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Meinungen - 22.04.2021 - 00:00 

Beim Klimaschutz müssen die USA ihren guten Willen zeigen

Der US-Klimaschutzbeauftragte John Kerry ist nach Schanghai gereist, um China zu überzeugen, gemeinsam an der Reduzierung der Treibhausgasemissionen zu arbeiten. Ein Kommentar von Dr. Manali Kumar.

22. April 2021. US-Präsident Joe Biden hat 40 Staats- und Regierungschefs zu einem Klimagipfel Ende dieser Woche eingeladen. Vor diesem Treffen hat der Klimaschutzbeauftragte John Kerry 20 Industrieländer, die für 81 % der Emissionen verantwortlich sind, aufgefordert, «mit gutem Beispiel voranzugehen» und sich für die letzten vier Jahre der Untätigkeit unter Donald Trump entschuldigt, der «sich nicht um Wissenschaft geschert hat». Kerry traf sich letzte Woche in Schanghai auch zu Gesprächen mit seinem chinesischen Amtskollegen Xie Zhenhua. In einer gemeinsamen Erklärung, die am Samstag veröffentlicht wurde, haben China und die USA ihre Verpflichtung zum Ausdruck gebracht, die Klimakrise gemeinsam anzugehen und vereinbart «weiterhin darüber zu sprechen», welche gezielten Massnahmen ergriffen werden können, um Emissionen zu reduzieren. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob aus diesen Gesprächen konkrete Massnahmen hervorgehen. Der Grund dafür ist, dass die USA – die grösste Volkswirtschaft der Welt und zweitgrösster Emittent von Treibhausgasen – wenig Glaubwürdigkeit besitzt, wenn es darum geht, die Auswirkungen des Klimawandels einzudämmen.

Die USA haben es bekanntermassen 1997 versäumt, das historische Kyoto-Protokoll zu ratifizieren, und auch Bill Clinton und Barack Obama – beide Präsidenten der Demokratischen Partei – haben das Abkommen dem Kongress nicht zur Ratifizierung vorgelegt. Der US-Kongress hat eine lange Geschichte, Gesetzesvorschläge zum Klimaschutz, die von seinen Mitgliedern eingebracht werden, nicht zu verabschieden. So war es keine Überraschung, dass das Land unter Donald Trumps Führung aus dem 2015 geschlossenen Pariser Klimaabkommen ausgetreten ist. Die Tatsache, dass die USA internationale Abkommen nicht einhalten, zeugt nicht gerade von gutem Willen.

Gemeinsames Handeln ist gefragt

China und Indien, andererseits, haben immer wieder die historische Verantwortung der Industrieländer im Zusammenhang mit der Beschleunigung des Klimawandels betont und mehr Massnahmen in Form von finanzieller und technologischer Hilfe für die Entwicklungsländer gefordert. Dies wird sich vermutlich nicht ändern. Der indische Umweltminister wiederholte diesen Standpunkt erst im Dezember letzten Jahres. Auch wenn China an gemeinsamen Massnahmen zur Eindämmung des Klimawandels mit den USA interessiert zu sein scheint, bleibt Entwicklung dennoch ein wichtiges Thema von nationalem Interesse. Vor dem Gipfel in dieser Woche hat Brasiliens Umweltminister gesagt, dass sein Land bis 2030 rund 10 Milliarden Dollar an Hilfen brauche, um die illegale Abholzung des Amazonas zu bekämpfen.

Die USA haben ihre Wirtschaft immer über den Klimaschutz gestellt und haben die höchsten Pro-Kopf-Emissionen von Treibhausgasen. Das US-Militär alleine ist ein grösserer Emittent als 140 Länder. Wenn man bedenkt, welchen Entwicklungsbedarf China und Indien noch haben, ist unklar, warum diese aufstrebenden Mächte nicht dieselben Privilegien fordern sollten.

Republikaner und Grossunternehmen in den USA haben sich lange gegen den Klimaschutz gestellt und aktiv wissenschaftliche Forschung zu diesem Thema unterminiert. Die Stimmen aus der Bevölkerung, die wirkungsvolle Massnahmen der US-Regierung fordern, werden jedoch immer lauter.

Klimaschutz zur Priorität machen

Am Tag seiner Amtseinführung hat Joe Biden ein Dekret zur Rückkehr zum Pariser Klimaabkommen unterzeichnet und einen lange Liste von Massnahmen vorgestellt, die seine Regierung umsetzen möchte. Die Tatsache, dass der frühere Aussenminister John Kerry zum Sondergesandten für Klimaschutz ernannt wurde und dass dieser internationale Gipfel im Vorfeld der UN-Klimakonferenz COP26, die diesen November stattfindet, organisiert wird, signalisiert, dass die USA den Klimaschutz nun möglicherweise endlich ernst nehmen wollen.

Denn was den Klimaschutz angeht, hinken die USA hinter den anderen Industrieländern her. So haben zum Beispiel letzten Dezember die 27 EU-Mitgliedsstaaten ein Abkommen geschlossen, in dem sie sich verpflichten, ihre Emissionen bis 2030 um 55 % zu reduzieren. Sogar Chinas Staatspräsident Xi Jinping hat bei der UN-Generalversammlung letztes Jahr verkündet, dass China versuchen wird, den Höchstwert an Emissionen bis 2030 zu erreichen und bis 2060 Netto-Null-Emissionen zu erreichen.

Das Rückgängigmachen von Trumps Aufkündigung der Umwelt- und Emissionsgesetze aus der Amtszeit Obamas wird für die Biden-Regierung ein wichtiger innenpolitischer Schwerpunkt sein. Anstatt jedoch ihre internationalen Verpflichtungen von den Massnahmen anderer Länder abhängig machen, werden die USA eher eine gemeinsame Basis mit China und Indien finden, wenn sie ihre national festgelegten Beiträge zum Pariser Klimaabkommen verkünden. Die USA sind einer von lediglich vier OECD-Mitgliedsstaaten, die dies noch nicht getan haben (die anderen drei sind Kolumbien, Island und Israel). Obwohl sie bei internationalen Verhandlungen strikt gegen entsprechende Verpflichtungen von Entwicklungsländern waren, haben sowohl China als auch Indien bereits ihre national festgelegten Beiträge angekündigt.

Dr. Manali Kumar ist Wissenschaftliche Assistentin am Institut für Politikwissenschaft der Universität St.Gallen und Chefredakteurin von 9DASHLINE. Sie twittert unter @ManaliKumar.

Bild: photocase / Mr. Nico

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