Forschung - 04.06.2024 - 18:00
Single Family Offices sind von einer Familie gegründete Rechtsträger, die den Bedürfnissen einer vermögenden Familie oder mehrerer Zweige einer grösseren Familie dienen. Da sich jedes Single Family Office durch das Ökosystem der einzelnen Familie definiert, werden die Hauptmerkmale des Family Office weitgehend von deren zugrundliegenden Werten, Visionen und Zielen bestimmt. Folglich zeichnet sich die Industrie durch eine recht hohe Heterogenität aus.
Die Studie des Instituts für Banken und Finanzen an der Universität St.Gallen (s/bf-HSG), der Swiss Single Family Office Association (SFOA) und UBS untersucht die in der Schweiz recht häufig vertretenen Gesellschaften erstmals systematisch. Das geschätzte Gesamtnettovermögen der Swiss Single Family Offices umfasst rund CHF 600 Milliarden. Die Bestandsaufnahme gibt Einblick in Strukturen, Tätigkeitsfelder und Besonderheiten der Gesellschaften und zeigt unter anderem auch auf, in welche Bereiche und Regionen die Gesellschaften investieren und wie die Schweiz ihre Standortattraktivität für Single Family Offices weiter verbessern könnte.
Für die Studie befragten die Studienpartner Schweizer Single Family Offices, die der Swiss Single Family Office Association bekannt (Mitglieder wie auch Nichtmitglieder), oder Kunden von UBS sind. Durchgeführt wurde die Umfrage vom 27. November bis 18. Dezember 2023. Von 220 Einladungen zur Teilnahme an der Umfrage antworteten 70 Single Family Offices mit Sitz in der Schweiz. Gemäss einer Schätzung des SFOA befinden sich in der Schweiz zwischen 250 und 300 SFOs. Somit repräsentieren die 70 Befragten etwa 25% der Industrie.
«70% der Single Family Offices verwalten die Anteile an einem Familienunternehmen. Sie fungieren als institutioneller Pfeiler für die Verwaltung von Mehrgenerationen-Familienunternehmen. Ausserdem besitzen 82% der Befragten mindestens eine strategische Beteiligung. Neben ihrer Bedeutung für den Finanzplatz Schweiz tragen Single Family Offices also durchaus auch zum Erhalt und der Entwicklung der Schweizer Wirtschaft bei», sagt Studienleiter Prof. Dr. Markus Schmid, Professor für Unternehmensfinanzierung am Institut für Banken und Finanzen der Universität St.Gallen (s/bf-HSG).
Die Befragung zeichnet mit Blick auf sechs Schwerpunkte folgendes Bild der Industrie:
Vermögen: Das Nettovermögen der befragten Single Family Offices in der Schweiz reicht von weniger als CHF 250 Millionen bis mehr als CHF 10 Milliarden. Die Gesamtgrösse des Vermögens der Single Family Office-Branche in der Schweiz wird konservativ auf rund CHF 600 Milliarden geschätzt. Die Mehrheit der Single Family Offices umfasst ein Familienunternehmen oder hält strategische Beteiligungen.
Standort Schweiz: Als Family Office-Standort ist die Schweiz einem stetig wachsenden Wettbewerb ausgesetzt. Die Herkunft des wirtschaftlichen Eigentümers, politische Stabilität und die Rechtssicherheit sind die drei wichtigsten Gründe für die Gesellschaften, sich in der Schweiz niederzulassen.
Die Mehrheit der Single Family Offices befürwortet ein Lizenzierungsregime, um diesen Schweizer Wirtschaftszweig zu schützen, zu erhalten und international zu fördern, sowie um einen Mindestqualitätsstandard für die Marktteilnehmer zu schaffen.
Struktur: Bei fast der Hälfte der befragten Gesellschaften sind Familienmitglieder die Eigentümer.
70% Family Offices betreuen die ersten drei Familiengenerationen, 20% dienen Familien, die entweder in der 4. Generation oder älter sind. Ein kleinerer Anteil wird durch Stiftungen gehalten.
Rollenverteilung und Dienstleistungen: 70% der Single Family Offices beschäftigen einen CEO. Nur sehr wenige beschäftigen einen Chief Technology Officer oder einen Chief Sustainability Officer. Die wichtigsten Dienstleistungen, die von Single Family Offices angeboten werden, sind Vermögensverwaltung sowie Buchhaltung und Reporting. Anlagedienstleistungen werden von fast allen Gesellschaften angeboten, weniger oft hingegen Family Wealth Services und Concierge-Dienstleistungen. Die meisten Dienstleistungen werden intern erbracht. Rechts- und Steuerplanungsberatung dagegen sind häufig ausgelagert.
Vermögensaufteilung: Investitionen in alternative Anlageklassen wie Private Equity überwiegen gegenüber den traditionellen Anlageklassen. 32% der Single Family Offices planen, ihre Asset Allocation im Jahr 2024 anzupassen. Schweizer Anlagen sind deutlich übergewichtet: Rund ein Drittel der Vermögenswerte von Single Family Offices sind in der Schweiz investiert.
Ausblick: Risikomanagement, geopolitische Risiken und Cybersicherheit gewinnen aus Sicht der Single Family Offices in den nächsten fünf Jahren stark an Bedeutung. Im Themenbereich Nachhaltigkeit stehen sogenannte «Impact Investments» im Fokus, das heisst Anlagen, die nicht nur eine finanzielle Rendite, sondern auch eine messbare soziale oder ökologische Wirkung erzielen sollen. Die Mehrheit der SFOs (73%) gibt an, dass sie das Erzielen eines positiven sozialen oder ökologischen Impacts als wichtig erachten. Hingegen stützt sich nur eine Minderheit auf den «ESG-Score» der Portfolios. Diese Kennzahl ist in Fachkreisen umstritten.
«Dieser erste Bericht zu Single Family Offices in der Schweiz erlaubt eine Bestandesaufnahme der Family Office-Industrie und soll zu einer informierten Diskussion über deren Weiterentwicklung beitragen. Unsere Untersuchung zeigt, dass Single Family Offices sowohl aus Sicht des Finanzplatzes Schweiz als auch der Realwirtschaft im Rahmen der Verwaltung und Nachfolgeregelung von Familienunternehmen eine grosse Bedeutung zukommt», sagt Studienleiter Markus Schmid.
Bild: Adobe Stock / WS Studio 1985
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