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Leute - 23.07.2021 - 00:00 

Strophen, Sprüche und Songs geben den Takt an

Professor Kuno Schedler leitet das Institut für Systemisches Management und Public Governance an der HSG. Der Betriebswirtschaftler forscht unter Smart Government zur Verwaltung der Zukunft oder analysiert Steuerungssysteme in der Führungsetage. In seiner Freizeit geben rhythmische Verse den Ton an: Während der St.Galler Fasnacht ist Kuno Schedler im Schnitzelbank-Duo «Gallyriker» unterwegs; als Songwriter verleiht er seinen Gedanken künstlerisch Ausdruck.

23. Juli 2021

«Sechshondert zwölf, im Wald bi de Bäre

Im Steinachertobel, elai.

I gnüss mini Rue, am End vo de Welt

Und fühl mi ganz aifach dehai.»

So klingt es im Song «Gallus» der Band «Ed Blue and The Rootstocks». Country-Klänge begleiten die Geschichte im breiten St.Galler Dialekt. Die Ankunft des Mönchs Gallus wird etwas anders besungen, als wir sie weithin kennen: Gallus dürstet es nach Bier und gründet die erste Brauerei in der Siedlung an der Steinach. Hinter Ed Blue verbirgt sich Professor und Managementforscher Kuno Schedler. Der Ur-St.Galler fühlt sich hier – genau wie Gallus – «ganz aifach dehai».

Professorenband an der Pianobar gegründet

Keine Bieridee war die Gründung der ersten HSG-Professorenband an einer Bar. Vor rund 20 Jahren kamen an einem Dozierendenwochenende fünf Professoren zusammen, die alle Musik machten. Sie fingen an, zu improvisieren. Einer setzte sich ans Klavier, der andere griff zur Gitarre und Kuno Schedler übernahm den Part des Sängers. «Chum mir mached doch e Band»: So entstand die Band «No Business», ein Quintett aus fünf rockenden HSG-Professoren.  

Musik liegt in der Familie

Zuhause mit seiner Frau und den beiden Kindern musiziere immer jemand oder schreibe Songtexte. Seine 18-jährige Tochter Joya Marleen ist erfolgreiche Singer-Songwriterin und der 19-jährige Sohn Maurus mischt als Cody Heroes House-Beats. In der Familie gibt man sich gegenseitig Rückmeldung zum musikalischen Schaffen: «Die Regel lautet: Wenn du meine Meinung hören willst, kriegst du eine ehrliche Antwort.» Als Teenager träumte Schedler davon, Profimusiker zu werden. Er trat als 17-Jähriger sogar zweimal als Vorband von Gianna Nannini auf. Rückblickend weiss er, warum aus seiner Musikkarriere nichts geworden ist: «Ich war einfach zu schlecht», so Kuno Schedler schmunzelnd.

«Corona-Zeit war trostlos»

«Uuliidig» – also verdrossen – sei Schedler während des Lockdowns gewesen. Keine Reisen, keine Konzerte, kein Austausch mit Studierenden: «Es passierte nichts.» Als Entschleunigung habe er die Zeit nicht wahrgenommen, denn die Arbeitsbelastung sei trotz Corona gross gewesen. Kuno Schedler plante ausserdem mit seiner Countryband «Ed Blue and The Rootstocks» ein neues Album; da die Aufnahmen im Ausland stattfanden, verzögerte sich die Produktion. Auch aus dem Schnitzelbank-Auftritt mit seinem Duo «Gallyriker», mit dem Schedler seit über 20 Jahren an der St.Galler Fastnacht unterwegs ist, wurde nichts: «St.Gallen ohne Fasnacht – eine Tragödie», so der St.Galler.

Universalkünstler als Vorbild

Die Bildmarke, das grünweisse Symbol der HSG, beruht «auf dem bekannten Bild des Menschen von Leonardo da Vinci und symbolisiert den dynamischen, weltoffenen, ganzheitlich denkenden und handelnden Menschen.» So ist es dem Internetauftritt der HSG zu entnehmen. Doch wie fördert die Universität die ganzheitliche Bildung in einem leistungsorientierten Bildungssystem? Kuno Schedler räumt ein, dass der Leistungsdruck, gerade im Assessmentjahr auf Bachelor-Stufe, die ganzheitliche Bildung und die Kreativität bedrohe. Die Universität stärke aber auch die sogenannten weichen Faktoren: mit Mentoring-Programmen, dem Kontextstudium oder Integrationsseminaren, bei denen Studierende und Mitarbeitende aus der rein disziplinären Sicht ausbrechen.

Wissen lässt sich nicht messen

Gute Wissenschaft sei kreativ und sozial, so Kuno Schedler. Kreativ, indem sie eigenständige Fragen stellt. Sozial, indem sie einen Beitrag zum Wissen in einer Gesellschaft leistet. Doch die kreativen und sozialen Qualitäten würden unter dem ökonomischen Wettbewerb zwischen den Universitäten leiden: «Man versucht etwas Nicht-Physisches wie Wissen messbar zu machen.» Selbstkritisch gibt der Professor zu, dass die HSG mit ihrer Managementlehre an diesem ökonomischen Wettbewerb nicht unschuldig sei. Für eine Wissenschaft, die sich wieder verstärkt um Inhalte kümmert, braucht es laut Schedler «mutige Führungsgremien, die inhaltliche Kriterien stärker gewichten als rein formelle. Wissenschaft soll wertvolles Wissen erarbeiten, Innovationen vorantreiben und so einen gesellschaftlichen Beitrag leisten.»

Der Blick aus dem Fenster

Aktuell forscht Kuno Schedler zum Multirationalen Management. Es untersucht, wie sich unterschiedliche Perspektiven beeinflussen und wie ein fruchtbares Zusammenspiel möglich ist. Neben der ökonomischen, wissenschaftlichen, juristischen und sozialen Rationalität gibt es die kreative Rationalität. Diese steht für die intrinsische Motivation, etwas aus Eigenantrieb zu wagen, auch wenn man scheitern kann. Mit der Devise «mach doch mal» können Führungskräfte ihre Mitarbeitenden motivieren, Neues zu wagen – aus Freude und Interesse an der Sache, ohne ökonomischen Zweck.

Den Studierenden wünscht Kuno Schedler, dass sie sich nicht ausschliesslich auf die Fakten konzentrieren, um diese dann später in ihrem Lebenslauf aufzuführen. Er regt an, den Blick öfters aus dem Fenster schweifen zu lassen. Denn nur wer den Gedanken immer mal wieder freien Lauf lässt, kommt auf kreative Fragen und Ideen.

Text: Sabrina Rohner

Bild: HSG Alumni

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