Campus - 29.10.2024 - 11:25
Bildlegende: HSG-Absolvent Matthieu Ochsner stellt sein Startup vor.
Ob ein Restaurant viele Menüs verkauft, hängt nicht nur vom Preis oder von der Qualität seiner Angebote ab: «Bei warmem Wetter beispielsweise sind Suppen weniger gefragt, dafür Sushi umso mehr. Und andere Essensanbieter verkaufen weniger oder mehr, wenn Ferien sind oder wegen eines Events mehr Menschen in der Stadt unterwegs sind», sagt Matthieu Ochsner. Sein Startup GoNiña hat darum eine KI entwickelt, die Essensanbietern vorhersagt, wie viele Menüs sie an einem Tag verkaufen werden.
«Die KI ist aktuell in zwei Betrieben in der Erprobung und hat eine Genauigkeit von 85 bis 92 Prozent, damit ist sie deutlich präziser als bestehende Lösungen», sagt der 33-jährige Ochsner. Der HSG-Absolvent spannte Anfang 2023 für die Gründung seines Startups mit ETH-Absolvent Ferdinand von Hagen zusammen. GoNiña will die Verschwendung von Lebensmitteln vermindern. «Noch immer wird in der Schweiz rund ein Drittel der Lebensmittel weggeworfen. Global trägt Food Waste 10 Prozent zum globalen Treibhausgasausstoss bei», sagt Ochsner. Ihre Vision sei, dagegen anzukämpfen und gleichzeitig lokale Betriebe zu unterstützen.
Neben der Entwicklung der KI bietet GoNiña nämlich eine App an, die Essensanbieter mit Konsument:innen verknüpft: Diese sehen dort, ob beispielsweise Restaurants, Bäckereien oder Supermärkte in ihrer Nähe vergünstigte Waren anbieten – das sind Lebensmittel, die nicht regulär verkauft wurden und ansonsten weggeworfen werden müssten.
Das kleine Startup GoNiña mit seinen sechs Mitarbeitenden tritt damit gegen den international tätigen, dänischen Anbieter Too Good To Go an. Dieser habe, so berichteten die CHMedia-Zeitungen im September, in der Schweiz Dutzende Stellen abgebaut. «Too Good Too Go hat die Idee etabliert, aber in Interviews mit Restaurants und Kund:Innen haben wir oft gehört, dass nur wenige die App regelmässig nutzen», sagt Ochsner. Ihre App wolle die Nutzenden mit personalisierbaren Benachrichtigungen darauf aufmerksam machen, wenn ein bevorzugter Betrieb in der Nähe übrig gebliebenes Essen zu verkaufen hat. «Damit entfällt die manchmal langwierige Suche nach Angeboten», so Ochsner. Angedacht sei zudem, dass über die App wiederkehrende Buchungen möglich sind. Wer zum Beispiel am Freitag im Home Office arbeitet, kann sich für diesen Tag eine Essensbuchung in der Nähe reservieren.
Die App ging im Februar 2024 live, mittlerweile hat sie über 8000 Nutzende und 45 Betriebe schweizweit bieten darauf Essen an. Noch liegt der Schwerpunkt in Zürich und Umgebung, laufend kommen aber Betriebe dazu.
Nebst den Nutzer:innen sollen auch die Betriebe GoNiña einfacher nutzen können. Das Startup verlangt von Anbietern keine fixe Kommission, bei Too Good To Go sind es laut CHMedia-Berichten drei Franken pro Bestellung, unabhängig davon, wie hoch deren Gesamtpreis ist. «Für kleine, lokale Betriebe ist das oft ein Grund, nicht mitzumachen. Wenn sie zum Beispiel ein Menü für fünfFranken anbieten, bleibt davon nicht viel übrig.» Im Gegensatz dazu bezieht GoNiña einen Beitrag von 25 Prozent vom Kundenpreis und eine Jahresgebühr gibt es nicht.
Noch wird das Startup vor allem von Idealismus angetrieben: Ochsner und von Hagen zahlen sich keinen Lohn aus und haben ihr Unternehmen selbst finanziert. «Unsere Mitarbeitenden erhalten für Zürcher Verhältnisse bescheidene Löhne. Dafür können sie in ihrem Feld schnell etwas bewirken», sagt Ochsner. Aktuell seien sie zudem mit diversen Investor:innen im Gespräch für eine erste Finanzierungsrunde.
Ochsner arbeitete nach seinem Studium an der HSG sowie der Rotterdam School of Management mehrere Jahre in der Beratung. «Mit der Zeit wurde mir immer klarer, dass ich mit meiner Energie etwas gegen den Klimawandel unternehmen möchte», sagt er. Als er aus der Beratungsbranche ausstieg, arbeitete er beim Zürcher Startup SmallPdf. Während zwei Jahren half er als Chief of Staff und Strategieverantwortlicher, das Unternehmen von 50 auf 150 Mitarbeitende auszubauen. «Ich wusste schon damals, dass ich gründen wollte – und durch die Arbeit bei einem international tätigen Startup habe ich viel gelernt», so Ochsner.
Zur HSG pflegt Ochsner heute noch Verbindungen. So sprach er im Oktober etwa beim Social Business Club, einer Initiative von HSG-Studierenden. «Zudem habe ich mir durch das Studium in St.Gallen ein gutes Netzwerk aufgebaut. Wenn ich Zugang zu Experten brauche, um eine Frage zu besprechen, ist mein HSG-Background oft ein Türöffner.»
Weitere Beiträge aus der gleichen Kategorie
Das könnte Sie auch interessieren
Entdecken Sie unsere Themenschwerpunkte