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Forschung - 14.05.2025 - 10:00 

Elite Quality Index 2025: Schweiz – Toppositionen, aber Gefahr der Selbstzufriedenheit

Die Schweiz belegt im Elite Quality Index (EQx) 2025 den dritten Rang. Sie wird getragen von robusten Institutionen. Dabei zeigt sich eine Tendenz zur Konzentration wirtschaftlicher Macht. Das Land schöpft sein Innovationspotenzial jedoch nicht voll aus und läuft Gefahr, dass institutionelle Stärke zu Selbstzufriedenheit führt. Frauen sind in Führungspositionen weiterhin unterrepräsentiert.

Der Begriff der «Elite» bezeichnet im Elite Quality Index jene Geschäftsmodelle, die das meiste Einkommen generiert haben – von der Finanz- und Unternehmenswelt bis hin zu Gewerkschaften und Beamten. Die sechste Ausgabe des Elite Quality Index (EQx2025) analysiert die Qualität von führenden Geschäftsmodellen in 151 Ländern anhand von 149 Indikatoren.

Angeführt wird das Ranking erneut von Singapur, gefolgt von den USA, die dank starker KI-Wertschöpfung einen Sprung von Rang 16 auf Rang 2 machten, und der Schweiz auf Rang 3. Der Index misst, inwieweit die Eliten eines Landes – definiert als Geschäftsmodelle, die das meiste Einkommen generieren – Wert für die Gesellschaft schaffen (Value Creation) statt ihn abzuschöpfen (Value Extraction).

Wichtige Ergebnisse für die Schweiz kurz zusammengefasst:

  • Schweiz auf Rang 3
    Die Schweiz hat erneut ihre Position unter den Ländern mit den hochwertigsten Eliten bestätigt und belegt im EQx2025 den dritten Rang. Dies spiegelt ein nationales Modell wider, in dem die Institutionen nicht nur robust sind, sondern auch von Elite-Geschäftsmodellen getragen werden, die auf nachhaltige Wertschöpfung ausgerichtet sind. Die Schweizer Eliten agieren in einem System, das von Transparenz, Dezentralisierung und Rechenschaftspflicht geprägt ist – Merkmale, die institutionalisierte innerelitäre Wettbewerbe fördern und sowohl zur politischen Legitimität als auch zur wirtschaftlichen Effizienz beitragen.
     
  • Konzentration wirtschaftlicher Macht
    Die Schweiz erzeugt aussergewöhnlich viel politischen und wirtschaftlichen Wert. Während ihre politische Machtbewertung stark ist (Rang 8), zeigt sich jedoch eine deutliche Konzentration wirtschaftlicher Macht (Rang 40). Für ein kleines Land mit global wettbewerbsfähigen Unternehmen ist eine solche Konzentration möglicherweise schwer zu vermeiden. Zwar nutzen die wirtschaftlichen Eliten ihre Macht derzeit nicht zur Ausbeutung öffentlicher Ressourcen, ihr Einfluss ist jedoch ausserordentlich hoch – was sich im niedrigen Ranking bei der Firmendominanz (Rang 144) widerspiegelt.
     
  • Schweiz schöpft Innovationsmöglichkeiten «kreativer Zerstörung» nicht aus
    Der empfohlene Weg nach vorn: mehr Investition in «kreative Zerstörung». In diesem Bereich schneidet die Schweiz mit Rang 20 zwar ordentlich ab, doch das Potenzial für Verbesserungen ist klar erkennbar.
     
  • Achtung: Erfolg kann träge machen
    Gleichzeitig kann die institutionelle Stärke, die den Erfolg der Schweiz trägt, auch zur Selbstzufriedenheit führen. Wenn das Land es versäumt, Herausforderungen wie zunehmende Marktkonzentration, ungleiche Geschlechterverhältnisse und ökologische Fehlanpassungen anzugehen, droht die Qualität seiner Eliten zu stagnieren, statt sich weiterzuentwickeln.
     
  • Gleichstellung: Schweiz nutzt Potenzial nicht – Frauen in Führungspositionen unterrepräsentiert
    Einige aufschlussreiche Gegensätze zeigen sich im Bereich der Geschlechtergerechtigkeit. Die Schweiz erzielt gute Ergebnisse im «Women’s Power Index» (Platz 15). Dennoch liegt sie beim Anteil von Frauen in Führungs- und mittleren Managementpositionen nur auf Platz 64 – was auf eine erhebliche Lücke zwischen strukturellem Potenzial und tatsächlicher Repräsentation hinweist.


Jenseits nationaler Platzierungen enthüllt der EQx2025 eine globale Neuvermessung der Elitenqualität, die etablierte Gewissheiten in Frage stellt. Wie erklärt sich der dramatische Aufstieg der USA, befeuert durch KI, während gleichzeitig Indikatoren für Zukunftsfähigkeit für kommende Generationen vergleichsweise schwach abschneiden? Welche strategischen Weichenstellungen führen dazu, dass asiatische Ökonomien an globaler Wertschöpfungskraft gewinnen, während andere grosse Schwellenländer zurückzufallen drohen? Der EQx2025 liefert nicht nur Ranglisten, sondern dringt tief in die Analyse von Machtstrukturen und Wertschöpfungsmodellen vor, um die komplexen Dynamiken aufzudecken, die über zukünftigen Wohlstand und Stabilität entscheiden – Einsichten, die für das Verständnis der globalen Kräfteverhältnisse unerlässlich sind.

Methode

Der Elite Quality Index (EQx2025) erscheint 2025 zum sechsten Mal. Der Index bewertet vergleichend konzeptionelle Elemente wie Macht, politischen Wert oder schöpferische Zerstörung, um den Grad zu bestimmen, in dem elitäre Geschäftsmodelle – also solche, die die höchsten Einkommen generieren – für ein bestimmtes Land Werte schaffen oder abschöpfen.

Elitäre Geschäftsmodelle umfassen vielfältige Interessen, von Grosskonzernen und Banken bis hin zu Gewerkschaften und Beamten. Die Herausgeber des EQx, Dr. Tomas Casas und Prof. Guido Cozzi, PhD., von der Universität St.Gallen, betonen, dass elitäre Einflussnahme Institutionen inklusiv, aber auch extraktiv prägen kann.

Der EQx2025 spiegelt sowohl die elitäre Wertschöpfung als auch die extraktiven Transfers wider. Die anhaltende Abschöpfung durch Inflation oder zunehmenden Protektionismus steht im Gegensatz zur Wertschöpfung durch Handel oder KI. Der Index zeichnet ein Bild der gesamthaften nachhaltigen Wertschöpfung eines Landes im globalen Vergleich.

Die von der Universität St.Gallen (HSG) zusammen mit internationalen akademischen Partnern und der St.Galler Foundation for Value Creation geleitete Studie ermöglicht Einblicke nicht nur in die aktuelle Stabilität von Nationen, sondern auch in ihr zukünftiges Wachstumspotenzial.  

Daten auf interaktiver Webseite verfügbar

Sämtliche Daten des EQx2025 sind online auf einer interaktiven und benutzerfreundlichen Webseite verfügbar, einem frei zugänglichen Angebot der Universität St.Gallen. Länder können miteinander verglichen werden, und Nutzer können sich die konzeptionellen Elemente wie Macht oder schöpferische Zerstörung ansehen, um die Stärken und Schwächen einer Nation zu beurteilen. «Die Erkenntnisse, die diese Plattform bietet, ermöglichen es Forschenden, Studierenden, Journalisten und der breiten Öffentlichkeit, vergleichende Einblicke zu gewinnen, wie sich elitäre Systeme auf Gesellschaften auf der ganzen Welt auswirken», wie die Autoren anmerken.

Eine gedruckte Ausgabe des EQx2025 wird von Anthem Press veröffentlicht, eine wissenschaftliche Fassung findet sich online auf papers.ssrn.com. Weitere Informationen auch unter elitequality.org.

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