Hintergrund - 08.08.2019 - 00:00
Geboren 1928 in Nohl im Kanton Zürich, verbrachte Walter Maria Förderer seine Kindheits- und Jugendjahre in Basel und Schaffhausen. Nach dem Besuch des Realgymnasiums machte er eine Typografenlehre, besuchte eine Bildhauertagesschule in der Kunstgewerbeschule Basel und betätigte sich als Bildhauer und Hilfszeichner im Büro des Architekten Willi Gossweiler (Schaffhausen), bevor er ein Volontariat beim Basler Architekten Hermann Baur absolvierte.
Mit Rolf G. Otto eröffnete er 1956 in Basel ein eigenes Architekturbüro, 1958 bis 1964 in Gemeinschaft mit Rolf Otto und Hans Zwimpfer. Das Büro bearbeitete in der Anfangszeit schwerpunktmässig Wettbewerbsaufgaben. 1957 setzte sich die Architektengemeinschaft mit einem Entwurf für den Neubau der Handels-Hochschule in St.Gallen gegen 116 Mitbewerber durch. Das Projekt «La Tête», das insbesondere die Handschrift Förderers trug, überzeugte in architektonischer, betrieblicher und wirtschaftlicher Hinsicht. Förderer betrachtete die Anlagen im Stil des Brutalismus als eine Art Gesamtkunstwerk, in die zeitgenössische abstrakte Kunst integriert werden sollte und in das er sich bis in das letzte Detail (beispielsweise Form der Aschenbecher) einbrachte. Die Hochschulanlagen wurden der erste international beachtete Erfolg Förderers.
Nach der Auflösung der Architektengemeinschaft (1964) baute Förderer teils Schulhäuser und hauptsächlich evangelische und katholische Kirchen in Deutschland (u.a. Monheim und Lübeck) und der Schweiz (u.a. Bern, Chur, Hérémence, Lichtensteig, Schaffhausen). 1965 folgte er dem Ruf als Professor für «koordinierendes künstlerisches Gestalten» an die Akademie der bildenden Künste in Karlsruhe und wirkte als Gastdozent an verschiedenen Hochschulen des In- und Auslands (neben Deutschland und der Schweiz auch Norwegen, Belgien, Österreich und die Türkei). 1986 wurde er Honorarprofessor für Entwurf an der Universität Stuttgart.
Anfang der 1970er Jahre gab Förderer die Architektur auf, um sich wieder der Bildhauerei zu widmen. Etwa gleichzeitig begann sein politisches Engagement (Kantonsrat in Schaffhausen 1973-1979, Ständeratskandidatur). Ab 1979 schuf er zahlreiche, mit Figuren besetzte Raumbilder («Raumbildkästen»).
Auch nach der Fertigstellung der Hochschulanlagen auf dem Rosenberg blieb Förderer der HSG eng verbunden: So schuf er 1968/69 zusammen mit dem Kollegen Zwimpfer einen Entwurf für die geplante Erweiterung der HSG, welches Vorhaben an der Volksabstimmung 1970 scheiterte. In den 1980er Jahren sass er in der Jury zum Ergänzungsbau (Bibliotheksbau), der 1986-1989 durch den Architekten Bruno Gerosa umgesetzt wurde. Kleinere Veränderungen am Entwurf (beispielsweise der Eingangsbereich) gehen auf Förderer zurück. Auch wirkte er in der Kunstkommission für den Ergänzungsbau mit.
Das erste Kunstwerk, das im Zuge des Ergänzungsbaus umgesetzt werden konnte, war denn auch ein Werk von Förderer selbst: Nachdem er im Februar 1987 ein provisorisches Holzmodell eines neuen Raumbildes im Verbindungsgang zwischen Haupt- und Ergänzungsbau aufgestellt hatte, fiel der Entscheid, dieses Modell mit dem Titel «Nicht betretbare Räume» umzusetzen. Die feierliche Einweihung fand im Vorfeld des «Dies academicus» am 10. Juni 1988 statt.
Auch an der HSG engagierte sich Förderer als Dozent: So beteiligte er sich beispielsweise im Wintersemester 1973/74 an dem Vortragszyklus «Wohnen und Leben», und ab dem Wintersemester 1987/88 war er Dozent für Architektur und Kunst im Rahmen der Öffentlichen Vorlesungen. In der Reihe der Aulavorträge hielt Förderer am 24. Januar 1985 einen Vortrag zum Thema «Schöpferischsein», zu dem parallel eine Ausstellung einiger seiner Werke im Hauptgebäude zu sehen war.
Walter Förderer starb nach langer schwerer Krankheit 2006.
Portal zur Geschichte der Universität St.Gallen
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