Campus - 23.09.2025 - 09:20
Die verschleppte Evakuierung von New Orleans nach Hurrikan Katrina, die Verharmlosung von Covid in Bolsonairos Brasilien oder der fahrlässige Umgang mit Sicherheitsmassnahmen bei der Ölplattform Deepwater Horizon: Das sind Fälle, bei denen Entscheide von Führungskräften massive Konsequenzen hatten. Ein neuer Bachelorkurs an der HSG mit dem Titel «Entscheidungsfindung von Führungskräften in Extremsituationen» will solche und weitere, auch kleinere Fälle untersuchen.
«Die Studierenden leben in einer Gesellschaft, die mit KI gerade eine Transformation durchläuft. Gleichzeitig ist die Welt politisch instabiler geworden – auf diese Ausgangslage will ich die Studierenden vorbereiten», sagt die HSG-Lehrbeauftragte Lucia Görke, die den Kurs unterrichtet.
Ziel des Kurses im Herbstsemester 2025 sei es unter anderem, den Studierenden Tools mitzugeben, die sie in ihrem Alltag nutzen können. «Es gibt auch im Privaten Krisen oder einfach herausfordernde Situationen. Es hilft, wenn man seine klassischen Verhaltensmuster unter Druck kennt und weiss, wie man zu einer Entscheidung kommt, die nicht von Emotionen getrieben ist», sagt Görke. Sie arbeitet als Head of People Analytics bei der Swisscom. An der HSG unterrichtet sie seit 2020 zu Führung in Krisen.
Dabei setzt sie oft auf Simulationen. «Diese sind ein starkes Lehrformat, um Führungs- und Entscheidungsverhalten unter Druck zu trainieren», sagt sie. Görke war auch im OK der St.Galler Strategy Days – eine zweitägige Simulation der Weltpolitik, bei der die Studierenden Politiker:innen, Wirtschaftsgrössen oder NGO-Vertreter:innen spielen.
Auch im aktuellen Kurs wird es Simulationen geben, wenn auch aus Zeitgründen nur eintägige. «Studierende können dabei beispielsweise die Rolle eines CEOs einnehmen, dessen Firma mit einer negativen Kommunikationskampagne konfrontiert ist. Andere Studierende können dabei Desinformationen streuen oder den CEO beraten», sagt Görke. Die Studierenden würden die Rollen auch tauschen. Nach Ende der Simulation gibt es eine Reflexion über das eigene Verhalten und dessen Konsequenzen.
Was kennzeichnet Extremsituationen aus Sicht einer Führungskraft? «Oft besteht Unsicherheit über das Ausmass einer Krise, es fehlen Informationen. Gleichzeitig gibt es Zeitdruck – oft berichten die Medien bereits und wer zu lange mit einer Entscheidung wartet, verschlimmert die Krise oft», sagt Görke. Und obwohl jede Führungskraft irgendwann einmal so entscheiden müsse, bleibe es oft dem Zufall überlassen, ob sie dazu eine Ausbildung erhält.
Mit dem Aufkommen von KI in der öffentlichen Kommunikation hätten sich die Rahmenbedingungen nochmals verschärft. «Ich werde deshalb im Kurs einen Schwerpunkt auf digitale Krisen setzen.»
Zentral bleibe, gerade mit KI-Tools, die auch Entscheidungsträger breit einsetzen, eines: Kritisches Denken. «Und man sollte sich in Krisenzeiten mit einem Team umgeben», ergänzt Görke. Dieser Austausch helfe dabei, eigene Annahmen und Entscheide zu hinterfragen. «Krisen sind heute meist multidimensional. Eine Person allein kann diese kaum bewältigen.»
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