen, Menschlichkeit und Versöhnung über alles zu stellen. «Das Fehlen einer Verhandlungspartei sollte nie eine Entschuldigung dafür sein, zu den Waffen zu greifen. Das dies in einer Katastrophe endet, zeigen blutige Konflikte überall auf der Welt.»    

Chinas Wirtschaft im Wandel

Tomas Casas ist Dozent für Internationales Management mit Schwerpunkt China und Direktor des China Competency Center. Er untersuchte die sich verändernde Dynamik der chinesischen Wirtschaft und ging der Frage nach, wie das Land sein Wachstumsmodell neu ausrichtet, insbesondere angesichts der zunehmenden geopolitischen Spannungen mit den USA. Vor dem Hintergrund des Übergangs Chinas von einer exportorientierten zu einer zunehmend auf Innovation und Binnenkonsum ausgerichteten Wirtschaft beleuchtete Casas die weiterreichenden Auswirkungen auf den Welthandel und die internationalen Beziehungen.

Casas merkte an, dass Trump in «The Art of the Deal» offenbare, dass er das Spiel «Chicken» liebe. Dieser Ansatz werde mit China nicht funktionieren. Er sagte: «China wird nicht zuerst blinzeln, Punkt.» Er fragte weiter, ob die USA mehr von China oder China mehr von den USA abhängig sei. «Wer wird mehr leiden, chinesische Hersteller wegen geringerer Einnahmen aus Amerika oder Walmart-Kunden und Wall-Street-Investoren, die merken, dass sie ärmer werden?»

Gespräch mit Wladimir Klitschko  

HSG-Dozent und Gründer der Klitschko Foundation Wladimir Klitschko machte sich zunächst als Boxer einen Namen und war von 2000 bis 2003 und von 2006 bis 2015 Schwergewichts-Boxchampion. Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine nutzt Klitschko seine Popularität, um weltweit für die Ukraine zu werben. Er sieht sich selbst mehr als Aktivist, denn als Politiker, und unterstützt das Land in erster Linie mit humanitärer Hilfe. Seine Stiftung kümmert sich derzeit um die Rettung entführter ukrainischer Kinder, die die russische Armee verschleppt hat. Sehr persönlich sprach er über die russische Aggression gegen die Ukraine. In seinem Gespräch mit dem internationalen TV-Moderator Ali Aslan beschrieb er die Auswirkungen des Krieges auf die ukrainische Bevölkerung. In seinem ergreifenden Talk betonte Klitschko die globalen Folgen der russischen Aggression, die auch auf andere europäische Nationen übergehen könnte.

«Unser Wille ist unerschütterlich. Wir werden Widerstand leisten. Wir werden kämpfen... aber ohne die Hilfe unserer Verbündeten können wir den Widerstand nicht fortsetzen.» Seine Ausführungen unterstrichen die Dringlichkeit fortgesetzter internationaler Unterstützung und die Widerstandsfähigkeit demokratischer Werte unter Belagerung. Und stellten die Frage: «Sind die Europäische Union und die NATO stärker mit oder ohne die Ukraine? Mit all ihren natürlichen Ressourcen und ihren talentierten Menschen?» 


Bild: Hannes Thalmann

Entdecken Sie unsere Themenschwerpunkte

north