Meinungen - 03.07.2012 - 00:00
30. Juni 2012. Während die Ergebnisse der vor einer Woche zu Ende gegangenen Regierungsverhandlungen zur UN Nachhaltigkeitskonferenz in Rio de Janeiro (Rio+20) enttäuschten, war an den Veranstaltungen der Wirtschaft bedeutend mehr Bereitschaft und Fähigkeit zum nachhaltigen Handeln zu spüren.
Es wurden Programme und Massnahmen in beeindruckender Anzahl präsentiert, welche die Breite des unternehmerischen Engagements dokumentierten. Demgegenüber wurde auch deutlich, dass viele Business Schools erst damit beginnen, sich mit dem Thema ernsthaft auseinander zu setzen. Wollen sie aber Unternehmen und Management bei der Bewältigung ihrer Nachhaltigkeitsherausforderungen effektiv unterstützen, und dabei einen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung der Welt leisten, so verlangt dies nach einem grundsätzlichen Überdenken ihrer Aufgaben.
Managementausbildung für die Welt
Die 50+20 Initiative hat die Vision einer «Managementausbildung für die Welt» in Rio präsentiert, welche drei Rollen für Business Schools definiert: Diese müssen sich ernsthaft Gedanken machen, wie sie global verantwortliche Manager ausbilden, wie sie ihre Forschung stärker an den gesellschaftlichen Herausforderungen ausrichten und wie sie sich selber aktiv an der Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft in Richtung Nachhaltigkeit beteiligen können.
Die Wirksamkeit der Ausbildung von Führungskräften ist in den letzten Jahren stark kritisiert worden. Es dominiert die Wissensvermittlung, zulasten der Ausbildung von Handlungskompetenzen, aber auch zulasten der Entwicklung reflektierter Persönlichkeiten. Verantwortliche Führungskräfte aber müssen sich selbst und andere verstehen, unterschiedliche Perspektiven kennen und mit Konflikten umgehen können. Wichtige Ansatzpunkte für die Ausbildung global verantwortlicher Führungskräfte sehen wir in einem transformativen Lernen, welches den ganzen Menschen einbezieht, gewissermassen Kopf, Hand und Herz, in einem problemorientierten Lernen und in einem reflektierten Lernen aus eigener praktischer Erfahrung.
Eine zweite Rolle für Business Schools sehen wir, die Initiatoren der Organisation 50+20 darin, die Forschung in den Dienst der Lösung praktischer Nachhaltigkeitsprobleme in Wirtschaft und Gesellschaft zu stellen. Die Forschung adressiert heute andere Wissenschaftler, nicht die Praxis. Gelesen wird sie von anderen Wissenschaftlern. Gemessen wird ihr Wert daran, wie häufig sie von anderen Forschern zitiert wird, nicht aber, ob sie Praktikern oder gesellschaftlichen Akteuren einen Nutzen bringt. Tut sie das dennoch, so ist dies ein willkommener Nebeneffekt, nicht aber das angestrebte Ziel der Forschung.
Bisherige Strategien kritisch hinterfragen
Wichtige Ansatzpunkte, wie Business Schools wirtschaftlichen Organisationen helfen können, eine nachhaltige Entwicklung zu erreichen, sehen wir darin, nachhaltige Lösungsbeiträge für Wirtschaft und Unternehmen zu entwickeln und bestehende Strategien kritisch zu hinterfragen. Neben der Entwicklung von wirtschaftlichen Lösungen für Nachhaltigkeitsherausforderungen geht es aber auch um die Entwicklung integrierter Systeme für die Leistungs- und Erfolgsmessung, um die Klärung professioneller und ethischer Standards für ein nachhaltiges Wirtschaften oder um die Unterstützung heutiger Führungskräfte bei ihrer persönlichen Weiterentwicklung in Richtung Verantwortung und Nachhaltigkeit.
Business Schools müssen sich aktiv an der nachhaltigen Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft beteiligen. Sie stehen als zentrale gesellschaftliche Institutionen selbst in der – für Hochschulen in der Schweiz gesetzlich verankerten – Pflicht, aktiv zu einer nachhaltigen Veränderung beizutragen. Wie können sie dies tun?
Wichtige Ansatzpunkte sehen wir darin, den Rollenwechsel zwischen Wissenschaft und Praxis deutlich zu verstärken, so dass die Grenzen durchlässiger und gegenseitige Befruchtungen häufiger werden.
Nachhaltiges Handeln vorleben
Auch sollten Business Schools dafür sorgen, dass Wissenschaftler ihre Verantwortung als öffentliche Intellektuelle wahrnehmen und ihre Expertise systematisch in gesellschaftliche und politische Willensbildungen und Entscheidungen einbringen. Und schliesslich sollten Business Schools selbst als Vorbilder dienen und das, was sie vermitteln, vorleben. In der Ausbildung, Forschung, Weiterbildung, öffentlichem Engagement und in ihren eigenen Infrastrukturen und Prozessen.
Der Wettbewerb zwischen Business Schools hat in den letzten Jahren stark zugenommen, begünstigt durch Akkreditierungen und Rankings. Business Schools haben sich angestrengt, die Besten in der Welt zu werden. Jetzt geht es darum, die Besten für die Welt zu werden.
Bild: Photocase / Herr Specht
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