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Leute - 18.12.2014 - 00:00 

In Gedenken an K.H. Burmeister

Zum 100-Jahr-Jubiläum der Universität, 1998, hat Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Burmeister, die «Geschichte der Universität St.Gallen» überreicht. Vergangenen Freitag ist er verstorben. Erinnerungen an den HSG-Professor von seinem Nachfolger Lukas Gschwend, Dean Law School.

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18. Dezember 2014. Am Freitag, 12. Dezember 2014, ist Karl Heinz Burmeister im 79. Lebensjahr nach kurzer, schwerer Krankheit in Lindau am Bodensee verstorben. Er war von 1995 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2002 an der Universität St.Gallen als ausserordentlicher Professor für Allgemeine Europäische und Schweizerische Rechtsgeschichte tätig.

Humanistisches Bildungsideal

Als Sohn eines Mediziners in Krefeld geboren, wuchs Karl Heinz Burmeister im Rheinland und in Bregenz – seine Mutter stammte aus Vorarlberg – auf, wo er die Schulen besuchte. Nach dem Studium der Geschichte an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz folgte 1961 die Promotion mit einer biografischen Studie über den frühneuzeitlichen Geographen und Hebraisten Sebastian Münster (1488–1552). Dessen humanistischem Bildungsideal verpflichtet, setzte Burmeister anschliessend seine Studien an den Universitäten Köln, Genf, Wien und Innsbruck fort, wo er sich der Jurisprudenz widmete.

Das Scholaren-Leben fand erst in Tübingen ein einstweiliges Ende, nachdem er an der dortigen Rechtsfakultät beim aus Rapperswil stammenden Ordinarius für Rechtsgeschichte, Deutsches Recht und Kirchenrecht, Prof. Dr. Ferdinand Elsener, einem akademischen Lehrer begegnet war, der ihm Vorbild werden sollte. So folgte 1969 die zweite Promotion, nun in Rechtswissenschaft, mit einer Dissertation über «Die Vorarlberger Landesbräuche und ihr Standort in der Weistumsforschung».

Rechtsgeschichte zwischen Elfenbeinturm und Archivfront

Im Tübinger Umfeld inspiriert, widmet er sein künftiges Schaffen überwiegend der Rechtsgeschichte, die er einerseits sehr quellennah eng mit der Regionalgeschichte verband, jedoch auch im europäischen Kontext als juristische Bildungs- und Wissenschaftsgeschichte des Humanismus zu entfalten vermochte. Inzwischen vom damaligen Zürcher Ordinarius für Rechtsgeschichte und Strafrecht, Prof. Dr. Dr. h. c. Karl Siegfried Bader, als aufsteigender Stern am akademischen Firmament entdeckt, habilitierte er sich 1974 an der Universität Zürich mit einer Studie über «Das Studium der Rechte im Zeitalter des Humanismus im deutschen Rechtsbereich». Burmeister lehrte fortan an den Universitäten in Zürich und Innsbruck.

Im Sommersemester 1976 nahm er eine Vertretungsprofessur für Neuere Geschichte an der Universität des Saarlandes wahr. Seit 1975 war er hauptberuflich Direktor des Landesarchivs Vorarlberg in Bregenz. Zeitgleich mit der Ernennung zum Titularprofessor für Schweizerische und Deutsche Rechtsgeschichte an der Universität Zürich erhielt Burmeister 1984 als Landesarchivar den Titel eines Hofrats. Auf den 1. Januar 1995 erfolgte die Wahl zum ausserordentlichen Professor für Allgemeine Europäische und Schweizerische Rechtsgeschichte an der Universität St. Gallen mit einem Beschäftigungsgrad von 50 Prozent, was Burmeister erlaubte, weiterhin direkt an der «geschichtswissenschaftlichen Front» im Archiv tätig zu sein.

800 Publikationen verfasst

Seine Forschung ist kaum überschaubar, hat er doch über 800 Publikationen verfasst. Sein Schaffen reicht von Quelleneditionen etwa zur Geschichte Vorarlbergs hin zu unzähligen regionalhistorischen Forschungen zum Grossraum Bodensee. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Forschung beschlägt die Geschichte des Humanismus und der Rechtswissenschaft in Europa. Burmeister hat sich aber auch über viele Jahre hinweg mit der Geschichte der Menschenrechte, namentlich mit Ausgrenzung und Schutz von Minderheiten in der Geschichte befasst. So stammen zahlreiche Beiträge über die rechtliche, wirtschaftliche und soziale Stellung der Juden aus seiner Feder.

Auch die Rechtsarchäologie und die rechtliche Volkskunde gehörten zu seinen Kompetenzgebieten. Neben seiner hochproduktiven rechtshistorischen Publikationstätigkeit trieb er quasi klandestin altäthiopische Forschung und sammelte leidenschaftlich entsprechende Literatur und Quellen. Für die Universität unvergesslich ist Burmeisters Festschrift, die er der Universität zum hundertsten Geburtstag überreichte und die noch über Jahrzehnte hinaus Standardwerk bleiben wird. Er erhielt für seine Forschungsleistungen verschiedene Ehrungen. So wurde ihm 1996 das österreichische Ehrenkreuz für Kunst und Wissenschaft 1. Klasse verliehen.

30 Jahre Lehrtätigkeit

Als akademischer Lehrer bleibt Karl Heinz Burmeister unvergessen, hat er doch während fast dreissig Jahren an verschiedenen Universitäten Studierende der Rechts- und Geschichtswissenschaft mit seiner unvergleichlichen Art der Lehre anzusprechen verstanden. Sein Auftreten war stets bescheiden, die vermittelten Inhalte differenziert und wohl abgewogen, häufig mit feinem Humor gewürzt, den zu verstehen freilich einige Grundkenntnisse voraussetzte.

Im zwischenmenschlichen Umgang war er ausgeglichen und liess sich nie aus der Ruhe bringen. Wer ihn näher kannte wusste freilich, dass sein Schweigen manchmal nicht nur der Höflichkeit geschuldet war, sondern auch ein Zeichen der Missbilligung sein konnte. Mit Karl Heinz Burmeister hat uns nicht nur ein grosser und wahrhaftiger Gelehrter, sondern auch ein überaus feinsinniger Kollege und Mensch verlassen.

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