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Campus - 27.10.2022 - 00:00 

«Viel mehr Menschen sollen die Vorgänge rund ums Investieren verstehen»

Die Gründer des HSG-Spin-Offs Kaspar& arbeiteten jahrelang in der Vermögensverwaltung – und fanden mit der Zeit, dass Investieren viel zugänglicher sein sollte. So lancierten sie ihre App, die das Wechselgeld bei Kartenzahlungen automatisch auf ein Anlagekonto verschiebt. Nun spannt das kleine Startup-Team mit etablierten Banken zusammen.

 

27. Oktober2022. Jan-Philip Schade kommt aus Kiel, der Hafenstadt am deutschen Ostseeufer, und spart für ein Segelboot. Schade öffnet die App seines Startups Kaspar& und zeigt das entsprechende Anlagedepot mit dem Titel «Segelboot». Es sind nur ein paar hundert Franken darauf, «doch das ist ein langfristiges Sparziel».
 

Kaspar&-Nutzende können monatliche Einzahlungen für solche Sparziele definieren – doch insbesondere eine Funktion hebt das Startup-Angebot von klassischen Sparkonti ab: Bei Zahlungen mit der Kaspar&-Bankkarte wird das digitale Wechselgeld bis zum nächsten Franken automatisch in ein Anlageportfolio investiert. «Viele nehmen abends ihr Kleingeld aus dem Portemonnaie und legen es in ein Glas. Unser Ansatz ist ähnlich, aber einfach digital», sagt Schade. Wer also beispielsweise für einen Kaffee 4.50 Franken mit der Kaspar&-Karte bezahlt, investiert automatisch 50 Rappen. Nutzende können zudem für verschiedene Spardepots jeweils wählen, ob deren Anlagestrategie eher auf Sicherheit oder riskanter ausgerichtet ist.

Förderung im HSG-Startup-Programm

Kaspar& ist recht frisch in den umkämpften Markt für sogenannte Neo- oder Smartphone-Banken eingetreten. Von den drei HSG-Absolventen Schade, Lukas Plachel und Sebastian Büchler sowie dem UZH-Mathematiker Lauro Böni im August 2020 gegründet, lancierte das Unternehmen im März 2022 seine App. Anmeldung und Kontoeröffnung laufen über die App, das Konto wird aber von der Hypothekarbank Lenzburg gehalten und geführt.
 

Das zehnköpfige Kaspar&-Team hat Büros in Zürich und im St.Galler Innovationszentrum und -netzwerk «Startfeld», in dem sich auch die HSG engagiert. «An der HSG wird man zum Gründen ermutigt und eigene Ideen werden gefördert», sagt Schade, der an der HSG am Schweizerischen Institut für Banken und Finanzen (s/bf-HSG) doktoriert hat. Kaspar& nahm zudem am «Entrepreneurial Talents Program» der HSG teil. In diesem werden Gründer:innen gecoacht und auch finanziell gefördert. Heute trägt Kaspar& das offizielle Spin-Off-Label der HSG sowie jenes der ETH Zürich.

Auftritt in der «Höhle der Löwen»

Nach dem HSG-Doktorat arbeitete Schade wie seine Mitgründer mehrere Jahre in der Vermögensverwaltung. «Wir haben dabei gemerkt, dass sich deren Angebote vor allem an wohlhabende Personen richten.» Eine Folge davon sei, dass rund 75 Prozent in der Schweiz ihr Geld nicht anlegen. «Viele denken, dass Anlegen kompliziert ist, oder sie haben Angst vor Verlusten», sagt Schade. Kaspar& wolle das Anlegen darum einerseits vereinfachen, andererseits könne man bereits mit einem Franken Startkapital einsteigen und damit im sicheren Bereich erste Versuche machen. «Was unsere Lösung besonders macht, ist sicher, dass wir das Anlegen mit einem alltäglichen Vorgang, dem Bezahlen, verknüpft haben», sagt Schade. Das nehme administrativen Aufwand weg, der sonst oft mit Geldanlagen verbunden sei.
 

Anfang Oktober präsentierte sich das vierköpfige Gründerteam in der Schweizer Ausgabe der Startup-Sendung «Höhle der Löwen». Mehrere der «Löwen» fanden die Idee zwar spannend, konnten aber schlussendlich wegen Interessenskonflikten nicht investieren. «Aber wir konnten unsere Idee einem breiten Publikum vorstellen», sagt Schade. In der Sendung kommunizierten die Gründer auch ihr Ziel, 20'000 Kunden innert drei Jahren zu gewinnen. «Aktuelle Zahlen darf ich nicht nennen, aber wir sind auf Kurs», sagt Schade. Zum Geschäftsmodell gehört, dass die Kund:innen eine All-in-Jahresgebühr von 0,85 Prozent auf ihr Anlagedepot zahlen.

«Wollen das Twint fürs Anlegen werden»

Für den nötigen Wind in den Kaspar&-Segeln sorgen zudem Finanzierungsrunden von bisher insgesamt 2,1 Mio. Franken. Das Startup ist lokal und schweizweit abgestützt, zu den Investoren zählen unter anderem die St.Galler 41 Group oder seit Juli 2022 die Baselländische Kantonalbank (BLKB).
 

Vorstellbar ist laut Schade, dass die BLKB Teile der Kaspar&-Lösung ihren eigenen Kunden zugänglich macht. Gegenüber dem «St.Galler Tagblatt» sagte er, man sei mit weiteren Banken im Gespräch und wolle «das Twint fürs Anlegen» werden – also im Angebot diverser Banken eingebettet sein. «Als Startup mit einem zehnköpfigen Team sind wir agiler als grosse Banken und können diesen darum individuelle Lösungen anbieten», sagt Schade. Alle Programmierer des Unternehmens arbeiten in der Schweiz, so seien die Wege kurz und Neuerungen innert kurzer Zeit möglich. So oder so angedacht ist eine laufende Erweiterung der App, etwa mit 3a-Sparplänen, integrierten Versicherungen oder einer Spendenfunktion.
 

Wie alle Vermögensverwalter spürt auch Kaspar& das aktuell angespannte wirtschaftliche Umfeld. «Man merkt, dass die Leute etwas zurückhaltender anlegen», sagt er. «Wir wollen unseren Kund:innen vermitteln, dass man beim Anlegen eine langfristige Perspektive einnehmen sollte.» Seit dem Markeintritt stellt Kaspar& darum auch Youtube-Erklärvideos und Webinare rund ums Investieren öffentlich zur Verfügung. «Wir finden grundsätzlich, dass viel mehr Menschen die Vorgänge rund ums Investieren verstehen sollten», sagt Schade dazu.
 

Photo: Kaspar&

 

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