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Campus - 26.02.2025 - 11:37 

Neuer HSG-Kurs gegen die Sinnkrise in der Arbeit

Die moderne Arbeitswelt steckt in einer Sinnkrise: Steigende Komplexität und Digitalisierung, enttäuschte Erwartungen und die Frage nach dem Nutzen der eigenen Tätigkeit prägen die Wissensarbeit. Ein neuer Kurs im HSG-Kontextstudium will HSG-Studierenden helfen, für sich selbst und auch für andere die Sinnfrage zu bearbeiten.
Der Arbeitsforscher Hans Rusinek unterrichtet an der HSG zum Thema Sinn in der Arbeit.

 

«Der erste Job prägt Menschen gemäss Studien stärker als ihr erstes Kind», sagt der HSG-Arbeitsforscher Hans Rusinek. «Gerade darum ist der Übergang vom Studium zur Vollzeitarbeit eine wichtige Phase.» Er hat im Frühlingssemester 2025 einen neuen Kurs mit dem Titel «Wozu das alles? – Sinnvolle Arbeit & Corporate Purpose» für HSG-Masterstudierende lanciert.

«HSG-Absolvierende werden in der Arbeitswelt stark herausgefordert und in komplexen Jobs tätig sein.» Es sei darum wichtig, dass sie mit der Frage nach dem Sinn der Arbeit umgehen können – für sich selbst und als mögliche Führungskraft auch für andere. 

Der 35-jährige Rusinek hat an der HSG darüber doktoriert, wie VW mit dem Mobilitätswandel und der damit verbundenen Sinnkrise umgeht. Er berät zudem Unternehmen und hat für die Boston Consulting Group – eine der «Big Three» des Consulting weltweit - den europäischen Ableger ihrer Purpose-Beratungsabteilung mit aufgebaut. 2023 hat er zudem ein Buch mit dem Titel «Work-Survive-Balance: Warum die Zukunft der Arbeit die Zukunft unserer Erde ist» veröffentlicht. 

Finanzkrise und Pandemie erschüttern Vertrauen nachhaltig

In der heutigen Arbeitswelt stelle sich die Sinnfrage mehr denn je, so Rusinek: Die Finanzkrise 2008 und die Corona-Pandemie hätten das Vertrauen in Arbeit und Wirtschaft nachhaltig erschüttert. «Die Klimakrise und die Digitalisierung, die Wissensarbeit am Bildschirm immer abstrakter und austauschbarer mache, sorgen beide für weitere Verunsicherung. Viele Menschen hinterfragen, ob ihre Arbeit einem grösseren Nutzen dient.»

Hinzu komme eine zunehmende Gehetztheit und digitale Verzettelung im Arbeitsalltag. «Wer gehetzt ist und ständig abgelenkt wird, kann keine guten Entscheidungen treffen», so der Arbeitsforscher. Hinzu komme ein gesellschaftlich verbreiteter Anspruch, dass man sich über Arbeit selbst verwirklichen solle. «Das baut zusätzlichen Druck auf.»

Im Kurs will Rusinek diese Problemlage zuerst darlegen und mit den Studierenden diskutieren. Dabei soll es etwa darum gehen, was Elemente eines sinnvollen Arbeitslebens sind und welche Tools hilfreich sind, um Sinn als «Kompass» für die Gestaltung der eigenen Karriere zu nutzen. «Wir werden beispielsweise eine Übung machen, in der Studierende über ihre Werte nachdenken und sie damit auch anschauen können, ob sie auch danach handeln.» 

Zudem würden sie bewältigte persönliche Sinnkrisen diskutieren und anschauen, was den Studierenden in diesen Halt gegeben hat. Der Kurs will zudem Ursachen von Belastungs-, Erwartungs- und Legitimitätskrisen in der Arbeitswelt skizzieren. 

Sinnsuche ausserhalb des Seminarraums

In einem nächsten Schritt geht es darum, wie die Sinnfrage in Organisationen bearbeitet werden kann. «Sinn lässt sich nicht managen, Sinn braucht vor allem Raum und Zeit, um in einer Organisation zu entstehen», sagt Rusinek. Die Studierenden werden dabei Transformationen grosser und kleiner Unternehmen anschauen, in denen eine Erneuerung der Sinnfrage entscheidender Motivator war. 

Rusinek wird Übungen einbauen, die die Studierenden weg vom üblichen Kurssetting im Seminarraum bringen: «Wissensarbeit muss körperlicher werden und vermehrt in die Umwelt eingebettet sein», sagt er. Denn wer seine Umgebung sinnlich erfahre, werde sich seiner Verantwortung dafür bewusster. Sein Kurs findet im SQUARE stattt. «Wir werden durch den SQUARE und die nähere Umgebung Spaziergänge machen und dabei Arbeitspraktiken beobachten und analysieren.» Der SQUARE als offener Ort des Lernens und Austausches eigne sich dafür besonders gut. «Sinnsuche – egal ob in Unternehmen oder für sich persönlich – muss interaktiv, also im Austausch mit anderen, stattfinden.»
 

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