Forschung - 04.11.2024 - 13:30
Einige Denkschulen stellen CEOs als rationale Entscheidungsträger dar, die unabhängig von ihren persönlichen Werten oder ihrem politischen Hintergrund stets versuchen, die wirtschaftliche Leistung ihres Unternehmens zu maximieren. In der jüngsten Studie «Red, blue, and green? The association between CEOs' political ideologies and green new product introductions» (Der Zusammenhang zwischen den politischen Ideologien von CEOs und der Einführung grüner neuer Produkte) gehen Professor Maximilian Palmié (Universität St.Gallen) und eine Gruppe weiterer Forschender dieser Frage nach. Ihre Studie untersucht, wie die politischen Ansichten von CEOs die Entscheidungen beeinflussen, die sie für ihre Unternehmen treffen, insbesondere in Bezug auf die Entwicklung umweltfreundlicher Produkte, sogenannter Green New Product Introductions (GNPIs). GNPIs werden entwickelt, um Umweltschäden zu verringern. Im Gegenzug können sie das Image und die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens verbessern.
Obwohl umweltfreundliche Innovationen im öffentlichen Diskurs immer mehr Beachtung finden, variiert die Anzahl der von den Unternehmen produzierten GNPIs stark. Die Gründe für diese Unterschiede sind noch immer nicht ausreichend bekannt. Palmié und seine Kollegen schliessen diese Wissenslücke. «Unsere Studie basiert auf Literatur, die die Auswirkungen von Führungseigenschaften und individuellem Verhalten im Zusammenhang mit Innovationen auf Unternehmensebene untersucht», erläutert Palmié.
Davon ausgehend, dass sich die politischen Werte von CEOs auf ihre beruflichen Entscheidungen auswirken, könnte man erwarten, dass CEOs mit eher liberalen (linksgerichteten) politischen Ansichten dazu neigen, ihre Unternehmen dazu zu bringen, mehr GNPIs hervorzubringen. In der Tat wird diese Erwartung in der Studie zunächst empirisch bestätigt. Die Studie geht anschliessend über das Offensichtliche hinaus und stellt fest, dass der Effekt der politischen Ideologie eines CEOs auf die Entwicklung von GNPIs in seinen Unternehmen unter ungünstigen Bedingungen, die ausserhalb seiner Kontrolle liegen, stärker wird. «Das heisst, der Unterschied zwischen liberalen und konservativen CEOs wird tendenziell grösser, wenn das politische Klima konservativ ist oder das Interesse der Verbraucher an Nachhaltigkeit gering ist», ergänzt Palmié.
Im Gegensatz dazu wird der Effekt schwächer, wenn das Unternehmen und sein CEO für die negative Situation, in der sie sich befinden, zur Verantwortung gezogen werden können – zum Beispiel, wenn sie in Nachhaltigkeitsskandale wie «Greenwashing» gerieten. Palmié merkt an, dass die Studie einen ersten Schritt zu einem besseren Verständnis des Einflusses des Einzelnen auf die grüne Innovation in seinem Unternehmen darstellt. «Die Ergebnisse zeigen, dass die politische Ideologie eines CEOs und die kontextuellen Bedingungen die Entscheidungsfindung und damit die strategische Ausrichtung eines Unternehmens bei der Entwicklung von GNPIs beeinflussen können.»
Fazit: Die Studie bietet eine neue Perspektive für das Verständnis der Frage, was Unternehmen zur Innovation nachhaltiger Produkte antreibt. Die Ergebnisse zeigen, dass die persönlichen Überzeugungen und Werte von CEOs die Umweltstrategien und -entscheidungen eines Unternehmens erheblich beeinflussen können. Die Studie impliziert, dass ein wertfreier Vergleich von wirtschaftlichen Kosten und Nutzen – im Guten wie im Schlechten – nicht in vollem Umfang bestimmt, wie nachdrücklich sich Unternehmen für Umweltfreundlichkeit einsetzen.
«Diese Erkenntnisse legen nahe, dass der Erfolg der Nachhaltigkeitstransformation unserer Volkswirtschaften und die Geschwindigkeit, mit der sie nachhaltiger werden, nicht nur eine Frage der wirtschaftlichen Rationalität ist. Er hängt auch von den Führungskräften in den Organisationen und ihrer Bereitschaft ab, diesen Wandel zu fördern», betont Palmié.
Die Studie, die mit freiem Zugang zu finden ist, wurde vom Journal of Product Innovation Management veröffentlicht und trägt den Titel «Red, blue, and green? The association between CEOs' political ideologies and green new product introductions» ist hier zu finden.
Maximilian Palmié ist Senior Lecturer für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Energie- und Innovationsmanagement am Institut für Technologiemanagement (ITEM-HSG) der Universität St.Gallen.
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