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Meinungen - 03.03.2021 - 00:00 

Leaders for Equality: Frauenförderung «reloaded»

Was können Führungskräfte für mehr Gleichstellung von Mann und Frau in Schweizer Unternehmen tun? Ein Meinungsbeitrag der HSG-Forscherinnen Prof. Dr. Julia Nentwich und Dr. Gabriele Schambach anlässlich des Internationalen Frauentages.

3. März 2021. Es sind in erster Linie Frauen, die in den so genannten «systemrelevanten» Berufen der Pflege, der Betreuung und des Einzelhandels in der aktuellen Pandemie das Leben aufrechterhalten. Und es sind nach wie vor Frauen, die nicht im gleichen Masse wie Männer an den Entscheidungsprozessen in Politik und Wirtschaft beteiligt sind. Und dies, obwohl laut UN Women vielerorts deutlich wird: Sassen Frauen am Steuerrad, wurde besser durch die Krise navigiert.  

Engagement für Gleichstellung in Unternehmen

Die Argumentation ist bekannt: Wir brauchen mehr Frauen in Entscheidungspositionen, weil so viel bessere, kreativere und inklusivere Lösungen gefunden werden können. Diverse Teams haben eine angenehmere und auch produktivere Arbeitskultur. Und auch ökonomisch zahlen sich mehr Frauen in Führungspositionen aus. Und neben diesen so genannten «Business Case» Gründen ist es schlussendlich doch einfach nur fair, wenn die Hälfte der Weltbevölkerung auch zu gleichen Teilen mit am Entscheidungstisch sitzt. Fairness und «Business Case» - das sind auch die Hauptmotive der knapp 1.200 von uns befragten Schweizer Führungskräfte, sich für Gleichstellung im Unternehmen zu engagieren.

 

Warum sitzen in diesen Entscheidungspositionen nicht annähernd gleich viele Frauen wie Männer? Sicherlich, da ist die nach wie vor als selbstverständlich angenommene Verantwortung der Mütter für ihre Kinder. Zudem waren Führungspositionen ja noch nie einfach mit Familie vereinbar. Hinzu kommt, dass Frauen «gerne was mit Menschen machen» wollen und deshalb in den nachgefragten, gut bezahlten technischen und naturwissenschaftlichen Berufen unterrepräsentiert sind. Und schlussendlich ist es wenig überraschend dann doch so, dass viele Frauen das ja auch gar nicht wollen. Ist halt so. Selbst schuld. It’s the gender difference, stupid!

Aber fällt Ihnen da etwas auf? So ganz will das ja nicht zusammenpassen: Fairness und Gleichberechtigung auf der einen Seite - Frauen, die halt einfach anders sind, anderes wollen und gesellschaftlich auch in ganz andere Aufgaben eingebunden sind als Männer auf der anderen Seite. Also sind Frauen einfach anders? Ja was denn nun, gleich oder aber unterschiedlich?

Vereinbarkeit von Familie mit Beruf – für Frauen und Männer!

Allzu oft scheinen sich die Bemühungen für mehr Gleichstellung in diesem Dilemma von Gleichheit und Differenz müde zu laufen, ja ad absurdum zu führen. Deshalb belassen wir es dann doch lieber alles so, wie es nie gewesen ist und wenden uns den wirklich wichtigen Dingen in der Krise, der Politik, der Wirtschaft und unserem Alltag zu. Dabei könnte es so einfach sein! Die von uns befragten Männer und Frauen in Führungspositionen sehen es ganz deutlich: Es muss sich etwas im Unternehmen, in der Kultur verändern, damit Männer wie Frauen gleiche Chancen haben. Dazu gehört auch das Thema Vereinbarkeit von Familie mit Beruf, Karriere und Führungsposition – für Frauen und Männer! Aber bitte nicht nur unter den Aspekten von organisationalen und technischen Möglichkeiten. Wenn, dann schon richtig, denn es geht um die Veränderung der allzu liebgewonnenen Denk- und Arbeitsweisen der Führungskräfte. Und das ist etwas, das man zunächst einmal wollen muss.

Dass Handlungsbedarf besteht, das ist deutlich. Unsere Ergebnisse zeigen, dass sich die Führungsfrauen in der Schweiz weniger gut inkludiert fühlen. Das heisst, sie fühlen sich im eigenen Unternehmen nicht im gleichen Masse gehört, wertgeschätzt und gefördert, wie dies ihre männlichen Kollegen tun. Mangelnde Inklusion wirkt sich aus. Wer sich nicht zugehörig fühlt, wird sich auch weniger einbringen können – und dies dann vielleicht auch gar nicht (mehr) wollen. Und so ist das den Frauen attestierte mangelnde Selbstbewusstsein doch eher Ausdruck einer nach wie vor männlich dominierten Unternehmenskultur.

Handlungsbedarf für Führungskräfte

Fakt ist, dass Frauen und Männer in Führungspositionen an ganz unterschiedlichen Orten stehen. Hinzu kommt, dass Männer in der überwiegenden Mehrheit Partnerinnen haben, die sie von den so genannten «Care-Aufgaben» entlasten. Frauen in Führungspositionen leben im Unterschied dazu überwiegend in Partnerschaften, in der beide Vollzeit arbeiten. Auch leben sie häufiger ohne Partnerschaft und sind häufiger kinderlos. Wenig verwunderlich angesichts der aufzeigten Normen in Unternehmen, oder? Dabei sind sie mehrheitlich sogar besser ausgebildet und jünger als ihre männlichen Kollegen im Kader. Doch dieses «Kapital» scheinen sie nicht so gut in harte Währung umsetzen zu können, – oder: Die Unternehmens- und Führungskulturen verhindern, dieses Potential der Frauen zu nutzen.

Deutlich wird: Es sind nicht Frauen, die nicht wollen, sondern Unternehmen, die, wohlwollend interpretiert, noch nicht so recht wissen, wie sie Führung und Zusammenarbeit neu denken müssen, um den unterschiedlichen Lebensrealitäten von Frauen und Männern auch gerecht werden zu können. Es besteht Handlungsbedarf. Für die Unternehmen. Für die Führungskräfte. Und es wird Zeit, diese offensichtlichen Unterschiede endlich zur Kenntnis zu nehmen. Die Arbeitswelt der Post-Pandemie ist dafür wie geschaffen, lasst uns anfangen sie inklusiv zu gestalten!

Prof. Dr. Julia Nentwich & Dr. Gabriele Schambach leiten das Projekt «Leaders for Equality: Führungskräfte nutzen Chancen». Auf der Projektwebseite leadersforequality.ch können Sie sich ausführlicher über die Ergebnisse informieren. Ab Sommer 2021 wird dort eine Toolbox mit innovativen Interventionen und Massnahmen für interessierte Unternehmen, Führungskräfte und Gleichstellungsverantwortlichen zur Verfügung stehen.

Bild: Adobe Stock / Jacob Lund

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