Campus - 16.07.2024 - 09:21
Dario Bühler hat sich in sein Büro ein Diagramm gehängt, das die Alterspyramide der Schweiz zeigt. Die breite Mitte wird von einem deutlich dünneren Stamm getragen. «Das zeigt mir täglich, an welchem Problem ich arbeite», sagt Bühler. Er hilft mit seiner Agentur «Digitalmacher» Schweizer KMUs dabei, Fachkräfte zu gewinnen.
Dass er einst zum Personalmarketer werden würde, war zu Beginn seiner Laufbahn nicht absehbar: Bühler, der aus einer Bau- und Handwerkerfamilie stammt, machte zuerst eine Lehre als Elektroinstallateur. Dann hängte er die Berufsmatura, die Passerelle und ein HSG-Studium an. «Klar war immer, dass ich etwas Eigenes machen wollte. Schon mit 18 Jahren gründete ich in St.German bei Visp mit Freunden einen Weinkeller», sagt der heute 33-Jährige, der im Wallis aufgewachsen ist.
Ein Walliser, der Wein verkauft - das zeigt: Herkunft ist für Bühler wichtig. Sie prägt bis heute seine Art, zu arbeiten. Die Digitalmacher gestalten ihre Social Media-Kampagnen vor allem für KMUs aus der Baubranche und Industrie. «Das sind die Unternehmen, die wir am besten verstehen, weil wir selbst früher an ähnlichen Orten gearbeitet haben», so Bühler, dessen Geschäftspartner Michael Kuonen vor seinem Marketingstudium ursprünglich Automechaniker gelernt hat.
2023 lancierte Bühler zusätzlich zur 2022 gegründeten Agentur den Podcast «Schweizer Erfolg». Darin interviewte er bisher beispielsweise den Ex-Fussballer Beni Huggel, den CEO von Zweifel Chips Christoph Zweifel, den FDP-Nationalrat und Digitec-Gründer Marcel Dobler oder Sophie Toth, Produzentin der SRF-Erfolgsserie «Tschugger».
«Der Podcast geht der Frage nach, was diese Menschen erfolgreich macht und was die Hörenden davon lernen können.» Rund 40 Folgen hat Bühler bisher aufgenommen – und er hat noch viele Fragen. Interessieren würde ihn beispielsweise ein Interview mit Unternehmer Peter Spuhler. Dieser hatte jüngst mit der Ankündigung für Aufsehen gesorgt, er werde wegen einer Juso-Initiative zur Erbschaftssteuer aus der Schweiz auswandern. «Spuhler ist Unternehmer und sagt, was er denkt. Aus solchen offen geführten Interviews kann ich die meisten Learnings mitnehmen.»
Er sei überzeugt, sagt Bühler, dass der sogenannte amerikanische Traum in der Schweiz gelebte Realität sei. «Ich zum Beispiel habe eine Lehre gemacht und konnte dank des dualen Bildungssystems später an der HSG studieren.»
Aus seiner Zeit in St.Gallen nehme er bis heute ein starkes berufliches und persönliches Netzwerk mit. «Die HSG setzt viel auf Austausch und auf kleine Klassen. Das bewährt sich – man lernt viele Leute kennen.» Auch die Offenheit und Internationalität der HSG habe ihn, als er sich über verschiedene Studienorte informierte, überzeugt.
Nach seinem Studium arbeitete Bühler mehrere Jahre in Marketingfunktionen für die Uhrenfirmen TAG Heuer und Fortis. Beim Einblick in die Corporate-Welt wuchs der Wunsch, sich selbständig zu machen. Für Personalmarketing entschied sich Bühler, nachdem er eigene Nachforschungen angestellt hatte: Er nutzte bestehende Kontakte und telefonierte Baufirmen ab und offerierte Webseiten. «Die Firmen sagten mir aber, sie bräuchten keine neuen Webseiten, sondern qualifizierte Mitarbeitende.»
Heute bieten die Digitalmacher umfassende Dienstleistungen im Bereich Social Recruiting an. Von der Beratung bis hin zur gezielten Ansprache der richtigen Zielgruppe über die passenden sozialen Medien. «Viele Schweizer Unternehmen haben bereits heute gute Arbeitsbedingungen und Benefits. Die meisten wollen das aber nicht an die grosse Glocke hängen – typisch schweizerisch halt», sagt Bühler.
Dabei sei das Potential gross: Laut Umfragen seien heute 60 bis 70 Prozent der Schweizer Arbeitnehmenden wechselwillig, sagt Bühler. «Wenn ein gutes Angebot kommt, kann man diese Menschen gewinnen.»
Es gehe zudem darum, dass Unternehmen Menschen authentisch ansprechen. «Ein Bauarbeiter ist sich einen rauen Umgangston gewöhnt und er spricht mehrere Sprachen an einem Arbeitstag. Die geschliffenen Formulierungen eines klassischen Imagefilmes werden ihn kaum erreichen», so Bühler.
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