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Forschung - 10.02.2023 - 10:00 

Wie hartnäckig wird die Inflation?

Die Zentralbanken der USA und der Eurozone haben ihre Leitzinsen weiter erhöht. Wie eine Studie unter Mitwirkung der HSG nun zeigt: Die Inflation könnte sich hartnäckiger halten als von vielen befürchtet, und durch ein übermässig straffes Vorgehen der Geldpolitik mittelfristig sogar verstärkt werden.
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Unterbrochene Lieferketten während der Pandemie und die Verknappung von Energie und Nahrungsmitteln im Zuge des Ukraine-Konfliktes: Die Weltwirtschaft hatte in den letzten drei Jahren gleich zwei Mal mit Ereignissen zu kämpfen, welche das Angebot schlagartig verknappten. Im weitverbreiteten Standardmodell des Neo Keynesianismus haben solche Angebotsschocks allerdings keine langfristigen Folgen für die Wirtschaft. Inflation, wie wir sie derzeit erleben, ist in diesen Modellen nur die Begleiterscheinung während einer akuten Periode des Mangels und verschwindet wieder, sobald das Angebot wieder erhöht werden kann. 

Narbenbildung nach schweren Krisen

«Dass dies nicht so einfach ist, zeigen eigentlich bereits verschiedene empirische Studien», sagt Dr. Martin Wolf vom Schweizerischen Institut für Aussenwirtschaft und Angewandte Wirtschaftsforschung (SIAW-HSG) der Universität St.Gallen. Demnach können kurzfristige, schwere Angebotskrisen auch weit über ihren unmittelbaren Wirkhorizont negative Auswirkungen auf die Wirtschaft haben. Um die inflationären Konsequenzen solcher Krisen zu untersuchen, sollte also ein ökonomisches Modell zu Rate gezogen werden, das diesen Wirkmechanismus nachzeichnet. Dieser Aufgabe widmeten sich Dr. Martin Wolf und sein Kollege Dr. Luca Fornaro von der Universität Pompeu Fabra in Barcelona. 

Investitionen gehen zurück

Einfach zusammengefasst führen im Modell der beiden Forscher Angebotsschocks gesamtwirtschaftlich unmittelbar zum Absinken von Investitionen: «Wenn etwa die Energie teurer wird, wie aktuell im Zuge des Ukrainekrieges, drosseln Unternehmen ihre Produktion, investieren deshalb weniger und schrumpfen in der Folge», erklärt Martin Wolf. Dieser schlagartige Schrumpfungsprozess wirkt sich gemäss Modell aber auch langfristig negativ auf die Produktion und damit auf das Angebot aus: Ist die akute Phase des Schocks vorbei, fahren die Unternehmen zwar ihre Investitionen vielleicht wieder auf das Niveau von vor der Krise zurück, beispielsweise auf gesamthaft 10 Prozent des Bruttoinlandproduktes. Aber dies reicht nicht aus, um die verlorenen Investitionen der Krisenjahre wieder aufzuholen. «Um wirklich wieder auf den Vorkrisen-Trend beim Angebot zu gelangen, müsste eigentlich prozentual mehr investiert werden als zuvor», sagt der Forscher. 

Hartnäckige Inflation

Dieses dauerhafte Absinken des Angebots verstärkt nun die unmittelbaren Auswirkungen des Schocks auf die Inflation. Im Modell der beiden Forscher bleibt folglich die Inflation für einige Jahre über der Zielmarke der Zentralbank, selbst wenn der Schock nur kurzlebig ist. «Wir sind nun ein bisschen weniger optimistisch, dass die Inflation schnell wieder verschwindet», sagt Martin Wolf. 

Kontraproduktive Geldpolitik

Die Zentralbanken versuchen inflationären Phasen wie auch der aktuell auftretenden häufig mit einer restriktiven Geldpolitik zu begegnen. Wie die Studie aufzeigt, könnte dieses Verhalten jedoch mittelfristig eher kontraproduktiv wirken. Denn heben die Notenbanken ihre Leitzinsen an, um die Geldmenge zu reduzieren, verteuern sich dadurch auch Kredite, welche Unternehmen für ihre Investitionen in Produktivitätssteigerungen eigentlich benötigten. Dadurch wird das Angebot weiter tief gehalten, was die Inflation mittelfristig stützt. 

Steuerliche Anreize schaffen

«Unser Modell hilft zu verstehen, warum sich auch die Inflation im Zuge des Ölpreisschocks in den 70er Jahren so hartnäckig hielt», erklärt Martin Wolf. Für ihn verdeutlicht die Studie ausserdem, dass die einseitige Inflationsbekämpfung über Zentralbanken nach Angebotsschocks hinterfragt werden sollte: «Neben geldpolitischen Massnahmen sollten Firmen in solchen Krisen auch etwa über die Steuerpolitik zu mehr Investitionen animiert werden. Nur so kann verhindert werden, dass ein Straffen der Geldpolitik wichtige Investitionen verhindert, was das Angebot weiter senkt und mittelfristig die Inflation verstärkt.»

Bild: Adobe Stock / MAK

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