Campus - 12.06.2025 - 11:39
Als Kevin Junker 2021 in einem fast leeren Flugzeug in Saigon landete, tobte draussen die Pandemie. Tourismus war tabu, Grenzen geschlossen – aber er hatte einen lokalen Arbeitsvertrag bei McKinsey in der Tasche, das die vietnamesische Regierung beriet. Nur deshalb durfte er überhaupt einreisen.
Heute lebt der 30-Jährige noch immer in Vietnam. In Saigon, der Millionenstadt am Mekong, hat der HSG- und Cambridge-Absolvent 2024 sein Startup SmartSolar gegründet. Das Unternehmen hat bereits über 50 Solaranlagen im Land finanziert und gebaut. Junker lernt täglich Vietnamesisch, er bereist das Land mit dem Motorrad, er liebt das lokale Essen – und hat eine klare Vision für sein Startup: «Wir wollen Vietnam und später auch andere Länder in Südostasien mit grüner, günstiger Energie versorgen.»
Vietnam ist im Umbruch: Rund 100 Millionen Einwohner, ein prognostiziertes Wirtschaftswachstum von sieben Prozent für 2025 – und ein Energiehunger, der jedes Jahr um rund zehn Prozent wächst. Der Staat hat sein Strommonopol aufgebrochen und ein Ziel ausgerufen: Bis 2030 soll die Hälfte aller Gebäude mit Solarstrom laufen.
Die Bedingungen wären eigentlich ideal: in Vietnam herrscht starke, konstante Sonneneinstrahlung – aber die Bevölkerung hat kaum Zugang zu Krediten. «Viele Vietnames:innen könnten sich Solaranlagen schlicht nicht leisten. Banken geben kaum Darlehen, vor allem nicht an kleinere Haushalte», sagt Junker. Er kennt das System. 2022 war er Mitgründer der Vikki Digital Bank, die heute über 100'000 Kund:innen zählt. Mit SmartSolar will er die Finanzierungslücke schließen.
SmartSolar finanziert Anlagen auf Hausdächern und bei kleinen bis mittleren Unternehmen – mit Kapital internationaler Investor:innen. Die Besitzer zahlen nichts für den Bau oder Unterhalt. Sie zahlen nur für den Strom, den die Anlage produziert – laut dem Startup ist dieser rund 20 Prozent günstiger als beim staatlichen Anbieter. «Weil wir günstig mit lokalen Unternehmen installieren und Solarmodule aus Vietnam oder China verwenden, ist unser Geschäftsmodell mit den Einnahmen durch die Stromrechnungen profitabel», sagt Junker.
Die ersten zwei Anlagen finanzierte er aus der eigenen Tasche. «Es ging mir darum zu zeigen, dass das Geschäftsmodell Potential hat.» Heute sind europäische Investoren wie Picus Capital und 2150, die auf Tech-Startups im Nachhaltigkeitsbereich setzen, bei SmartSolar engagiert.
Aufgewachsen bei Bern, zog es Junker früh in die Welt. An der HSG lernte er Chinesisch und absolvierte Austauschsemester an der Harvard University sowie der Tsinghua University in Peking. «Das Umfeld an der HSG ist international geprägt. Viele Studierende gehen in ein Austauschsemester und man kann dafür auf ein starkes internationales Netzwerk an Unis zugreifen», sagt Junker. Auch sein unternehmerisches Denken sei an der HSG geprägt worden – Junker erwähnt den START Summit, Europas grösste Gründerkonferenz, die von HSG-Studierenden organisiert wird. Nach dem Bachelor in St. Gallen und einem Master in Cambridge stieg er bei McKinsey ein. Die Beratung schickte ihn um die Welt – bis nach Vietnam.
«Ich wollte unbedingt nach Asien. In China habe ich gesehen, wie schnell hier Dinge wachsen – ich wusste: Hier will ich etwas aufbauen.» Heute beschäftigt SmartSolar acht Mitarbeitende – und arbeitet mit fünf Partnerfirmen zusammen, die lokal installieren. «Wir schaffen Jobs – und wir bringen Energie dahin, wo sie gebraucht wird», so Junker.
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