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Forschung - 22.09.2023 - 11:30 

Brustkrebsfrüherkennungsprogramm kann Leben retten

Die School of Medicine und die Krebsliga Ostschweiz bilden erstmals eine Forschungskooperation. Ausgewertet wurden Daten des Brustkrebsfrüherkennungsprogramms «donna» aus den Jahren 2010 bis 2019, in St.Gallen und Graubünden. Die 5-Jahresüberlebensrate lag bei Frauen, die am Programm teilgenommen haben, um über 10 Prozentpunkte höher als bei denen, die sich nicht untersuchen liessen. Das positive Gesamtergebnis hebt die Relevanz von systematischer Brustkrebsfrüherkennung hervor.
Die MED-HSG)und die Krebsliga Ostschweiz bilden erstmals eine Forschungskooperation. Ausgewertet wurden Daten des Brustkrebsfrüherkennungsprogramms «donna» aus den Jahren 2010 bis 2019, in St.Gallen und Graubünden.

Brustkrebs ist die am häufigsten diagnostizierte Krebserkrankung bei Frauen in der Schweiz. Die Diagnose trifft jährlich 6500 Frauen, 550 davon in den Kantonen St.Gallen und Graubünden. In den meisten Fällen sind über 50-Jährige betroffen. Mit dem Brustkrebsfrüherkennungsprogramm «donna» möchten Kantone dazu beitragen, dass Brustkrebs früher erkannt und somit effektiver behandelt werden kann. Frauen zwischen 50 bis 69 werden deshalb von «donna» alle zwei Jahre schriftlich zu einer freiwilligen Röntgenuntersuchung der Brust, einer sog. Mammografie, eingeladen. 

Zur Evaluation der Daten aus den Jahren 2010 bis 2019 in den Kantonen St.Gallen und Graubünden hat die Krebsliga Ostschweiz die School of Medicine (MED-HSG) beigezogen. Ausgewertet wurden Daten aus dem Krebsregister Ostschweiz und dem «donna» Programm, welche insgesamt über 2700 Brustkrebsfälle dokumentieren. Hauptziel der Kooperation: die Qualitätssicherung und -verbesserung des «donna»-Programms.

Höhere Überlebensraten und schonendere Behandlungen 

Früherkennungsprogramme können Krebserkrankungen in einem frühen Stadium identifizieren. Ein Qualitätskriterium effektiver Früherkennungsprogramme ist ausserdem das Minimieren sog. «Intervallkarzinome». Diese treten zwischen zwei Screening-Untersuchungen auf. Wird also eine erste Untersuchung als unauffällig erklärt, innerhalb von 24 Monaten nach dem Screening aber Brustkrebs diagnostiziert, handelt es sich um ein Intervallkarzinom. 

Zu betonen sind insbesondere die folgenden Erkenntnisse: 

  • Frauen mit Diagnose Brustkrebs, die am «donna»-Programm teilgenommen haben, hatten eine signifikant bessere 5-Jahresüberlebensrate (96.5%) als Frauen ausserhalb des Programms (86.1%). 
  • Die deutlich höheren Überlebenschancen können u.a. darauf zurückgeführt werden, dass der Brustkrebs in einem früheren Stadium entdeckt wurde – «donna» entdeckte 64.1% der Krebserkrankungen bereits als sog. in-situ Karzinom oder Karzinom in Stadium 1. Ausserhalb des Programms war der Wert bei 43.4%.
  • Bei «donna»-Teilnehmenden mussten nur halb so viele Brustkrebsentfernungen, sog. Mastektomien, und deutlich weniger Chemotherapien durchgeführt werden. 
  • Frauen innerhalb des «donna»-Programms, bei denen sich ein Intervallkarzinom innert 2 Jahren nach dem Screening zeigte, hatten immer noch eine signifikant höhere Überlebensrate als Frauen, die nicht am Screening teilgenommen haben. 
  • Das «donna»-Programm weist im schweizweiten Vergleich eine niedrige Intervallkarzinomrate auf, was die hohe Sensitivität und Effektivität des Programms bestätigt. 
  • Intervallkarzinome treten insbesondere bei Frauen auf, die zum ersten Mal eine Mammographie machen, eine hohe Brustdichte aufweisen und einen hohen Wert des Proteins Ki-67 haben, der auf ein bösartigeres Verhalten hindeutet. 

Risikofaktoren minimieren und KI-Software testen

«Früherkennung von Krebs ist nicht nur für die einzelne Frau von Vorteil, sondern verhindert die Behandlung von schweren Krankheitsverläufen und spart somit auch Ressourcen in unserem Gesundheitssystem», sagt Prof. Dr. Alexander Geissler, Professor für Management im Gesundheitswesen an der School of Medicine. Die genannten Ergebnisse seien erst der Anfang, denn das Kooperationsprojekt läuft weiter. 

Das Forschungsteam der School of Medicine wird in Zusammenarbeit mit Expert:innen des «donna»-Programms und dem Krebsregister in den nächsten Schritten folgende Ansätze weiter vorantreiben: 

  • Review der Intervallkarzinommammographien: Mammographien, bei denen ein Intervallkarzinom entdeckt wird, werden aktuell von unabhängigen Radiolog:innen noch einmal begutachtet. Sie evaluieren, ob bei der vorherigen Mammographie keine oder gegebenenfalls geringe Indikatoren sichtbar waren. Diese Ergebnisse können einen wichtigen Beitrag zur Sensitivitätsbestimmung des Programms leisten und zur Weiterbildung von Radiologinnen und Radiologen dienen. 
  • Adressierung der Risikofaktoren für Intervallkarzinome: Diskutiert werden Möglichkeiten, die Anzahl von Intervallkarzinomen noch weiter zu reduzieren. Dies insbesondere bei Frauen mit prävalenten Risikofaktoren (z.B. hohe Brustdichte und hoher Ki-67 Wert). 
  • KI-Einsatz in der Brustkrebsdiagnostik: Eine KI-Software wird derzeit bereits getestet. Im Falle positiver Studienergebnisse soll sie Radiolog:innen innerhalb des «donna»-Programms künftig bei der Auswertung von Mammographien unterstützen. Erste internationale Publikationen deuten auf das Potenzial solcher Softwareanwendungen in Bezug auf verbesserte Sensitivität und Effizienz hin. 

Die Kooperationspartner empfehlen die Teilnahme an Brustkrebsfrüherkennungsprogrammen wie «donna» und bekräftigen mit dem Ergebnis frühere Studien ausserhalb der Schweiz. Um es in den Worten von Dr. med. Rudolf Morant, Präsident der Krebsliga Ostschweiz, auszudrücken: «Mach mit und nimm die Freundin mit, Du rettest damit vielleicht ihr Leben.»

Bild: Adobe Stock / Valerii Apetroaiei

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