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Forschung - 16.09.2024 - 14:30 

Klimaschutz in der Schweiz und der Ukraine: SNF fördert HSG-Forschungsprojekt mit rund 400'000 Franken

Um den Klimawandel wirksam zu bekämpfen, müssen die Emissionen aus fossilen Energieträgern deutlich reduziert werden. Ein neues Forschungsprojekt geht der Frage nach, wie die Energie- und Klimapolitik in Regionen der Schweiz und der Ukraine verbessert werden kann. Die ukrainische Forschungsförderagentur NRFU und der Schweizerische Nationalfonds (SNF) unterstützen das Projekt des Instituts für Wirtschaft und Ökologie (IWÖ-HSG) mit CHF 399.720 für eine Laufzeit von drei Jahren.

Der Schweizerische Nationalfonds (SNF) und die nationale Forschungsförderagentur NRFU der Ukraine unterstützen im Rahmen einer gemeinsamen Ausschreibung 20 Forschungsprojekte im Umfang von 7.6 Millionen Franken. Ziel der Ausschreibung «Ukrainian-Swiss Joint Research Programme (USJRP) 2023» ist es, das durch den Angriffskrieg Russlands angeschlagene Wissenschaftssystem in der Ukraine zu unterstützen. Die Projekte kommen aus den unterschiedlichsten Disziplinen. 

Das von SNF und NRFU bewilligte Projekt des Instituts für Wirtschaft und Ökologie (IWÖ-HSG) der Universität St.Gallen lautet: «Decentralization of energy and climate governance in Ukraine and Switzerland» (auf Deutsch: «Dezentralisierung der Energie- und Klimapolitik in der Ukraine und der Schweiz»). Geleitet wird das Projekt von Prof. Dr. Rolf Wüstenhagen, Inhaber des Lehrstuhls für Management Erneuerbarer Energien an der Universität St.Gallen, und Prof. Dr. Serhiy Lyeonov, Academic and Research Institute of Business, Economics and Management, Sumy State University in der Ukraine. Weitere Expert:innen sind Dr. Nadiya Kostyuchenko, Prof. Dr. Denys Smolennikov, Prof. Dr. Oleksandr Telizhenko und Dr. Inna Tiutiunyk. Das schweizerisch-ukrainische Team hat von 2015 bis 2017 bereits im Rahmen eines Projekts im SNF-Programm «SCOPES» erfolgreich zusammengearbeitet, damals in Kooperation mit der Universität Tartu (Estland) zum Thema Energiesicherheit.

Regionaler Ansatz

Um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen, muss die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern möglichst rasch überwunden werden. Um die globale Erwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen, müssen die Emissionen gemäss des Sachstandsberichts 2023 des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) der Vereinten Nationen bis 2030 um 48% gesenkt werden. Die Beschleunigung des Übergangs von fossilen Brennstoffen zu kohlenstoffarmen Energieträgern, insbesondere zu erneuerbaren Energien, sei daher in vielen Ländern eine wichtige politische Priorität. 

Auf der UN-Klimakonferenz 2023 in Dubai haben sich mehr als 110 Länder auf das Ziel verpflichtet, die Kapazitäten erneuerbarer Energien bis 2030 zu verdreifachen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Stromerzeugung aus Photovoltaik und Windkraft. Auf diese beiden Technologien entfallen rund 90% aller weltweiten Investitionen in erneuerbare Energien. Der Übergang zur Stromerzeugung aus Sonne, Wind und anderen erneuerbaren Energien geht mit einer Dezentralisierung des Energiesystems einher. Das Erreichen nationaler Klimaziele hängt damit entscheidend von der Umsetzung von Projekten vor Ort ab. Die Wissenschaftler:innen des schweizerisch-ukrainischen Projekts fokussieren deshalb in ihrem neuen Projekt auf die Analyse regionaler Ansätze der Energie- und Klimapolitik.

Ziel: Erkenntnisse für Energie- und Klimapolitik gewinnen

«Der Klimawandel ist eine globale Herausforderung. Nach drei Jahrzehnten zäher Verhandlungen auf den UNO-Klimakonferenzen muss man sich aber fragen, ob die Staatengemeinschaft eine wirksame globale Lösung für das Problem findet. Vor diesem Hintergrund ist ein wachsendes Interesse an Klimalösungen vor Ort festzustellen. Unser Projekt leistet hier einen Beitrag, indem es aufzeigt, in welchen Regionen der Übergang zu erneuerbaren Energien bereits Fortschritte gemacht hat, und was Bürger:innen, Gemeinden und Kantone für die erfolgreiche Umsetzung von Klimalösungen tun können», fasst HSG-Professor Rolf Wüstenhagen das Hauptziel des Projekts zusammen. Kombiniert werden verschiedene Forschungsmethoden: Neben der Erhebung von regionalen Daten zu Politikinstrumenten und Emissionen sowie der Bildung eines Index für den Ausbau erneuerbarer Energien wird auch ein Wahlexperiment mit 2000 Ukrainer:innen und Schweizer:innen durchgeführt. Im Fokus dieser Befragung stehen die Präferenzen der Bevölkerung für partizipative Ansätze in der Energie- und Klimapolitik. 

Das Projekt beantwortet unter anderem die folgenden Fragen:

  • Wie schneiden die verschiedenen Regionen in der Schweiz und in der Ukraine bei der Erreichung der Klimaziele ab? Und wie setzen sie die Energiepolitik um?
  • Welche Rolle spielt die Dezentralisierung der Energie- und Klimapolitik bei der Erklärung regionaler Unterschiede in der Zielerreichung?
  • Welche Präferenzen hat die Bevölkerung in Bezug auf eine dezentralisierte Energie- und Klimapolitik? Besteht Heterogenität in den Präferenzen der Bürgerinnen und Bürger zwischen und innerhalb der beiden Länder Schweiz und Ukraine?

Impulse für Entscheidungsträger:innen

Das Forschungsprojekt soll wichtige Erkenntnisse für die Energiewende auf regionaler Ebene liefern. Im Fokus steht dabei die Rolle der Dezentralisierung und der Bürgerbeteiligung. Die Ergebnisse sollen helfen, die Vorlieben und Bedürfnisse entscheidender Interessensgruppen besser zu verstehen. Besonders politische Entscheidungsträger in der Schweiz und der Ukraine könnten von den Erkenntnissen profitieren, um ihre Klima- und Energiepolitik zu verbessern. Sowohl auf nationaler Ebene, wie beim Schweizer Bundesamt für Energie oder dem ukrainischen Parlament, als auch regional, etwa im Kanton St.Gallen oder ukrainischen Oblasten (Bezirken), können die Forschungsergebnisse konkrete Impulse geben. Ziel ist es, die Lücke zwischen den nationalen Klimazielen und den tatsächlichen Fortschritten in den Regionen zu schliessen.

Relevant sind die Ergebnisse auch im Hinblick auf die Bemühungen der Schweiz und Europas, die Ukraine nach dem Krieg bei ihrem Wiederaufbau zu unterstützen – und dies mit Blick auf die Erreichung der Klimaziele und ohne die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen, die zu einer grossen Abhängigkeit von einzelnen Energielieferanten geführt haben. 

Bild: Adobe Stock / es0lex

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