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Hintergrund - 18.05.2021 - 00:00 

EcoOst St.Gallen Symposium: Ein Lob auf den Generationendialog

Das EcoOst St.Gallen Symposium am 17. Mai ist sozusagen das Nachspiel des St.Gallen Symposiums. Entsprechend stand auch hier das Motto «trust matters» bzw. Vertrauen im Zentrum. Die Universität St.Gallen (HSG) war als Veranstaltungspartner sowie mit mehreren Gästen prominent vertreten.

18. Mai 2021. Markus Bänziger, Direktor der IHK St.Gallen-Appenzell, begrüsste die 50 Anwesenden. Ziel des Anlasses ist es, die am St.Gallen Symposium diskutierten Themen «in die Region zu bringen.» Glücklicherweise haben die aktuellen Vorgaben des Bundesrats zumindest in diesem Rahmen eine Präsenzveranstaltung ermöglicht. Die meisten Teilnehmenden waren aber online dabei.

Odilia Hiller am EcoOst St.Gallen Symposium 2021
Odilia Hiller, Regionalleiterin beim St.Galler Tagblatt führte souverän durch den Abend.

Vertrauen und Misstrauen: Ein altes Ehepaar

Bundesrätin Simonetta Sommaruga verglich in ihrer Keynote Vertrauen und Misstrauen mit einem «alten Ehepaar». Unser politisches System sei von gesunder Skepsis geprägt und die Tatsache, dass sich viele Akteure einbringen könnten, schaffe Vertrauen. So beschrieb sie auch das Verhältnis zwischen Regierung und Volk während der Pandemie als «von gegenseitigem Vertrauen geprägt». Das Volk vertraute darauf, dass die Regierung keine unnötigen Massnahmen ergreife und diese wiederum baute darauf, dass die Bevölkerung sich bestmöglich an Vorgaben halte. Vertrauen sei in der Politik ein «Grundelement», das man sich aber immer wieder neu erarbeiten müsse. Weiter warb die Bundesrätin für ein Ja in der bevorstehenden Abstimmung zum CO2-Gesetz, das sie als «gutes Gesetz» beschrieb.

Bundesrätin Simonetta Sommaruga am EcoOst St.Gallen Symposium 2021
War aus Bern zugeschaltet: Bundesrätin Simonetta Sommaruga.

Dr. Alexander Fust, KMU-HSG, zählte in seinem Rückblick auf das 50. St.Gallen Symposium die diskutierten Themen auf wie Vertrauen in Firmen, Politik, Wissenschaft, Medien oder Technologie. Um Herausforderungen wie Klimawandel oder Digitalisierung zu meistern, brauche es den Generationendialog, wie er am Symposium gepflegt werde. Dieser fördere das gegenseitige Verständnis, was wiederum Vertrauen bilde.

«Generationen-Tandems» präsentieren ihre Thesen

Eine Ostschweizer Unternehmerin und zwei Unternehmer präsentierten im Dialog mit Studierenden der HSG ihre vorbereiteten Thesen zu Vertrauen. Peter Breitenmoser, Geschäftsleiter Schmolz + Bickenbach Stahlcenter AG, und Linda Blöchlinger sprachen über Vertrauen in der Pandemie, das sie als «unverzichtbar» bezeichneten. Für Firmen sei es insbesondere das Vertrauen in die Mitarbeitenden im Homeoffice. «Man muss aber in Vertrauen investieren, um in Krisen darauf bauen zu können», so Peter Breitenmoser. Ivo Dietsche, Leiter Coop Region Ostschweiz-Ticino, und Dominik Lanter präsentierten ihre These «Agilität braucht Stabilität.» Ausgehend von der Herausforderung für Firmen, in unsicheren Zeiten die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, präsentierten sie je drei Merkmale für Agilität bzw. Stabilität. Sie zeigten auf, dass es sich um Spannungspole handle, die sich gegenseitig bedingen. Dominik Lanter endete mit einem treffend gewählten Goethe-Zitat: «Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel.» Mit Kinder waren wohl die Mitarbeitenden gemeint – mit Eltern die Unternehmer:innen.

Ivo Dietsche und Dominik Lanter am EcoOst St.Gallen Symposium 2021

Agilität und Stabilität: Kein Widerspruch, wie Ivo Dietsche und Dominik Lanter aufzeigten.

Caroline Studer, Geschäftsführerin M. Opitz & Co. AG, und Joel Mäder erörterten ihre These «Vorbildliches Handeln schafft Vertrauen», ein Appell an Führungskräfte. Deren Verhalten und Entscheidungen werde von Mitarbeitenden als stellvertretend für die gesamte Organisation betrachtet. Sie gaben praktische Tipps, wie Führungskräfte Vertrauen schaffen, etwa indem sie nicht immer als letzte zu Meetings erscheinen.

Vertrauen statt Kontrolle?

Bundesgerichtspräsidentin Martha Niquille zeigte sich erfreut, dass die Justiz bisher kein Thema war. Das liege wohl daran, dass sie ungebrochen Vertrauen geniesse, was nicht von ungefähr komme: Die Justiz habe während der Pandemie nicht im Fokus gestanden. Doch letztere habe neue Rechtsfragen aufgeworfen, die nun die kantonalen Gerichte und später das Bundesgericht beschäftigen dürften.

HSG-Alumna Martha Niquille am EcoOst St.Gallen Symposium 2021
HSG-Alumna Martha Niquille ist die erste Frau an der Spitze des Bundesgerichts.

Tim Habermann, OK-Mitglied des St.Gallen Symposium, betonte die zunehmende Bedeutung des Generationendialogs. Er forderte, die junge Generation müsse stärker in Entscheidungen einbezogen werden. Allerdings müsse sie das Vertrauen auch nutzen und von der Mitsprache Gebrauch machen. Ivo Dietsche gab zu, dass man bei Coop von Tempo und Dynamik der Pandemie überrascht worden sei. «Wir konnten aber rasch Vertrauen schaffen und zeigen, dass wir die Versorgung sicherstellen können.» Es sei eindrücklich, was die Mitarbeitenden geleistet hätten. «Ich glaube, ohne Vertrauen in den Arbeitgeber wäre dies nicht möglich gewesen.» Dr. Isabel Ebert vom Institut für Wirtschaftsethik der HSG, forscht dazu, wie die Pandemie die Arbeit verändert. Der Digitalisierungsprozess habe einen riesigen Schub erhalten und das Miteinander am Arbeitsplatz verändere sich. Während einige Unternehmen den Prozess gut begleiten, herrsche in anderen unterschwelliges Misstrauen nach dem Mantra «Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser:» Studien zeigten aber, dass die Leistungsfähigkeit sinke, wenn sich Mitarbeitende beobachtet fühlten. Zudem sei es schwierig, belastbare Daten zur Produktivität zu erheben. Es zähle zum Bildungsauftrag der HSG, künftigen Führungskräften aufzuzeigen, wie sie die Digitalisierung verantwortungsvoll gestalten. Einig waren sich die Podiumsgäste, dass die Arbeitswelt auch nach der Pandemie hybrider sein werde. Tim Habermann begrüsste aus Sicht des Studenten mehr Flexibilität, möchte den persönlichen Austausch auf dem Campus aber nicht missen. Beat Ulrich, CEO des St.Gallen Symposiums, bedankte sich zum Abschluss bei allen Teilnehmenden sowie den Partnern, insbesondere der HSG, die dem Symposium seit 50 Jahren Gastrecht gewährt.

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