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Campus - 31.03.2022 - 00:00 

«Apfelhelden» versus Food Waste

Viele Äpfel, die den schweizerischen Verkaufsstandards nicht genügen, landen im Müll. Für eine nachhaltigere Lösung setzen sich die HSG-Studierenden Stefan Birkenmaier, Gina Lutz und Patric Weil mit ihrem Projekt «Apfelhelden» ein. Sie konzipieren Workshops für Schulklassen, in denen Kinder Äpfel mit Schönheitsfehlern zu Apfelmus verarbeiten können. Von Studentenreporterin Adria Pop.

31. März 2022. Entstanden ist das Konzept zu «Apfelhelden» im Herbst des Jahres 2020 beim Besuch des Master-Kurses «Nachhaltige Startups» unter der Leitung von Dr. Patrick Stähler. Dieser beinhaltete die Entwicklung eines nachhaltigen Geschäftsmodells und dessen Umsetzung. Nach Befragungen der Nachfrageseite entschieden sich die Studierenden für das Thema «Food Waste».

«Es geht um ein Problem, welches uns vor Augen liegt, gegen welches sich noch zu wenige einsetzen», sagt Weil. «Viele betrachten die Produkte in den Supermärkten als selbstverständlich. Krumme Karotten kennen die meisten Menschen gar nicht, alles ist für den Verkauf stets perfekt. Das muss es aber nicht und das möchten wir vermitteln», fügt Birkenmaier an.

Kinder mit Nachhaltigkeit in Kontakt bringen

Der von den Masterstudierenden entworfene Workshop sollte dabei möglichst selbstständig von Lehrpersonen durchgeführt werden können. Programminhalt, Apfelmusrezept und Aufbau der zweistündigen Lerneinheit, bieten die Studierenden darum als unentgeltliche Leistung auf ihrer Webseite für interessierte Lehrpersonen an. Die Zielgruppe für den Workshop bilden besonders Primarschulklassen. Als Leitmotiv für den Workshop für Kinder nannte Patric Weil das Zitat Benjamin Franklins: «Tell me and I forget. Teach me and I remember. Involve me and I learn.» Birkenmaier und Weil verdeutlichten neben dem Theoretischen vor allem die Wichtigkeit des praxisorientierten Lernens. Kinder sollten durch die eigenständige Verwertung der Äpfel zu Apfelmus mit dem Thema Nachhaltigkeit erstmals in Kontakt treten.

Plattform für Bauern und Schulen

Die Kernaktivitäten der sich ehrenamtlich engagierenden Studierenden bestehen unter anderem aus der Vermittlung optisch mangelhafter Äpfel, die sich für den Verkauf in Supermärkten nicht eignen. Zur Bereitstellung der Früchte kooperieren sie mit der Tobi Seeobst AG, welche die Lehrpersonen direkt kontaktieren können. Sie bieten den Bauern und Schulen durch ihre Webseite so eine Plattform.

«Ohne dass wir uns dauernd darum kümmern müssen, kann der Workshop einem breiten Publikum und Interessenten zugänglich gemacht werden», sagt Birkenmaier. Anstelle von Erträgen treibt rein das Emotionale die Fortführung des Projekts an. Die Errichtung der notwendigen Strukturen von «Apfelhelden» finanzierten sie selbst.

«Wir sind ausserhalb der Lehrer-Schüler-Beziehung stehende Personen, die den Kindern auf diesem Weg, losgelöst vom Schulalltag, etwas beibringen möchten», erklärt Weil. Selbst wenn ihr Tun die pädagogische Arbeit nicht direkt umfasst, besuchen die Masterstudierenden oftmals die Schulen während eines ihrer Workshops. Birkenmaier und Weil schätzen den Umgang mit den Kindern sehr. Da die Gründer:innen ihre Tätigkeiten nicht als Arbeit ansehen, sei das Studium dadurch zeittechnisch wenig tangiert.

In Zukunft wollen sie ihr Projekt durch diverse Soziale Netzwerke breiter bekannt machen. Hierfür sehen sie eine Professionalisierung der eigenen Webseite vor. Ebenfalls ist eine Vereinsgründung in Planung. Auch sei die Erweiterung des Projekts im Sinne von einer grösseren Auswahl von Kochrezepten, je nach Saisonalität der Lebensmittel, denkbar.

Bewusstsein schaffen für Lebensmittelverschwendung

Für Stefan Birkenmaier und Patric Weil war der Besuch der ersten Schulklasse und die Ausführung ihrer selbstgeschaffenen Lerneinheit ein einprägsamer Moment: «Wir haben gemerkt wie viel wir geben können. Dies haben wir auch Dank der positiven Resonanz der Lehrer:innen und Kinder verstanden.»

Das Projekt «Apfelhelden» zeigt, dass gute Ideen einfach sein können. Spiele wie das blinde Erraten des Zustands der Äpfel durch deren Verkostung, lösten bei den Kindern Momente der Erkenntnis aus. Für die Studierenden sind die Feststellungen der Schülerinnen und Schüler, dass die Optik der Frucht nichts über den Geschmack aussagen muss, Meilensteine. Aus den Workshops würden die Kinder neben dem selbstgemachten Apfelmus im Einmachglas auch ein Bewusstsein für die Lebensmittelverschwendung mit nach Hause nehmen. Das Erlernte käme über die Schülerinnen und Schüler auch bei deren Eltern an. «Apfelhelden» nimmt an, mit Schulkindern als Zielgruppe die grösstmögliche langfristige Auswirkung erzielen zu können.

Theorie in der Praxis umsetzen

Für Birkenmaier und Weil waren die Theorien und Konzepte, welche sie im Master in Business Management (MUG) an der Universität St. Gallen kennengelernt haben, grundlegend für die Umsetzung des Projekts. Die strategische Herangehensweise, das Erarbeiten von Geschäftsmodellen sowie das langfristige Denken, verhalf «Apfelhelden» zu seinem Erfolg. Im Kurs «Nachhaltige Startups» lernten sie insbesondere, dass man für eine Geschäftsidee immer mit der Suche eines bestehenden Problems beginnt, bevor man sich mit der Ausarbeitung einer Idee auseinandersetzt. In der Umsetzung begegneten sie wiederum Herausforderungen in Gestalt von Absagen von sowohl Schulen als auch landwirtschaftlichen Betrieben, welches ihr Durchhaltevermögen forderte.  «Zu einfach gibt’s nicht», sagt Weil. Mit dieser abschliessenden Aussage will er seine Mitstudierenden zu ähnlichen Aktionen auffordern.

Adria Pop studiert Betriebswirtschaftslehre im vierten Semester.

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