Meinungen - 21.12.2012 - 00:00
21. Dezember 2012. «Die Regierung Monti wird nicht den Weihnachtspanettone essen», so drohte die Partei Lega Nord vor einigen Monaten. Die Warnung war ernst gemeint. Viele hatten sich aber der Illusion hingegeben, dass Mario Monti es bis zum Ende seines Mandats schaffen würde. Die Ungeduld von einigen, vielleicht auch der Neid von anderen, und die politische Unsicherheit vor den anstehenden Wahlen im Februar haben überraschend das Aus herbeigeführt.
Es war Berlusconis Partei, die Mario Monti ihre Unterstützung im Parlament entzog und somit eine Regierungskrise auslöste. Hinzu kam noch die Aussage des «Cavaliere», wiedermal als Spitzenkandidat seiner Partei antreten zu wollen. Sein populistischer Ton und sein Gehabe, sich als Held der Nation auszugeben, sind die gleichen wie vor zwanzig Jahren. Diesmal will der Medienmogul sein Heimatland nicht vor den Kommunisten retten; vielmehr möchte Berlusconi verhindern, dass die «Technokraten» Italien in ein neues Griechenland verwandeln.
Italiens Zustand gibt Grund zur Sorge
Wie immer stellt Berlusconi die Wahrheit auf den Kopf – und versucht so zum wiederholten Mal, sich als «Retter Italiens» zu präsentieren. Dass er selbst das Land an den Abgrund getrieben hat, interessiert ihn dabei nicht. Auch scheint es für ihn unerheblich zu sein, ob Montis Regierung in den nächsten Monaten ein vernünftiges Reformprogramm auf die Beine stellt. Die Lage ist dieses Mal besorgniserregender als in früheren Zeiten.
Italiens politische Welt ist gespalten und zersplittert, auch weil der alte Bipolarismus, der die politischen Fraktionen zusammengehalten hat, nicht mehr existiert. Politisches Desinteresse veranlasst die Bevölkerung zur Wahlenthaltung oder zur Flucht in neue, antipolitische Bewegungen. Auch deshalb stellt die Rückkehr Berlusconis ein grosses Risiko für die Stabilität des politischen Systems in Italien dar. Berlusconi wird eher von Eitelkeit und Allmachtswahn, von Revanche- und Rachegefühlen getrieben, als vom Wunsch, seinem Land zu helfen.
Die Mitte-Links-Koalition scheint heute die ausgewogenste, politische Kraft zu sein, auch wenn noch nicht feststeht, mit wem sie ein Bündnis eingehen wird. Der Gegenpol, einst von Berlusconi geleitet, ist uneins, zerstritten und ohne ein innovatives, politisches Programm. Wenn zwei sich streiten, freut sich der «Dritte»: In diesem Fall der Nachfolger der Democrazia Cristiana und ihrer damaligen Koalitionspartner (Liberale und Sozialdemokraten).
Probleme lösen unter hohem Druck
Die Spitzenvertreter des «Dritten Pols» schlagen Mario Monti als ihren idealen Spitzenkandidaten vor. Sie versammeln Wirtschaftswissenschaftler, Politiker und Intellektuelle in einem «Think Tank», um einen gemeinsamen Weg aus dieser Situation zu finden. Aber die Zeit für eine mögliche einvernehmliche Lösung ist knapp geworden. Die einzige neue, politische Kraft der Stunde, die Protestbewegung «Movimento 5 Stelle», ist in ihren Vorsätzen zwar sehr demokratisch – so kommuniziert sie nur über das Netz – stellt sich aber letztlich als zu populistisch und planlos heraus.
Italiens politische Landschaft sieht heute düster aus. Wie die zukünftige politische Situation aussehen wird, ist schwer vorstellbar. Die Linke könnte laut Umfragen die nächsten Wahlen gewinnen. Von langer Dauer wäre diese Regierung nicht. Im Grunde ist das Politik-Vertrauen vieler Italiener und der Avantgarde drastisch gesunken. Kein Wunder, dass sich nur wenige Intellektuelle für «Professor Monti» eingesetzt haben. Dies ist bedauerlich. Denn die italienische Regierung hatte dank Monti wieder an Glaubwürdigkeit gewonnen. Die Hoffnung vieler – auch in Europa – ruhte berechtigterweise auf den «Technokraten».
Bild: Photocase / Leonard
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